Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
geschlossen wird. Mist, dieses Date sollte länger dauern!
» Dann eben eine Führung im Schnelldurchlauf«, bestimme ich und weise Jana den Weg, » wenn mir die werte Prinzessin bitte folgen möchte …«
» Geil, so ein persönlicher Stallbursche«, sagt sie weniger galant und haut mir auf den Hintern. Was? Auf diesen Handschlag habe ich doch das Patent!
Mein Staunen lenkt mich ab. Meine Augen kreisen hin und her wie die eines Kindes in Disneyland. Die Palastgebäude, Pavillons und Pagoden sind so filigran und reichhaltig verziert, dass ich gar nicht weiß, in welche Richtung ich zuerst blicken soll. Und natürlich schaue ich immer wieder bewundernd Jana an, sie ist die Prinzessin, um die sich die Prachtbauten zu drehen scheinen.
» Sieh mal, Andi, diese kunstvollen Dächer. Wie gigantische Kronen.«
» Naja, oder wie reichlich kitschig verzierte Zuckerdosendeckel.«
Jana stupst mir ihren Ellenbogen sanft in die Seite.
» Hey, Stallburschen haben die Klappe zu halten.«
» Hoheit, ich wollte nur pöbeln«, sage ich und mache einen Diener.
Na klar ist das albern von mir, ja. Aber wenn sie sich in einigen Jahren zurückerinnert, wird sie diesen Moment als » soo süß« bezeichnen. Außerdem passt ein vornehmes Gehabe nur zu gut in diese märchenhafte Palastanlage. Jana ist keine Frau für eine Nacht, natürlich nicht. Sie ist die Frau für 1001 Nacht.
» Wäre es als Entschuldigung angemessen, wenn ich zwei Eis hole, Prinzessin?«
Jana nickt milde.
» So sei es.«
In den Herrscherhäusern sind die Säle erst recht schwülstig ausstaffiert, prunken in Rot und Gold. Und die beiden Thronsessel sind sogar komplett ins Edelmetall der Sieger getunkt. Nebenan in der Silberpagode protzt ein Buddha in Lebensgröße, 90 Kilogramm pures Gold wiegt der Kloß und ist von tausenden Diamanten überzogen, der Kachelboden glänzt so silbrig wie zuvor der Mekong.
» 1866, zur Kolonialzeit, haben die Franzosen den Palast erbaut und cremefarben überzogen.«
Jana kennt Details, die so auch in einer Klatschzeitschrift stehen könnten:
» König Norodom Sihamoni hat bis zu seiner Krönung 2004 in Paris gelebt. Als Balletttänzer.«
» Ach …?« Ich weiß nicht so recht, ob das zur Grundausbildung einer Majestät gehört.
» Ja nun, der Märchen-Monarch ist schwul.«
» Na dann.«
Ein Palastwächter winkt zum Ausgang. Schade, unsere Zeit ist viel zu schnell um. Nach der Fast-Forward-Führung sind wir zwar wieder verschwitzt, haben allerdings Glück gehabt, wie wir am Ausgang lesen: Wegen eines Empfangs des Königs bleibt der Palast am nächsten Tag geschlossen.
» Oh nein, das ist ja blöd für die anderen«, stutzt Jana und fährt sich durch die Haare, » tja, dann müssen wir ihnen eben alles erzählen. Eigenartig, dass wir hier unseren Oldies nicht begegnet sind.«
» Die haben Stammtisch«, bemerke ich so beiläufig wie möglich.
» Oh, wie schön.« Für Jana ist es die normalste Sache der Welt.
Als wir zurück zum Hotel schlendern, hängen vor einem Laden auffallend viele Herzen, die in der Sonne rötlich aufflackern und sich leicht hin und her drehen.
Jana schlägt sich vor die Stirn. » Ah ja klar, heute ist doch Valentinstag!«
Ausgerechnet heute. Verdammt! Woher soll ich das denn wissen. Im Urlaub! Das weiß ich doch schon zu Hause nicht. Jetzt stehe ich mit leeren Händen da, ausgerechnet jetzt. In einer romantischen Kurzschlussreaktion ziehe ich sie in den Laden, suche flugs ein Herz aus, das mir nicht ganz so verkitscht erscheint, zahle und hänge es Jana wie eine Medaille um den Hals. » So, bitteschön. Thema durch.«
» Das wäre nicht nötig gewesen, ist trotzdem nett«, sagt sie charmant schmunzelnd.
Nicht nötig, das vielleicht. Aber Frauen freuen sich ja dann doch über solche kleinen Gesten, erwarten sie eigentlich sogar, und natürlich sollen wir Jungs es ehrlich meinen. Einverstanden, prinzipiell ist das auch okay. Nur – wie ehrlich ist bitteschön Stuss an der Schnur? Gefühlsgedöns, das ist es! Das wird uns Männern in Geschäften oder auf der Kirmes permanent und penetrant vor die Nase gehängt, damit wir nur ja ein schlechtes Gewissen kriegen, wenn wir daran vorbeigehen. Aber das lasse ich mir von dieser plüschigen rosa Herzchen-Mafia nicht einreden, pah!
» Betrachte dieses Stoffherz bitte als Sinnbild für etwas viel Größeres, Wahrhaftigeres. Silberringe, Diamantenklunker, Bernsteinzimmer …«
» Hey«, fällt sie mir ins Wort, » jetzt redest du so kitschig, wie das
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