Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
Mutti strahlt über ihre gelungene Einlage. » Hoffentlich kriege ich jetzt in der Kirche kein Hausverbot.«
» Mechthild, hol mir noch ’n Bier!«, tönt Kurt. Seine Frau reagiert nicht. » Mein Tortentäubchen, sieh es mal realistisch – die Flasche kommt nicht von allein!«
» Jau, Antje, und bring du mir auch ’ne Pulle rüber!« Jetzt kann sie sich mal um mich kümmern.
Antje funkelt mich an. » Sag mal, geht’s noch!?«
Gegen Mitternacht poltern wir die Stiegen unserer Pfahlhütte hoch. Kristin stolpert am Eingang und kichert vor sich hin. » Der Kurti muss bestimmt im Koffer pennen.«
» Nein, muss er nicht«, knurrt Kurt und hebt kurz den Kopf vom Kissen. » Und er heißt nicht Kurti.«
Die flitzenden Kegel unserer Taschenlampen stören die Schlafenden – außer Harald, der die Schlafmaske aus dem Flieger trägt. Jana blinzelt geblendet von ihrer Matte herüber. Als ich meine Jeans runterziehe, schmunzelt sie.
» Hm, da sind ja wieder diese neckischen roten Punkte …«
Meine Boxershorts, verdammt! Ganz vergessen. Blöder Schnaps.
» Wieso ›wieder‹?«, horcht Kristin auf.
» Ruhe, Schwester!«
» Ja, ich schlafe doch schon fast«, sagt Antje folgsam.
» Nicht du.« Ich muss den Überblick behalten. » Kristin soll still sein!«
» Und ich? Ich würde schon gerne pennen«, kichert Antje.
» Jetzt haltet alle mal die Klappe! Meine Boxershorts versenke ich morgen im Reisfeld. Und ich bin nicht unsicher!«
» Aha«, sagt Jana.
» Ruhe, du Schnepfe!«
Sie erwidert nichts.
» Pfui, Junge, du hast getrunken.«
» Gute Nacht, Mutter! So. Sonst noch jemand ohne Platzanweisung?«
» He, Bruder, Foto!«
Antjes Blitzlicht blendet brutal. Och bitte, darauf kann das Familienalbum absolut verzichten.
» Cool!« Antje lacht auf. » Da schreibe ich dann drunter: ›Andi, als er auf dicke Hose gemacht hat‹!«
» Nee, auf dicke Boxershorts!« Kristin haut kreischend auf ihre Matte. Sie kriegt sich nicht mehr ein.
Jetzt meldet sich auch noch Walter aus seiner Ecke. » Andi, halt deine Schwestern fest. Ich ziehe jetzt mein T-Shirt aus!«
Das prustende Gelächter will und will kein Ende nehmen. »Herr der Lage«, den Titel kann ich mir getrost abschminken. Es ist wohl besser, wenn ich einen geordneten Rückzug in meinen Schlafsack antrete. Immerhin habe ich für Lacher gesorgt.
Kurz bevor ich meine Taschenlampe ausknipse, sehe ich abseits des Lichtkegels noch schwach, wie Vera Jana zunickt. Warum?
» Liebe Reisegruppe, hiermit ordne ich Nachtruhe an«, sagt Jana sanft.
Kurz darauf pennen alle ein. Alle außer mir. Wie könnte ich schlafen? Ich fühle mich blamiert und kastriert. Andi will keine Frauen, Andi versteht keine Frauen, Andi verprellt alle Frauen.
Gegen mich sind Chauvinisten wahre Rosenkavaliere.
Donnerstag, 29. Januar
MACKEN, MAROTTEN, HARALD C
» Alles wird gut, Andi. Alles wird gut.« Die Stimme, die mich sanft anspricht, ist mir sehr vertraut. Jetzt kommt auch das zugehörige Gesicht ins Bild. Kim! Mit einem Ruck wache ich auf. Elende Ente, sie soll mich in Ruhe lassen! Sie wollte die Reise nicht mit mir machen, dann muss sie mich auch nicht im Traum überraschen und dummes Zeug reden.
Nix ist gut! Ich habe mich gestern vor meiner Familie zum Affen gemacht, Jana beleidigt und muss jetzt wieder allen in die Augen sehen. Klar, ich habe auch getrunken, vor allem aber fühle ich mich emotional verkatert.
Gepennt habe ich kaum, ständig bin ich aufgewacht, hochgeschreckt durch das wiehernde Gelächter der anderen in meinen Träumen. Außerdem haben die Holzdielen unter unseren Schlafmatten mit jedem Klogänger vibriert. Taumelnd erhebe ich mich und bewege mich verknautscht zum Behelfs-Bad. 6:30 Uhr. Warum muss ich in diesem Urlaub eigentlich immer früher aufstehen als fürs Büro? Die einfachen Duschverschläge laden nicht gerade dazu ein, sich einzuseifen. Auch Walter überlegt, ob er sich dem kalten Schauer aussetzen soll. Er tippt seine Frau an. » Vera, dusch doch einfach für uns alle. Und dann sagste, wie es war.«
Toni kriecht aus einer Pfahlhütte nebenan. Sind darin nicht gestern die Tänzerinnen verschwunden …?!
Nebliger Dunst liegt über den Reisfeldern, als wir unser Gepäck zum Fahrzeug tragen. Obwohl ich meinem Körper Energie befehle, krepiert beim Einsteigen mein Gruß an Jana. » ’org’n.«
Sie nickt.
Der Bus schaukelt durch verregnete, diesige Berge. Trüber Himmel. Trübe Gedanken. Trübe Augen, die schläfrig ins mystische Panorama blinzeln.
Weitere Kostenlose Bücher