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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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sich Mutti über eine Dose Fischsuppe, die sie gerade gekauft hat. Ich schüttle den Kopf.
    » Und die Büchse willst du bis nach Hause schleppen?«
    » Ja, so eine Fischsuppe gibt’s nicht beim Aldi .«
    » Mutti, nur so als Idee: Schöpf dir doch einfach ’ne Kelle aus deinem Aquarium.«
    Neben dem Ausgang sind auf einem Holzkarren Drachenfrüchte drapiert, eine besonders prächtige drehe ich in den Händen. Ich hatte mich schon gefragt, wie die wohl aussehen – bei dem Namen. Äußerlich ähnelt sie einer kopflosen Eidechse, und ihr Fruchtfleisch sieht aus wie Stracciatella-Eis. Allerdings schmeckt sie deutlich fader, wie ich erstaunt feststelle, als ich ein Stück probiere.
    » Ah, herrlich.« Walter atmet tief durch, als er wieder einsteigt.
    Die 30 Grad sind mittlerweile überschritten, der Bus hat zum Glück eine funktionierende Klimaanlage. Der Temperaturunterschied lässt mich im Sitz erschlaffen, so finde ich schnell wieder Schlaf – der allerdings von Janas eifrigen Zusatzinfos zur Landeskultur gestört wird. Redet sie sonst etwa auch ununterbrochen? Meiner Exfreundin musste ich hin und wieder ins Wort fallen, um nicht sämtliche Details dieser Erde zu erfahren. Ob Jana sich ausbremsen lässt? Das sollte ich besser gleich herausfinden, entschlossen hebe ich die Hand.
    » Ja, hast du eine Frage zum Klima?«
    » Nö, aber könntest du uns bitte eine halbe Stunde Verschnaufpause für ein Nickerchen gönnen?«
    » Ich will gar nicht schlafen, mich interessiert das.« Halt die Klappe, Sven. Surfer-Schnösel.
    Jana hebt das Mikro wieder an. » Ihr sollt die Welt doch mit offenen Augen sehen.«
    » Na klar, Jana, darum sind wir ja hier. Nur im Bus, da werde ich ja wohl noch in Ruhe pennen dürfen!«
    Ups, ich rutsche unbehaglich auf meinem Platz herum, der Satz ist mir schärfer entfahren als beabsichtigt. Stopptaste. Den hätte ich gerne zurückgespult. Selbst Kristin guckt mich verwundert an. Jana überhört meinen Ausfall und spricht weiter, als wäre nichts gewesen.
    In den Vororten Saigons schiebt sich der Bus nur noch langsam voran, denn bereits hier umschwirren uns Hunderte von Mopeds, vier Millionen sind es in der Stadt insgesamt. Mit ebenso vielen Hupen, die im Dauereinsatz wie Sirenen klingen und das Knattern der Motoren noch übertönen. Wenigstens sind es keine Autos, sonst wäre der Verkehrsinfarkt noch schneller da. Obwohl man stellenweise die Straße vor lauter Mopeds nicht mehr sieht, ist es ein Chaos, das funktioniert. Naja, ein Ameisenhaufen funktioniert ja auch nach Regeln, die kein Mensch kapiert.
    Laut Vorschrift dürfen Busse nur maximal fünf Minuten am Straßenrand halten, damit der Verkehr nicht noch stärker behindert wird. Entsprechend flink verrichten die Gepäckträger unseres Hotels ihren Job. Allein mit Haralds Hartschalenkoffer müht sich ein schmächtiger Vietnamese arg ab, der Schweiß rinnt ihm die Schläfen herunter.
    » Kann es sein, dass der immer schwerer wird? Wohl schon viele Souvenirs eingepackt?«, erkundigt sich Vera.
    » Nein, das ist die Schmutzwäsche, die wiegt ja immer mehr, und …«
    » … zu viel Information, Harald!«
    Die Zimmerverteilung dauert etwas länger, weil Jana auf alle Sonderwünsche eingeht.
    Sie muss es aber auch immer allen recht machen. » Welches Pärchen möchte Doppelbetten?«
    Keiner meldet sich. Kurt druckst leicht gebückt an der Eingangstür herum.
    » Niemand?«
    » Wir sind dabei.« Vera nimmt den Schlüssel und Walter die Reisetaschen.
    » Danke. Wer noch?«
    Kurt schaut auf die Straße. » Ziemlich viel Verkehr heute.«
    » Das Haus ist voll, jemand muss noch ein Doppelbett nehmen«, beharrt Jana.
    » Die zieht mir doch im Schlaf nur wieder die Bettdecke weg!«, meckert Kurt und zeigt herausfordernd auf seine Mechthild.
    Da wundert es nicht, wenn ein Kühlschrank in einem Iglu häufiger vorkommt als Sex im Alter. Antje und Kristin erbarmen sich, was getrennte Betten für Kurt bedeutet. Seine Augen leuchten, Mechthild verdreht ihre gütig. » Dann ist unser Zimmer heute Nacht eben eine verkehrsberuhigte Zone. Muss es ja auch geben in dieser Stadt«, sagt sie.
    Mutti öffnet ihre Reisetasche auf dem Bett und seufzt so, dass es nicht zu überhören ist.
    » Herrje, in jedem Hotel dieses Rein und Raus, ich finde ja nichts wieder. Den Reisefön, also den hätte ich mir auch sparen können, hier im Bad ist ja auch wieder einer. Und meine Oberteile, ganz verknittert. Dafür haben meine Stoffhosen keine Knickfalten. Feiner Trick, wenn man

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