Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
Meine Augen sind schmal, mein Blickfeld ist eingeschränkt. Trotzdem erkenne ich, dass ich der Letzte beim Frühstück bin.
» ’orgen, ’sammen.«
» Guten Morgen, Andi!«, begrüßen mich alle. Jana murmelt es nur.
Kristin schaut mich beinahe argwöhnisch an. » Schlecht gepennt?«
Hundsmiserabel. » Geht schon.«
Von der Rezeption läuft der Hund schwanzwedelnd auf mich zu und streicht mir ums Bein.
» Was haste denn mit dem gemacht?«, fragt Jana spitz.
» Nix.«
Der Hund bellt auffordernd an mir hoch. So als wolle er mir mitteilen: »Fass sie! Fass!«
» Is gut, Hund.« Tiere können nicht grübeln. Die haben’s gut. » Können los, hab kein’ Hunger.« Jetzt schaut mich Kristin richtig verstört an.
Antje hat die Radtour natürlich auch wegen ihres Fitnessplans angeregt. Eigentlich ist es nicht die schlechteste Idee, die Gegend auf eigene Faust zu erkunden, zumal ich Ablenkung echt gut gebrauchen kann.
Meine Ex, diese schnöde Schnake. Habe ich sie wirklich die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt? Habe ich Kim gewissermaßen durch Vietnam bis nach Kambodscha mitgeschleppt? Das kann nicht sein. Darf nicht. Soll nicht. Aus, das ist Sprachspalterei. Ich will es einfach nicht. Punkt.
Der Bike-Verleih ist im Grunde nur eine größere Garage. Wir testen die Räder auf Tauglichkeit. Natürlich habe ich hier wunderschöne Urlaubstage mit Jana verbracht. Aber mit meiner Exfreundin bin ich eben zwei Jahre zusammen gewesen. Die Rahmengröße, die für Walter und mich nötig wäre, gibt es wieder nicht, vermutlich im ganzen Land nicht.
Was soll ich Jana nur sagen? Ich weiß es nicht. Also halte ich lieber erst mal die Klappe.
Wir schrauben die Sättel ganz hoch. Es kann doch auch nicht die Lösung sein, den Mund zu halten. Nee, ganz falsche Taktik. Für einen Tagessatz von je 2,50 Dollar ist sonst alles dran am Rad. Und heute Abend ist Jana schon weg.
» Zur Tempelstätte Bakong rrrechts um!« Walter macht den Pfadfinder.
Er radelt mit Antje an der Spitze, sie haben einen ungefähren Plan unserer Tour. Die Reifen purzeln über unebene Feldwege voran, roter Lehm staubt und pulvert sich in Speichen und Schuhe.
» Was ist los mit dir? Du bist so abweisend.« Jana bringt mein Verhalten auf den Punkt. » Du wolltest nicht mit mir schlafen: schade, aber okay. Jetzt so zu tun, als würden wir uns nicht weiter kennen, nee, das ist einfach nur idiotisch! Und … es verletzt mich.«
Eigentlich bin ich gerade gedanklich ganz bei ihr. Allerdings befindet sich auf meiner Stirn kein Display, auf dessen Laufschrift sie die aktuellen Infos ablesen könnte.
» Tschuldigung, hm, die Hitze«, sage ich ausweichend.
Muss sie mich so hetzen? Ich brauche Bedenkzeit, aber die habe ich nicht mehr. Jana hat mir den Kopf verdreht, ja, und der rotiert wegen der Mail meiner Exfreundin immer weiter. Hm, vielleicht will Kim nur mit mir reden, um mir meine Versäumnisse vorzuhalten? Oder mir einfach den Urlaub versauen. Ganz schön mies, mich erst wegkicken und dann auch noch nachtreten. Na warte, Kim. Nee, warte nicht! Ich komme nämlich nicht mehr zurück. Glaube ich.
Jana grummelt und wendet sich Kristin zu.
» Mein Exfreund war stoffelig. Aber ich hatte ihn trotzdem lieb.«
Kristin lacht auf. » Das kriegt der Andi auch hin!«
Mein Herz pocht spürbar, also wird auch der Rest meines Körpers allmählich durchblutet. Nur wegen Jana habe ich mich in den Tag gezwungen, nur ihretwegen. Dennoch, ich bin immer noch hundemüde. Die Gefahr, vom Rad zu fallen, sehe ich allerdings nicht mehr. Ab einer Wegkreuzung begleitet uns ein Jugendlicher auf seinem Motorrad. Ich denke nicht, dass er uns überfallen will, das passt einfach nicht hierher. Er klappt sein Visier hoch und stellt erstaunt eine Frage:
» Warum fahrt ihr Rad?«
» Weil’s Spaß macht. Normalerweise.«
Meine Begründung will ihm nicht so recht in den Helm.
» Wir nutzen die Dinger nur zum Transport von Stroh oder Bananen.«
Er wundert sich, biegt dann aber zufrieden ab.
Und wenn ich mit Jana und meiner Ex-Kim …? Also, das meine ich nicht als flotten Dreier – sondern quasi als Harem. Ja, das ist doch hier im Fernen Osten nicht unüblich, jedenfalls nicht unüblich gewesen.
Wie funktioniert so ein Harem eigentlich im Alltag? Würde ich mich bis 12 Uhr mittags um die eine kümmern und müsste danach bis Mitternacht die andere bevorzugen? Und müsste die eine Frau die andere gut leiden können? Das wäre ja schon von Vorteil, denn Rumgezicke mag ich nicht so. Aber
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