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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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Harald, Rock ’n’ Roll!« Kristin ist beinahe sprachlos. Aber nur beinahe.
    Harald schüttelt einigen Asiaten die Hand und kritzelt seinen Namen auf einen weiblichen Oberarm.
    » Na, unser Betriebsfest letztens im Amt. Da habe ich in der Kantine den Karaoke-Wettbewerb gewonnen. Knapp gegen die Ulla aus der Finanzbuchhaltung.«
    Ich klopfe ihm auf die Schulter.
    » Mein Lieber, Deutschland kann stolz auf dich sein.«
    Harald wirkt gelöst, zum ersten Mal auf dieser Tour.
    Wir tuckern entlang der Küste zurück zum Hafen. Haralds Ruhm ist noch nicht verblasst, da wird er schon wieder ganz der Alte und fängt an zu nörgeln.
    » An der Rezeption wurden mir viel mehr Schnorchelstopps versprochen.«
    » Du warst doch gar nicht im Wasser«, wundert sich Jana.
    » Ja, aber ich hätte können.«
    Wir sind einfach zu relaxt, um seiner Kritik zuzustimmen. Die Asiaten beschweren sich auch nicht, sie verlassen johlend das Boot. Dabei klatschen sie Harald und mich ab, als wären wir Rockstars. Eine wohltuende Erfahrung. Wenn das meine Ex sehen könnte, aber hoffentlich regnet es in Köln, und ihr ist lausig kalt.
    Der Bootsbuddha umarmt Jana und mich zum Abschied. Er scheint eindeutig davon überzeugt, uns den schönsten Tag des Lebens beschert zu haben. Ich bedanke mich anständig bei ihm, bevor wir das Schiff verlassen. Er winkt uns sogar noch hinterher, als wir vom Pier zum Minibus hochlaufen.
    » Danke, Andi, das war ein schöner Trip.« Janas Augen leuchten in der späten Nachmittagssonne.
    » Ja, schön. Und touristisch komplett erschlossen, das auch.«
    Jana winkt ab. » Egal. Willst du … willst du nachher mit mir essen gehen?«
    Ich quetsche unsere Sachen hinten in den Bus, hole kurz Luft.
    » Nur wir zwei? Gehört das noch zum Gewinn?«
    » Gewissermaßen. Ich kenne hier ein nettes Strandrestaurant.«
    » Na dann. Aber ich muss erst noch meine Mutter fragen.«
    » Echt?«
    » Nee, Quatsch!«
    Im dünnmaschigen Netz, das ein Angestellter in den Hotelpool hält, haben sich bereits einige Blätter und Insekten verfangen. Er zieht es unmotiviert am Ende einer langen Stange hin und her.
    Mutti richtet sich in ihrer Liege auf.
    » Das ist doch herrlich. Du musst ja auch nicht gemeinsam mit uns abendessen.«
    » Wollen schon. Aber Jana muss einen Reisebericht für die Agentur verfassen. Da könnte ich ihr doch, ähm, etwas bei den Formulierungen helfen.«
    » Ich gehe mit den Mädchen.« Mutti sortiert ihre Postkarten auf dem Bambustisch. » Heute war ich fleißig, jetzt fehlen mir nicht mehr viele. Ich darf meine Nachbarin und den netten Briefträger nicht vergessen. Unterschreib hier mal für deine Brüder.«
    » Hattest du denn auch einen schönen Tag, Mutti?«
    » Wunderbar, ich sag’s dir! Wir hatten den Pool fast für uns alleine. Mechthild und Kurt sind ja soo nett. Wie schön wir erzählt haben. Kurt, der Arme, kurz vor dem Urlaub ist ihm einer in sein neues Auto reingefahren.«
    » Was hat er denn für eins?«
    » Ein blaues.«
    » Äh … jo, bin duschen, wir sehen uns.«
    Ich muss schlucken, als ich sie sehe. Jana läuft, nein gleitet, die Treppe in einem roten Sommerkleid herunter, das ihr direkt auf den Körper geschnitten scheint. Stromlinienförmig. Ich glaube, jetzt sehe ich sie zum ersten Mal nicht im T-Shirt. Worüber ich bisher nicht weiter nachgedacht habe, weil Reiseklamotten ja vor allem praktisch sein sollten. Und nun läuft Jana so elegant durchs Hotelfoyer – so elegant und so sexy, wenn ich ehrlich bin. Beachtlich, welche Mühe sie sich gegeben hat, auch ihre Haare liegen irgendwie anders.
    Die beiden jungen Angestellten an der Rezeption grinsen, als Jana an ihnen vorübergeht.
    » Sorry, hat was länger gedauert.«
    » Wirklich?« Ich schaue sie an, als wäre sie pünktlich. » Schönes Kleid.«
    Trotz des Kompliments sieht sie an sich herab, als würde etwas mit ihrem Outfit nicht stimmen.
    » Ach komm, du trägst doch selbst ein Hemd.«
    Stimmt, ich habe einige Minuten überlegt, ob ich es überziehen soll. Denn das T-Shirt, das ich vorgestern anhatte, wäre auch noch halbwegs frisch gewesen. Wenn sich schon mal die Gelegenheit bietet, einen einigermaßen kultivierten Abend zu verbringen – warum nicht? Die Alternativen wären meine Familie oder das Hotelzimmer. Oder beides.
    Wir spazieren am Pool vorbei, das Personal räumt die Liegen weg, der Tag macht Feierabend.
    Sven sitzt alleine an einem Tisch und liest.
    » Hey, wie war’s in der Kathedrale?«, fragt ihn Jana.
    » Sehr

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