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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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Mutti jetzt patzig? » Ich bin 66, ich kann locker auf jede Ü30-Party gehen.«
    » Da kommste sogar zweifach rein.« Kristin stellt wieder eine ihrer ureigenen Rechnungen auf. » So Mädels, und jetzt heißt es: Shoppen!« Sie reibt sich die Hände, ihre Augen leuchten wie die bunten Textilien auf den Kleiderbügeln, die en masse vor den kleinen Läden baumeln. Der Eingang der Gasse, vor der wir gerade stehen, ist schon nach wenigen Metern komplett mit Stoffen verhangen.
    Kristin jubelt. » Hoi An ist ein begehbarer Kleiderschrank!«
    » Und schlecht fürs Portemonnaie.« Ich klopfe auf die Seitentasche meiner kurzen Hose.
    Warum ist das denn so dick? Ich fingere es heraus und … oh nein … ich habe noch Janas Portemonnaie einstecken, von gestern am Pool! Wie dusselig.
    Harald biegt ab. » Tschüss, ich muss weg.«
    » Keine Lust oder brauchste nix?«, fragt Antje.
    » Shoppen ist nicht meine Welt. Und ihr seid mir zu anstrengend.«
    Haut der einfach ab. Harald macht’s richtig! Auch ich sollte die Biege machen, schon wegen der zu befürchtenden Ankleidungs-Arien meiner Schwestern. Und natürlich muss ich Jana finden, ohne Geld ist es hier für sie ja doppeldoof. Sie ist eine Frau, also sucht sie sich bestimmt schon in einem der Läden etwas aus. Und danach muss sie bezahlen!
    » So, ich muss auch mal frische Luft schnappen.« Warum, das sage ich natürlich nicht.
    » Gut. Dich können wir jetzt eh nicht brauchen.« Kristin geht einige Schritte vor, ihr Blick ist nur noch geradeaus aufs Angebot gerichtet. » Haben wollen!«
    » Bis später.« Nix wie weg, die Chance zur Flucht war selten so günstig.
    Wenn ich einfach alle Gassen ablaufe, muss ich Jana doch irgendwo finden. Blöd nur, dass das von meiner wertvollen Urlaubszeit abgeht.
    Generalstabsmäßig eile ich über das Kopfsteinpflaster. Jedenfalls so eilig, wie es mir möglich ist. Denn die Klamotten hängen so niedrig, dass sich mein Kopf ständig in Kleidern oder Stoffbahnen verheddert. Gebückt laufe ich weiter und suche mir immer wieder Schlupflöcher, also Lücken in den Textilien als Ausguck. Überall in den Läden stehen Frauen, nur ähnelt keine Jana. Walter und Vera kommen mir entgegen, sind nur noch zehn Meter entfernt. Ich habe keine Zeit zu quatschen, daher verberge ich mich hinter einer Schaufensterpuppe.
    » Interested?«, fragt ein Händler freundlich.
    » Was, nee … only looking.« Erwischt. Aber gut, wenn er Englisch spricht, kann ich ihn ja fragen, ob er Jana gesehen hat.
    Nur, wie beschreibe ich sie am besten? Mit den Händen forme ich einen Frauenkörper.
    » Woman?«
    Er mustert mich unschlüssig. Ich werde deutlicher.
    » You know, I’m looking for a girl.«
    Jetzt greift er mir an die Schulter und nimmt mich zur Seite. »Yes, no problem. Young and sweet. Wait, my friend.«
    Was? Nein! Ich suche keinen Sex, ich suche Jana.
    Also winke ich ab und hetze weiter. Sogar auf dem Markt der Einheimischen liegen zwischen Fischen, Shrimps und Mangos überall Stoffe, Hosen und Poloshirts bekannter Marken, allerdings ausschließlich als Kopien. Lustig, dass dabei der Preisunterschied gewahrt bleibt. So ist Ralph Lauren auch gefälscht teurer als Lacoste. Weiter. Wohin? Ich glaube, in der nächsten Gasse war ich bereits, also in die übernächste. »Begehbarer Kleiderschrank«, das hat Kristin für diesen Ort sehr treffend formuliert, könnte von mir sein. Es erinnert mich an den letzten Weihnachtswunsch meiner Exfreundin. Nur wollte sie einen begehbaren … Werkzeugkasten! Und mir hat sie ein Nähetui geschenkt. Soo lustig, dieses ungerupfte Huhn.
    » Das ist doch kein Kleid, das ist ein Plumpssack!«
    Der Aufschrei lenkt meine Aufmerksamkeit von der Straße. Antje steht entrüstet mitten im Geschäft.
    Wo kommen die denn her? Ich bin doch extra in die andere Richtung abgehauen.
    » Aber es ist Größe 36«, sagt Mutti.
    » Ja eben!« Antjes Beschwerde ist bis auf die Straße hinaus zu hören. Eine Verkäuferin legt eifrig das Zentimeterband an, Antje schaut kritisch an sich herab. » Würden wir nicht ständig im Bus sitzen, wäre ich jetzt nicht so fett.«
    Kristin grinst gelassen. » Wenn die gleich meine Maße aufschreiben, kannste dich wieder freuen.«
    Fliehen, das war doch mein Motto, also rasch weiter. Gerade als ich mich umdrehen will, bleibt mein Blick in der hinteren Ecke des Ladens hängen, wo ich einen schwarzhaarigen Hinterkopf und nackte Schultern erspähe. Die Frau scheint muskulöser gebaut zu sein als die zierlichen

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