Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
ich.
Kristin blickt Harald an. » Weil du mir jetzt erst mal ein frisches Bier ausgeben könntest.«
» Ist gut. Mir bring ich aber auch eins mit!« Harald trabt den Strand hoch zur Bambushütte.
» Andi könnte sich mal wieder bewegen.« Kristin sieht mich nicht mehr belustigt, sondern durchdringend an.
» Ich, wieso ich? Und warum glotzt du so?«
» Harald holt Bier, und Sven hält offenbar nach Flaschenpost Ausschau, oder was auch immer er da hinten treibt. Also musst du auf Jana aufpassen.«
» Ach was, hier passiert doch nix.« Wirklich, die Vietcongs sind doch längst im Altersheim.
» Zwei Tage Ruhe vor mir«, sagt Kristin knapp.
Das ist doch mal ein fähiges Angebot!
Ich springe auf. In der Aufwärtsbewegung fällt mir ein, dass meine Badehose ja vorne noch ausgebeult ist. Wie absolut unpassend. Reflexartig ziehe ich das Handtuch mit von der Liege, verliere dabei das Gleichgewicht und kippe mit Schwung in den Sand.
Egal, wie idiotisch das jetzt ausgesehen hat – das Handtuch knüllt sich vor meinen Privatgemächern zusammen. Jawollja!
» Ich wär dann so weit.«
Eine Weile laufen wir schweigend nebeneinander her. Auf den Schaumkronen wippen tassenrunde Fischerboote, die man zu Recht als »Nussschalen« bezeichnen kann. Die Besatzung besteht aus nur einem Mann, der das Boot in den Wellen hält und dabei auch noch mit dem Fangnetz hantiert.
» Warum hast du denn das Handtuch umgewickelt?«
» Für alle Fälle«, sage ich bestimmt, » falls ich dich vor einem gewaltig bösen Drachen beschützen muss.« Man muss nur stark genug übertreiben, irgendwann wird’s wieder glaubhaft.
Einige Meter vor uns schiebt ein schmächtiger Fischer sein Holzboot aus dem Wasser. Seine Frau gibt sich alle Mühe, ihn dabei zu unterstützen. »Kann ich helfen?«, signalisiere ich den beiden mit den Händen. Ja, ich kann. Auch Jana packt mit an, zu viert lässt sich die Nussschale einfacher an Land wuchten. Ein schöner Rochen baumelt im Netz, sonst ist der Fang eher dürftig. Lächelnd bedankt sich der Fischer und winkt zum Abschied.
» Wo gehen wir denn eigentlich hin?« Ich will etwas Struktur in unseren Spaziergang bringen. Jana reibt sich Sand von den Händen. » Egal.«
» Also geradeaus«, entscheide ich.
Sie blinzelt mich neckisch an. » Einfach mal laufen lassen, Andi, du musst nicht alles kontrollieren.«
Im Prinzip weiß ich das natürlich selber. Aber … was geht sie das an?
» He da!« Antje rennt uns entgegen, sie ist auf dem Rückweg und keucht. » Ihr beiden seid alleine unterwegs …?«
Sie joggt auf der Stelle. Neben ihren Fußabdrücken rieselt der Sand wie flüchtend zur Seite.
» Siehst du nicht den Menschenauflauf hinter uns?«, frage ich. » Nur die Schlange am Postschalter ist noch länger.«
» Soso. Will ja nicht neugierig sein. Barfuß ist gut für die Beine. Bin weiter.« Weg ist sie.
» Ganz schön eifrig.« Jana blickt ihr kurz hinterher.
» Sie immer mit ihren Gesundheitstipps, ts.« Ich verdrehe übertrieben die Augen. » Wobei, was ich sie mal fragen könnte: Wenn das Meer so aufgewühlt ist, hm, ist es dann eigentlich seekrank?«
» Bitte was?«
» Naja, es gibt schließlich Wellen, denen so übel ist, dass sie vor der Küste brechen.«
Jana bleibt stehen, schaut mich unvermittelt an. Okay, der Gag ist nur so mittel, aber sie könnte zumindest so tun, als würde sie schmunzeln.
» Machst du eigentlich immer Witzchen, wenn dir das Eis zu dünn wird?«
Meiner Exfreundin ist das auch aufgefallen.
» Ich brauche weder Gesundheitstipps noch Psychofragen, klar?«
» Ist ja gut.« Sie deutet auf einen nahen Baum, dessen Schatten sich auf dem Sand lang macht. » Wollen wir uns nicht setzen?« Wir schlappen ein paar Schritte vom Meer weg, die letzten Wellenzipfel können uns nun nicht mehr erreichen.
» Handtuch gefällig?« Fast protzend breite ich den roten Frottee aus.
Vorhin hat er mir den Arsch gerettet oder vielmehr die andere Seite, jetzt bringt er sich schon wieder sinnvoll ein. Was für ein schlauer Stoff! Ich sollte das Handtuch im Hotel mitgehen lassen, es auf jeden Fall nicht im Bad schnöde zu Boden werfen.
Unser Sitzplatz ist von Romantik umstellt. Der Sand wie gesiebt, das Wasser wie ein geschliffener Diamant in Aquamarin, der Himmel wie ein dichtes Feld aus azurblauen Kornblumen. Dazu säuselt der Wind sanft durch die Palmenwipfel.
» Hach«, entfährt es Jana.
» Perfekt«, sage ich.
» Ja, ne.« Sie streicht sich übers Bein.
» Perfekt wäre, hier
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