Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
bereits vor dem Hotel und winkt einem Tuk-Tuk -Fahrer.
» Da bist du ja!«
Sie umarmt mich völlig vertraut, ungeachtet Kurt und Mechthild, die in der Nähe stehen.
» Ja, da bin ich. Also los.« Ich bemühe mich so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung.
Mich begeistert zu zeigen wäre geheuchelt, wäre unfair. Aber ich kann ihr diesen Ausflug doch nicht absagen. Unmöglich. Und bis vor einer Stunde habe ich ihn ja auch noch gewollt. Unbedingt!
Ich werde im Urlaub nie wieder meine Mails checken, ich Trottel. Aber was könnte ich Jana jetzt auch groß erklären?
»Du Jana, du bist zwar meine Traumfrau, aber ich kann nicht. Sorry, du, meine Exfreundin möchte noch mal mit mir reden. Ich möchte das zwar nicht, eigentlich, aber es bringt mich total durcheinander. Das verstehst du doch, oder?«
Super. Dieser Ausspruch würde in die Weltgeschichte eingehen. Als einer der beklopptesten, den je ein Mann zu einer Frau gesagt hat. Casanova und Don Juan würden sich totlachen, wenn sie es nicht schon wären. Mit dem Schädel an den Sargdeckel würden sie stoßen.
» Andi, einsteigen …«
» Äh, klar, habe gerade an die Weltgeschichte gedacht.«
» Freut mich, dass es dir heute gefallen hat. Aber irgendwann muss auch mal gut sein. Die Vergangenheit hat jetzt Feierabend!«
Guter Satz. Wenn ich den mal so locker über Kim sagen könnte.
» Feierabend, genau. Auf geht’s.«
Ich fühle mich so gar nicht danach, aber ich lächle. Ich will ja auch lächeln, weiß Gott, nur passt es gerade nicht zu meiner Gemütslage. Mein Magen krampft sich zusammen.
Jana greift nach meiner Hand.
» Damit du mir nicht runterfällst.«
Ich lächle weiter.
» Endlich sind wir allein.«
Ich könnte heulen.
Die Mopedrikscha prescht über den Asphalt, der sich kerzengerade durch den subtropischen Wald zieht. Die Sonne steht bereits merklich tiefer, mit ihrem gelben Auge scheint sie mich argwöhnisch zu mustern. Fahrtwind und Diesellärm dröhnen beharrlich, wir können nicht miteinander reden, ohne zu schreien.
Also schweigen wir, Jana drückt meine Hand.
Warum mache ich mir eigentlich so einen Kopf? Warum? Die blöde Kuh hat mich ohne Vorwarnung verlassen, hat mich schmählich sitzen lassen! Was sollte ich also noch mit Kim anfangen? Ich bin nicht beleidigt, aber ich habe meinen Stolz. Eine klare »Leck mich«-Haltung wäre absolut angebracht. Stattdessen kann ich es nicht genießen, Jana bei mir zu haben, ihr ganz nahe zu sein. Was ich aber will, und darum werde ich es erzwingen!
Nähe. So ein schönes Wort. Und trotzdem tun sich so viele Menschen so schwer damit, müssen dafür eine unendliche Distanz überwinden.
» Schau mal, die Äffchen! Wie süüüß!« Jana schmiegt sich an mich und zeigt zum Straßenrand. » Wie die herumtollen. Scheint eine kleine Familie zu sein!«
Ich kriege Gänsehaut und nicke. Familie. Schön.
Zehn Minuten später halten wir an einem Hügel. Dieses natürliches Aussichtsplateau ist wie dafür geschaffen, die untergehende Sonne zu genießen. Weil das natürlich alle Rikschafahrer wissen, tummeln sich hier am späten Nachmittag viele Touristen. Auf einmal ist mir das gar nicht so unrecht.
» So richtig intim ist das hier ja nicht«, stelle ich fest.
» Ach komm, das hat uns auf der Bootstour doch auch nicht gestört.« Jana ergreift wieder meine Hand und schaut mir tief in die Augen. » Ich bin gerade nicht die Reiseleiterin.«
Stimmt. Das macht sie noch lockerer. Und ich? Ich blockierter Idiot. Hand in Hand laufen wir die Anhöhe hoch. Meine Innenfläche schwitzt, so als wolle sie der Umklammerung feucht entgleiten. Ich lächle. Jana muss mich wirklich sehr mögen, um nicht zu merken, wie bescheuert ich dabei wirke. Ich bewundere sie umso mehr.
Die Sonne steht nun wie eine fette Orange über den Lotostürmen von Angkor Wat, die nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernt sind. Libellen stehen in der Luft, flirrend wie Elfen. Einige Baumzweige ranken ins Blickfeld und umrahmen die wunderbare Aussicht. Dieser verträumte Horizont, es ist der märchenhafteste, seit ich mit meiner Exfreundin nackt in den holländischen Dünen dem Sonnenuntergang entgegengeknutscht habe. Argh.
Jana zaubert zwei Piccolos aus der Seitentasche ihres Rucksacks.
» Sekt gefällig, der Herr?«
O Mann, wie schön ist das denn. Jetzt ist sie auch noch vorbereitet, und ich Emotions-Esel stehe mit leeren Händen da. Das heißt … fast. Etwas umständlich krame ich das Päckchen heraus.
» Da.«
»Da«? Das … das
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