Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
eigentlich geil, so ein Alm-Öhi in der Familie. Der hat doch sonst nur seine Ziegen.« Kristin wird plötzlich richtig tierlieb.
Ich sehe mich muffelig nach unserer Gruppe um. » Die anderen lästern bestimmt schon.«
» Ach, und was machen wir gerade?«, fragt Kristin schmunzelnd.
Auf der Anhöhe küsst der Österreicher Muttis Hand und verabschiedet sich zu seinen Leuten. Beschwingt eilt sie zu uns zurück und lächelt. » Und ich habe ihn mir noch nicht mal in kurzen Lederhosen vorgestellt.« Sie zwinkert Antje und Kristin zu.
Doch die Anerkennung, die sich Mutti erhofft, muss ich ihr verweigern.
» Du kannst uns doch nicht einfach fremdgehen!«
» Ich denke, du freust dich, mich gelegentlich mal los zu sein?«
» Schon, aber nicht … so!«
» Nun krieg dich mal wieder ein«, sagt Mutti, und dann lacht sie. » Vielleicht bin ich etwas baufällig – aber noch lange keine Ruine!«
Der Weg schlängelt sich vom Plateau ins Berginnere, hinter grünem Dickicht öffnet sich eine kleine Spalte im Fels. Nach wenigen Metern im schummrigen Halbdunkel macht es den Eindruck, als sei der Berg komplett entkernt und von Höhlen durchzogen. Öffnungen nach oben lassen Lichtsäulen messerscharf einfallen. Wie die Sonnenstrahlen durch eine Dachluke.
» Cool, das ist ja wie in einem Indiana Jones -Film. Würde mich nicht wundern, wenn gleich Harrison Ford um die Ecke gerannt kommt.«
» Dann besorgste mir ’n Autogramm.« Ganz bestimmt, Kristin.
Harald läuft aufgeregt auf uns zu. » Hey, hört mal, die Höhlen sollen spirituelle Bedeutung haben, sie beherbergen übergroße Buddha-Statuen, Marmor-Reliefs und einheimische Geister!« Die stellen sich uns zwar nicht persönlich vor, würden aber definitiv zur Atmosphäre passen. » Im Vietnamkrieg sind die steinernen Hallen als Lazarett genutzt worden. Obwohl die Amerikaner von diesem ›Untergrund‹ wussten, entdeckten sie die Eingänge nie, weil die Einheimischen komplett dichtgehalten haben. Dafür konnten die Vietcongs von den Bergen aus die US -Soldaten beobachten, wie sie sich am Strand beim Surfen vom Krieg erholten.« Respekt, wie hat Harald das nur wieder in Erfahrung gebracht? Als Kind hat er bestimmt viel Die Sendung mit der Maus geguckt. Oder er tut es immer noch.
» Sve-en?!« Nicht zu sehen. Na, vielleicht erzähle ich ihm besser nicht, dass die Amis hier ihre Bretter ausgepackt haben.
Gespannt stapfe ich weiter durch die Gewölbe, der nackte Stein unter mir glänzt feucht. Einige typisch vietnamesisch aussehende Jugendliche fotografieren sich lärmend in einer Seitenhöhle. Der Hall verstärkt ihr Geplapper noch. Ich weiß noch nicht mal, welche Sprache genau sie sprechen, aber es macht mir Laune, ihren Sprach-Singsang »auf asiatisch« zu imitieren.
» Heiomiheiang!«
Da dreht sich eines der Mädchen um.
» Ach, du bist auch Deutscher?!«
» Öhm … auch?«
» Unsere Urgroßeltern sind hier aufgewachsen. Wir machen zum ersten Mal in Vietnam Urlaub«, sagt sie mit Pfälzer Dialekt.
Schön für sie, nur müssen sie deswegen so einen Krach machen!? Typisch deutsch.
Durch saftig grüne Reisfelder rollt unser Bus über die schmale Straße, immerzu südwärts nach Hoi An. Auf dieser Höhe ist das Land nur 50 bis 80 Kilometer breit. Würde man die Umrisse Vietnams mit einer Sanduhr vergleichen, flutschen wir also gerade durch die enge Mitte.
» Der Reisanbau ist hier dank der Wärme ertragreicher als weiter nördlich«, informiert Jana, » leider verschlimmern die Taifune jedes Jahr die Überschwemmungen.«
Was wir im schönsten Nachmittagslicht als Postkarten-Panorama wahrnehmen, ist also eine einzige Schufterei. Als wir den schwitzenden Bauern auf den Feldern durch unsere Digitalkameras bei der Arbeit zusehen, lächeln sie sogar. Ohne Fleiß kein Reis.
Hoi An ist für seine Textilproduktion bekannt, im Prinzip reiht sich hier Kleiderständer an Kleiderständer. Zwei volle Tage wollen wir bleiben. Schon klar, damit die Frauen in aller Ruhe anprobieren und einkaufen können. Super, so kann ich mal richtig ausspannen!
» Jana, kommst du gleich zum Pool?«, fragt Sven laut in der Hotellobby.
Will er den Surflehrer oder Bademeister geben?
» Später, ja!«, erwidert Jana beim Check des Gepäcks.
So läuft das also – als Surfer ist Sven nun mal keine Beckenranderscheinung.
» Das Hotel bietet viele Ausflüge an, sogar einen asiatischen Kochkurs«, erzählt Jana, während sie die Schlüssel verteilt.
Vera stichelt. » Walter, willst du da nicht
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