Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
mit Angelina Jolie zu sitzen. Ja, dann wäre es die perfekteste Stelle, die jemals am Südchinesischen Meer besetzt worden ist. Oder, noch besser: mit meiner Traumfrau. Wo auch immer sie sich gerade befindet.«
Jana schaut in den Sand und schweigt eine Weile.
» Du, ich glaube, wir müssen zurück.« Aha, sie erinnert sich ihrer Pflichten.
» Okay, auf geht’s.«
Die späte Nachmittagssonne inszeniert den Strand in den Farben, in denen sonst Fotos für Urlaubsprospekte geschossen werden. Die Schatten werden länger.
» Beinah hätten wir euch als vermisst gemeldet!«, brüllt uns Harald entgegen.
Wir sind noch gut hundert Meter entfernt.
Jana winkt. » Nö, gibt keinen Grund, verloren zu gehen!«
Als wir die Liegestühle erreichen, begrüßt uns Kristin schrecklich subtil: » Da geht ja einiges bei euch.«
Zwei Tage Ruhe vor ihr hat sie mir versprochen. Das waren noch nicht mal zwei Stunden!
» Habt ihr euch auch gut vertragen?«, fragt Mutti. Jaja. Willkommen zurück in der Wirklichkeit.
» Zu Hause geht der Andi weg wie warme Semmeln.« Schönen Dank, Antje, damit wäre das Dreigestirn ja wieder komplett.
Wobei mir nicht klar ist, wie sie das jetzt gemeint hat. Vor allem stimmt das so gar nicht. Man könnte eher sagen, ich habe unbeachtet im Backregal gelegen, »Brötchen vom Vortag« wäre also passender gewesen.
Jana scheint aufzuhorchen. » Soso, und das heißt?«
» Keine Ahnung. Ich bin wohl quasi eine Laugenstange. Verkauft wäre die gut, vergammelt stört sie aber auch nicht.«
» Hauptsache, die Bäckereifachverkäuferin hat Spaß mit dir.« Völlig unnötig, wie Jana das Bild aufgreift.
» Bimmelbimmel! Hörst du? Da war die Türklingel. Ich verlasse jetzt den Laden«, erwidere ich. Zur Bekräftigung laufe ich im Sand einige Schritte auf die Seite.
» Klimperklimper. Das ist der Klang des Wechselgeldes, das dir hinterhergeschmissen wird.«
Jana geht zur Liege und packt ihre Sachen zusammen. Als wir aufbrechen, ist sie wieder ganz die entschlossene Reiseleiterin. Na also. Auf dem Parkplatz zahlen wir für das Bewachen unserer Räder und trudeln los.
Vorhin war doch noch alles so gemütlich. Und jetzt dieser Stimmungs-Storno.
» Andi, da ist er wieder!« Mutti schwankt bedenklich auf dem Fahrrad, weil sie im Laden auf der anderen Straßenseite unseres Hotels jemanden erblickt.
Den Österreicher, o nein!
Geradezu verschwörerisch beugt sie sich zu mir. » Müssen wir nicht noch Wasser kaufen für die lange Fahrt morgen?«
» Wir haben noch genug auf dem Zimmer.«
» Na gut«, sagt Mutti laut, » dann lass uns das doch direkt erledigen.«
Während die anderen in den Hotelhof fahren, stellt sie ihr Rad vor dem Shop ab.
» Kommst du?«
Ich sage nichts und schiebe meins daneben.
» Ausgerechnet jetzt bin ich so verschwitzt.« Aufgeregt fixiert Mutti ihr Kopftuch im kleinen Spiegel am Sonnenbrillen-Ständer.
» Sieht gut aus«, murmle ich.
» Eines habe ich in meinem Leben gelernt, Junge: Mehr als eine dritte Chance gibt der liebe Gott dir nicht.«
Natürlich darf sie sich aussuchen, mit wem sie ein Zimmer teilt. Aber das gilt doch nur innerhalb der Familie!
Der Österreicher zahlt bereits, als Mutti sich in sein Blickfeld rückt.
» Da schau her, die gnä’ Frau!«
» Huhu, Franz! Naja, wir waren gerade am Strand«, rechtfertigt sie ihr Äußeres und streicht ihr Kleid glatt.
» Ah geh, fesch!«, schmäht er wienerisch Sandreste und Schweißflecken zu Nichtigkeiten.
Nett von ihm. Aber warum muss meine Mutter derart forsch sein? Sich derart aufzuplustern, allerhand, das ist doch wirklich nicht nötig.
» Sie Franz, Sie, ich habe ja heute Abend noch nichts vor. Also wenn Sie …«
Franz versteht auf Anhieb, und er bleibt ausgesprochen freundlich, als er antwortet. » Gnä’ Frau, i bin a Handbügler.«
» Ja, gut«, stutzt Mutti, » meine Wäsche glätte ich auch von Hand, wie denn sonst. Nun aber zurück zu heute Abend, also …«
Sein Lächeln wirkt fast verlegen. » Naa, net bügeln. I bin a Warmer.«
» Sicherlich, warm. Schon wegen der Restfeuchte, nur …«
» Mutti.«
» … gleich, Andi. Ich verstehe nicht, was Bügelwäsche mi t …«
» Mutti, der Herr ist schwul!«
Schweigen. Alarmstufe Rosa.
Sie schaut nun sehr perplex. Franz bedankt sich mit einem freundlichen Blick für meine Erläuterung. Gern geschehen.
» Habe die Ehre! Baba.« Und mit dieser alpenländischen Verabschiedung verlässt er den Laden. Danke dafür.
Während ich mechanisch einige
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