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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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kommen. » Gut wäre jetzt eine Taschenlampe.«
    » Ach, willst du noch mal deine Unterwäsche präsentieren?«, fragt sie.
    Ihr Tonfall ist dabei nicht ironisch, eher neutral, was ich noch nerviger finde. Als wenn ich, der Andi, ihr egal sein könnte. Jana geht zu Vera hinüber.
    » Gute Initiative«, schnauft Antje. » Nur musst du es geschickter anstellen.«
    Sie steppt jeweils drei Stufen vor und zurück.
    » Gar nichts muss ich! Dann, dann entschuldige ich mich eben nicht.«
    Antje hebt einen Zeigefinger, holt tief Luft und joggt steil bergan.
    » Du musst sie berühren.« Kristin. Die auch noch.
    » Schön meine Hände werde ich von ihr lassen!«
    » Emotional, Andi.«
    » Klar, dass du mir jetzt wieder einen Spruch drücken willst! Lass es, deine Ironie kannste echt da runter in die Halong-Bucht schmeißen! Am liebsten schön im hohen Bogen, sonst verfängt die sich noch in den Bäumen!«
    Kristin fasst ans Eisengeländer. » Nein, das habe ich ganz ehrlich gemeint.«
    » Öhm, ach so.«
    Aus dem Berginneren kraxeln wir ins Nachmittagslicht auf ein Aussichtsplateau. Höher gehe ich nicht mehr, das war schon anstrengend genug, zumal bei den ganzen scharfkantigen Steinen ringsum.
    » Schaut doch mal«, ruft Jana fast aufgeregt, » ist das nicht ein wirklich imposanter Blick auf die friedliche Reislandschaft?«
    Ja, netter Ausblick. Natürlich »friedlich«, was auch sonst. Oder hat schon mal jemand feindseligen Reis erlebt? Also ich wirklich nicht. Bläst der dann zur Attacke und verlässt die Felder? Chilibohnen, die sind vielleicht aggressiv, aber Reis ist doch wirklich das harmloseste Nahrungsmittel, das man sich vorstellen kann. Auf dem Heimweg trotte ich den anderen hinterher. Ich finde ja, dass Jana an ihrer Wortwahl arbeiten sollte. Tja, Pech für sie, wenn sie nicht mit mir sprechen will. Ich meine, ich kenne ja viele Wörter.
    Wer kniet denn da vor der Hotelwand? Als ich mir an der Rezeption den Zimmerschlüssel geben lasse, entdecke ich Harald beim Fotografieren. Allerdings knipst er nicht vom Hotel aus das Panorama der Trockenen Halong-Bucht – sondern genau verkehrt herum, also das Gebäude selbst.
    » Harald, meinst du nicht, dass du dich umdrehen solltest? Schön ist’s in der anderen Richtung.«
    » Mag sein, aber ich fotografiere jedes unserer Hotels in Nahaufnahme. Guck mal, wie hier der Putz abgebröckelt ist, ts ts. Mit den Bildern will ich beim Reiseveranstalter Schadensersatz geltend machen. Interessiert dich das auch? Dann können wir doch gemeinsam Geld zurückfordern! So sammelklagenmäßig.«
    » Äh, Harald …«
    » Das gerne als kleiner Tipp von mir«, strahlt er mich gewitzt an, » wir Steuerpflichtigen müssen doch zusammenhalten.«
    Es gibt Macken. Es gibt Marotten. Und es gibt Harald. Da fliegt er um den halben Globus, um hier die Zeit mit so einem Mumpitz zu verbringen! Natürlich ist der Anstrich nicht mehr neu, und nachts dröhnen die Mopeds vor dem Fenster, auch Kakerlaken habe ich schon aus dem Bad entfernt, bevor Mutti sie sehen konnte. So ist das nun mal am anderen Ende der Welt! Das gehört doch sogar zur Atmosphäre dazu.
    » Harald, wir müssen reden.«
    Das ist nicht mein bester Tag gewesen, wirklich nicht. Vielleicht hat mich auch die viele frische Luft geschafft. Nach Sonnenuntergang ist jedenfalls nicht mehr viel mit mir los. Ein Blick hinüber zu Mutti erinnert mich an ein Schlaflied von früher: »Müde bin ich, geh zur Ruh.« Absolut, ja, ich gähne lautstark. Was sollte ich auch heute noch verpassen? Sven, der Jana anbaggert? Meine Schwestern, die mich durch den Kakao ziehen? Oder Reis, der in geschlossener Formation Korn an Korn am Hotelfenster vorbeimarschiert?
    Es ist noch vor 22 Uhr, als ich meine Bettlampe ausknipse. Von der anderen Zimmerseite reagiert Mutti überrascht: » Andi, du darfst gerne noch aufbleiben.«
    » Da habe ich ja jetzt mehr Glück als vor 25 Jahren.«
    » Junge, hast du dich denn heute überhaupt so richtig ausgetobt?«
    » Muss ich nicht. Ich habe doch Urlaub.«
    Das leuchtet ihr ein.
    » Darf ich denn noch etwas lesen, Andi?«, fragt sie schelmisch.
    » Na gut, aber nicht länger als eine Stunde.«
    Sie hat sich zu dieser Reise selbst eingeladen und trampelt nun durch meine Erholung. Da ich sie nicht mehr abschütteln kann, muss ich mich wohl oder übel beherrschen. Also bleibe ich freundlich, sonst gibt sie mich womöglich zur Adoption frei. Wobei, Walter hätte vielleicht Interesse. Kurz nach diesem kuriosen Gedanken werde ich vom

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