Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
ist der beste Spruch, der mir in den letzten zehn Stunden eingefallen ist?
» Oh, Karamellzucker. Na, ob der jetzt dazu passt?« Sie strahlt.
Wie einfach will sie es mir denn noch machen? Nein, nein, Jana ist nicht naiv. Sie ist einfach nur lieb zu mir. Sie ist so süß. So umwerfend! Ich küsse sie, komme mir dabei aber unbeholfen und plump vor. Ihre Lippen kribbeln sanft, langsam löse ich mich von ihr.
Ein Japaner knipst uns. Blödmann.
» Hmm, du bist so hitzig.«
Schön wär’s. Hitzig, das war ich den ganzen Tag. Jetzt fühle ich mich ausgebrannt und abgefackelt.
» Zum Wohl, Jana, auf deine anmutige Anwesenheit.«
Gut, Alkohol. Ich sollte meinen Kummer beiseitetrinken.
Die Orange ist nur noch eine Mandarine, die nun zwischen den Türmen hinabgleitet. Im Wasserbassin vor Angkor Wat spiegeln sich uns die letzten Sonnenstrahlen entgegen. Wie ein Lichtpfad, der uns einlädt, auf ihm gen Himmel zu laufen. So gerne würde ich Jana dieses Gefühl vermitteln, so gerne. Ich seufze.
» Ja, ich bin auch überwältigt«, wispert mir Jana ins Ohr und lehnt sich an meine Schulter.
Die Leute um uns herum sind nun auch stiller geworden, genießen ergriffen den faszinierenden Augenblick. Der rötlich schimmernde Himmel scheint wie ein Herz zu pulsieren, kleine weiße Wolken schweben im Takt. Noch wenige Schläge, dann ist der Horizont erloschen.
Die anderen Urlauber lösen sich nun langsam aus ihren Umarmungen oder packen ihre Fotoapparate ein. Jana und ich schauen uns an, drücken uns.
Das heißt, ich drücke. Sie umarmt.
Langsam bewegen wir uns mit der Menge den Hügel hinab, mein Piccolo ist noch halb voll. Die Rikschafahrer zünden die Motoren, der knatternde Sound dröhnt durchs Unterholz. Die Stimmung mutet nun nicht mehr andächtig an, sondern ist wieder turbulent touristisch.
Die Leute laufen durcheinander, unser Mopedfahrer winkt, wir setzen uns hinter ihm aufs Vehikel.
Schlapp, ich bin jetzt einfach schlapp. Der lange Tag, die Hitze, die Schwüle, die … E-Mail! Von der Dunkelheit umschlungen, rattern wir zurück nach Siem Reap. Ich sitze neben Jana, aber ich bin nicht bei ihr. Götter Angkors, helft.
» Du jammerst ja gar nicht, dass du noch nichts gegessen hast.« Wie ein Lob sagt sie das.
» Och, nicht so schlimm.«
Das ist noch nicht mal gelogen. Ich würde sowieso nichts runterkriegen.
Der Fahrtwind ist sehr kühl, Jana schmiegt sich eng an mich.
» So schade, dass ich morgen Abend schon abfliege. Eine Nacht vor euch. Meine nächste Tour in Australien, tja.«
» Tja, du sagst es.«
» Uns bleibt nur noch morgen.«
Wenige hundert Meter vor dem Hotel löst sie sich von mir und steigt beschwingt von der Rikscha.
» Und wer bringt mich jetzt in die Heia?«
Ich schaue mich theatralisch um.
» Das Sandmännchen?«
» Ganz genau!«
Der Rikschafahrer bedankt sich für mein Trinkgeld und braust davon. Jana zieht mich ins Hotel, die Treppen rauf in ihre Etage. Vor ihrem Zimmer tritt sie hibbelig von einem Bein aufs andere. Sie wartet ab, wohl um zu sehen, wie ich reagiere. Da kein direkter Impuls von mir ausgeht, umfasst sie meine Unterarme.
» Ich erspare uns jetzt die Floskel, ob du noch einen Kaffee mit mir trinken willst. Hihi, ich wüsste überhaupt nicht, ob es noch welchen gibt. Ist ja jetzt auch egal. Ich will keinen Kaffee, ich will … dich.«
Ihr Angebot ist unermesslich, weitreichend, umfassend. Ein Angebot, das ein Mann nicht ablehnen sollte.
» Ich … ich kann nicht.«
» Wie, du kannst nicht?«
» Nicht so.«
» Wie dann?« Jana ist verwirrt. » Ich meine … willst du nicht mit mir …« Durch die geöffnete Tür deutet sie auf ihr Bett.
» Äh, sollen wir darüber nicht noch mal schlafen?«
Ich bin so jämmerlich, auweia. Ich bin kein Sandmännchen, ich bin ein Erdmännchen. Das darf man doch keinem erzählen. Jana, die wundervollste Frau, die aus Prinzip nichts mehr mit Teilnehmern anfängt, gibt sich mir hin! Mir! Weil ich sie willenlos mache, weil ich in ihren Augen so ein Supertyp bin. Einer, der sich Jana mit ganzer Leidenschaft hingeben will. Und eben nicht mit seiner Exfreundin im Kopf. Supertyp, Andi, ganz großes Bravo.
» Entschuldige bitte, es geht einfach nicht«, beharre ich kraftlos. » Aha.« Janas Ratlosigkeit weicht nun ersichtlich der Enttäuschung, der Verletzung.
Ohne Gruß verschwindet sie in ihrem Zimmer.
» Gute Nacht«, wünsche ich ihrer Tür.
Erst Sonnenuntergang, dann Götterdämmerung.
Das ist doch Frauenlogik. Erst kickt mich meine
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