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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Albtraum verzerrt worden war. Nirgends ein rechter Winkel, nirgends ein Flecken Farbe, nirgends eine gelungene Proportion oder einen Gestalt, die dem Auge gefällig gewesen wäre. Eher wirkte es noch wie ein Friedhof, auf dem zerschossene und ausgebrannte Schiffe zur Schau gestellt wurden. Ein grotesker Skulpturenpark, eine Ausstellung, in der nur Zerstörung und despotische Macht verherrlicht wurden. Wir standen da und schauten in diese Wüste der Hässlichkeit und des Todes und konnten es nicht begreifen.
    »Wisst ihr, was das ist«, flüsterte Jill nach einer Weile.
    Wir wussten es. Mit kaltem Frösteln stellten sich meine Nackenhaare auf, als mir bewusst wurde, wo wir waren. Auf einmal wurde alles ganz klar, auf grausige Weise einsichtig. Die Teile des verworrenen und perversen Puzzlespiels fügten sich zusammen und ergaben ein unzweideutiges, wenn auch vernichtendes Bild.
    »Ein Freilichtmuseum«, sagte Jennifer mit bitterem Sarkasmus in der Stimme.
    Sie hatte recht. Es war ein Skulpturenpark, und die ausgestellten riesenhaften Skulpturen waren nichts anderes als die zusammengeräuberten und zerstörten Denkmäler der unterworfenen Kulturen, die das Sinesische Imperium in den vergangenen Jahrhunderten unterjocht hatte. Die größten Schiffe, die kostbarsten Bauwerke, die heiligsten Tempel und die ehrwürdigsten Stätten von tausenden von Welten hatte man hierher verfrachtet und sie hier aufgebaut. Es war eine gigantische Trophäensammlung, ein Heldengedenkplatz, eine Hall of Fame unter freiem Himmel, eine via triumphalis. Denkbar, dass hier Paraden abgehalten wurden oder dass die Gesandtschaften tributpflichtiger Völker hier zur Einschüchterung entlanggeführt wurden.
    »Mein Gott«, seufzte Lambert. »Das ist von allen sinesischen Monstrositäten, die mir begegnet sind, die monströseste.«
    Aber unsere düstere Betrachtungen wurden jäh unterbrochen.
    »Wir bekommen Besuch«, säuselte Jennifer. Sie deutete in die Tiefe und machte uns gleichzeitig ein Zeichen, uns wieder mehr in den Schatten der Säulenreihen zurückzuziehen.
    Am Fuß des Hügels, auf dem unser Schiff gelandet war, fuhr eine Patrouille vor. Ein schwerer und gepanzerter viersitziger Gleiter wurde von sechs einsitzigen eskortiert, drei surrten vorneweg, drei tuckerten mit gedrosselten Feldgeneratoren hinterher. Auf ihnen saßen uniformierte und bewaffnete Sineser in den schwarzen Kampfanzügen der Eliteeinheit. In dem Viersitzer saß ein hoher Offizier, umgeben von einem Fahrer und zwei Adjutanten.
    »Oh, oh«, machte Jennifer. Dann gab sie in eiligen gehuschten Befehlen einen Plan aus. »Wir lassen sie so nahe wie möglich herankommen. Konzentriert euer Feuer auf die Eskorte. Wir entern den schweren Gleiter und machen uns aus dem Staub. Und bis dahin Funkstille.«
    Wir drückten uns an die Pfeiler und sahen zu, wie das Kommando zum Halten kam. Der dicke Offizier stieg aus. Er wirkte selbst für einen Sineser ungelenk und übergewichtig. Es war ein alter Bonze mit wächsernem Gesicht. Er musste wenigstens einhundertundzwanzig Standardjahre alt sein, und er wog mindestens fünfeinhalb Zentner. Sein Gestank hätte ausgereicht, um auf der Erde eine ganze Stadt unbewohnbar zu machen. Er bleckte die gelbschwarzen, handlangen Hauer, die aus seinem Maul hervorragten, und sah sich mürrisch um. Mit einer herrischen Handbewegung bedeutete er seinen beiden Begleitern, ihm zu folgen. Die anderen sollten bei den Fahrzeugen zurückbleiben.
    Es war schwer zu sagen, was für eine Meldung ihn hierher gerufen hatte. Was mochte sein Auftrag sein. Vermutlich wusste er nicht mehr, als dass bei der routinemäßigen Inspektion des Schiffes irgendetwas vorgefallen war. Jedenfalls schien er sich vollkommen sicher zu fühlen. Mit pendelnden Schritten kam er die Rampe heraufgeschnauft. Mit jeder Bewegung kam er näher. Wir konnten die toten Augen vor sich hinstarren sehen, Reptilienaugen, und wir spürten den atemnehmenden, fäulnishaften Dunst, der uns entgegenschlug.
    Jennifer dirigierte uns lautlos im Schutz der Säulenreihen. Sie zeigte jedem, worauf er feuern sollte. Sie selbst wollte sich den Dicken vorbehalten wissen. Das Kommando war zahlenmäßig gering. Wir hätten auch damit rechnen können, dass das ganze Gelände von mehreren Hundertschaften umstellt worden war. Man schien keine Ahnung von unserer Anwesenheit zu haben. Aber wir durften nicht leichtsinnig sein. Es waren Elitekämpfer. Und auf der Rampe gab es keinerlei Deckung. Sowie wir uns zu erkennen

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