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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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in der Gruppe. Ist doch gut, falls was passiert«, sagt Mutti und lächelt ihn an.
    Jana läuft gestresst hin und her, denn für Kambodscha benötigt sie unsere Pässe mit korrekt ausgefülltem Einreiseantrag, Passfoto, 23 Dollar und der Ausreisekarte aus Vietnam.
    » Walter, habt ihr das Geld nicht passend? Antje, deine Unterschrift auf beiden Seiten!«
    Nur Harald kaut gelassen sein Marmeladebrötchen. Er hat bereits am Vorabend alle Unterlagen ordnungsgemäß abgegeben.
    » Im Internet habe ich ein Musterexemplar gefunden.«
    Von der Frühstücksterrasse sind es nur drei Schritte auf ein Motorboot, das bereits seitlich angelegt hat, über den Mekong ist es das schnellste Transportmittel ins Nachbarland. Der Fahrer wuchtet unsere Taschen und Koffer bereits in seinen flachen Flussbus. Dabei gleitet ihm plötzlich Haralds schwere Hartschale aus den Armen und droht, auf den Tisch mit den ganzen Dokumenten zu knallen. Jana reißt ihre Hände nach vorne und macht einen großen Schritt auf den Fahrer zu, rutscht auf einer feuchten Stelle auf den Holzdielen weg, verliert die Balance und fällt neben dem Boot in den Mekong. Schrecksekunde!
    Nur das Platschen ist zu hören.
    Das ist meine Chance! Reflexartig schnelle ich über die Terrasse und springe ihr hinterher. Wieder schlägt der Fluss Wellen. Als mein Kopf aus dem Wasser auftaucht, merke ich, dass ich bequem stehen kann.
    » Jetzt sind wir beide nass«, sagt Jana neben mir fast vorwurfsvoll.
    » Guten Morgen, ich will dich retten.«
    Das meine ich gefühlvoll, es klingt jedoch nur noch formell. Denn die geringe Wassertiefe hat meinen Hilfseinsatz zu einer lachhaften Aktion degradiert.
    » Ich kann doch schwimmen.« Janas Aussage verbessert meine Situation nicht gerade.
    » Ja, äh, aber was ist mit Haien?«
    » In einem Fluss?«
    Jana runzelt die Stirn unter den nassen Haaren, die ihr tief ins Gesicht klatschen.
    » Haie gibt es im Süßwasser nur im Lago de Nicaragua«, stellt Harald über uns fest.
    Seiner Hartschale ist natürlich nichts passiert.
    Die Gruppe hat sich nun geschlossen am Steg versammelt, alle gaffen wie bei einem Verkehrsunfall.
    » Meerjungfrauen können nicht ohne Hilfe an Land gehen«, flüstere ich Jana eindringlich zu.
    » Sven könnte doch schon mal die letzte Ölung vorbereiten!«, frotzelt Kristin.
    » Wie wäre es, wenn ihr erst mal aus dem Wasser kommt?« Veras Vorschlag klingt vernünftig.
    Ich helfe Jana an der Holztreppe aus dem Fluss. Mutti hat bereits Handtücher besorgt und reicht mir außerdem den Zimmerschlüssel.
    » Oh Andi, jetzt musst du noch mal duschen.«
    » Ein guter Kapitän prüft vor dem Ablegen den Fluss.« Ich lächle die anderen an.
    Vermutlich dümmlich.
    Unsere Sandalen scheinen an den Holzbohlen zu kleben, als Jana und ich die Stufen zum Hotel hochtropfen. Bevor sie in den Gang zu ihrem Zimmer abbiegt, bleibt sie kurz stehen.
    » Danke, Neptuns Sohn.«
    Das Motorboot schwappt, nun zusätzlich mit zwei Beuteln nasser Klamotten an Bord, verspätet in die Fahrrinne und gibt Gas.
    » Eine schöne Abwechslung zum Bus«, freut sich Sven.
    Kein Hupen, kein Überholen, kein Gegenverkehr, und der Fahrer kann mit den Füßen lenken. Was er auch tut. Als Klimaanlage funktioniert der Fahrtwind, der in den offenen Bug hineinbläst, durchs Boot zieht und sich hinten herauswindet.
    Auf dem Flussweg nach Norden brummt der Motor monoton, nach einer Stunde werden wir langsamer, die Grenze scheint erreicht. Wobei wir sie nicht sehen können, es ist ja überall nur Wasser. Der Fluss glänzt silbrig und ist hunderte Meter breit. Da erscheint ein grün bedachtes Häuschen am Ufer, kaum zu erkennen hinter den Schilfrohren. Das stellt wohl gleichsam den Grenzstein Vietnams dar.
    Wir legen an, zur Ausreise müssen alle das Boot verlassen.
    Im Warteraum blickt der Zöllner gebannt auf einen Fernseher, es läuft eine Karaoke-Show. Dann erst bemerkt er mich.
    » Natürlich habe ich nichts zu verzollen«, sagt Walter am Schalter neben mir auf Deutsch, » ich bin doch Schmuggler.«
    Als der Beamte meinen Pass stempelt, starrt er bereits wieder auf die junge Sängerin mit ihren blond gefärbten Haaren.
    Wir plumpsen zurück in die Bootssitze, legen ab, um nach einer Minute auf kambodschanischer Seite wieder aufzustehen und die Treppen zum dortigen Grenzhäuschen hochzulaufen. Was für ein Zollzirkus! Einige Meter hinter dem Eingang zur »International Border Cambodia« warnt ein rotes Hinweisschild auf einem tischgroßen Rasenstück:
    No

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