Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
das nun ein echter Konkurrenz-Körper, ich sollte wirklich mehr Liegestütze machen.
» Männer, habt ihr Bier dabei?«, frage ich. Es geht doch nichts über eine Nachmittagsdose.
» Nee, aber Sonnenmilch.« Wenn jetzt schon Haralds schlagfertig werden, wo soll das denn hinführen?
» Bahn frei, Köpper!« Sven wirft sich erst in Pose, dann in den Pool.
» Aufpassen, Andi, fang den Ball!« Weil ich gegen die Sonne gucke, prallt der Ball von Haralds Wurf an meinem Kopf ab und platscht zurück in den Pool. Ich hechte ins Becken und kraule nach dem runden Plastik.
» Kerl, wie geil ist das denn! Jetzt fehlt nur noch ein Quietscheentchen.«
» Okay, Jungs, dann tobt euch mal schön aus.« Jana steht auf und hüllt sich in ihr Handtuch. » Tschüss zusammen.«
» Bleib doch noch, jetzt geht die Luzi ab!« Ich tauche eine Hand ins Wasser und spritze sie nass. » Rock ’n’ Roll!«
» Jetzt ist der Dreizack zum Zahnstocher verkommen«, murmelt Jana beim Weggehen.
Mittwoch, 4. Februar
HOI AN IST EIN BEGEHBARER KLEIDERSCHRANK C
Lange geschlafen, ich habe wirklich urlaubsgemäß lange geschlafen. Und ich habe verpennt – mir heute einen Plan zu machen. Allerdings, tataa, das muss ich ja auch nicht! Nur der Urlaub und ich, hier in Hoi An werden wir doch noch zu einem Top-Team. Was für ein Balsam auf dieser Rumpelreise.
Vor dem Hotel trete ich in die Sonne, recke mich und sehe Harald mit Strohhut und Rucksack herumstehen.
» Morgen, Andi, ich warte auf unseren Bus.«
» Äh, Harald, freier Tag heute …?«
» Weiß ich ja, der kommt nicht. Blöd. Was soll ich denn mit mir anfangen so ohne Programm?« Fast verwirrt fragt er das.
Wie kann man denn mit seiner Freizeit nichts anzufangen wissen? Man kann doch herrlich die Füße hochlegen. Okay, das macht er als Finanzbeamter wohl schon bei der Arbeit.
» Wenn ich zu lange mit mir alleine bin, komme ich zu sehr ins Grübeln. Also lenke ich mich lieber ab und warte auf den Bus.«
Verrückter Vogel, der Harald, wohl schlecht aus den Federn gekommen.
» Andi, muss ich eigentlich zum Frühstück meinen Reisepass einstecken?«, fragt Harald weiter.
» Wenn ich dir ein Marmeladenbrötchen reinstempeln sol l …« Kristin aus dem Hotel. Sie scheint bereits warmgelaufen.
» Guten Morgen.« Mutti und Antje erscheinen im Hoteleingang. » Let’s go, ins Cafe Cargo !«
» Dann viel Spaß, und nehmt Harald mit.«
» Und du?«, fragt Kristin.
» Nö, ihr könnt doch mal selber auf euch aufpassen«, sage ich. Und vor allem ohne mich einkaufen gehen, meine ich.
» Na dann. Es gibt dort richtigen Cappuccino mit aufgeschäumter Milch und dazu frische Croissants«, weiß Antje, » ein leckeres Relikt aus der französischen Besatzungszeit.«
Frische Croissants? Da will ich mal nicht so sein, danach kann ich mich ja immer noch abseilen.
» Hoi An war im 19. Jahrhundert eine reiche Händlerstadt unter chinesischem Einfluss.« Harald freut sich, den Reiseführer spielen zu können. In den engen Gassen drängen sich schmale Häuschen mit kleinen Bekleidungsshops hübsch aneinander. Die ersten Shirts und Kostüme werden bereits rausgehängt.
Eigentlich ist der Ortskern kaum größer als zwei Fußballfelder, entsprechend fix durchlaufen wir die quadratisch angelegten Gassen. Die Croissants waren wirklich knusprig und haben meinen Tatendrang geweckt. An der japanischen Brücke sind einige Touristen unterwegs, neben Backpackern auch deutsche Senioren.
» Huhuu, Fraanz!« Aufgeregt winkt Mutti einer Rentnergruppe zu. Tatsächlich, da ist er wieder, der Ösi, Muttis persönliche Bergwacht. » Hach, Kinder, ist das jetzt Zufall oder Vorsehung?«
» Dies ist ein Touristenort, und er ist Tourist. Der pure Zufall ist das!« Sie zwingt mich förmlich zur Rebellion. » Hör endlich auf damit!«
» Aufhören womit?«, erkundigt sich Harald.
» Ach, mit diesem Flirt-Fiasko.«
» Nein, Mutti, das ist kein Zufall, überhaupt nicht.« Antje wirft mir einen strengen Blick zu. » Ich finde es sogar schicksalhaft.«
» Des is ma a Freud!« Franz grüßt lautstark zurück. » Noch a Sohn, ha?«
» Nein, das ist doch der Harald!« Geschmeichelt macht Mutti eine neckische Geste. » Was der mir alles zutraut.«
Franz hebt grüßend den Arm und verschwindet mit seiner Gruppe in der überdachten Brückenpagode.
» Schluss jetzt mit dem Mumien-Mambo!« Ich meine es ernst.
» Stell dich nicht so an«, sagt Kristin.
» Wenn ich dir peinlich bin, kannst du ja nach Hause fahren.« Oho. Wird
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