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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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bildeten. Und gegen die unstofflichen Nebelstrukturen waren die Geröllwüsten von einer geradezu obszönen Gegenständlichkeit.
    »Noch ein Drink, Commander?«
    Die Aufmerksamkeit der Ordonnanz weckte mich aus meiner Versunkenheit. Den ganzen Tag hatte ich am Deepfield verbracht und die unermessliche Ausdehnung dieses Sternenfeldes nach weiteren Sonnen und ihren Planeten durchforstet. Jetzt war ich abgespannt. Ich ging ganz im Schauen auf. Wie am Meer oder im Gebirge konnte ich auch angesichts dieser eindrucksvollen Strukturen stundenlang dasitzen und die Blicke selbstvergessen über die Gasausbrüche und Staubwirbel schweifen lassen.
    »Gerne«, sagte ich und nickte der Kleinen in ihrer adretten weißen Luftwaffenuniform wohlwollend zu.
    Sie verschwand hinter ihrer Bar und kam mit einem neuen Glas zurück.
    »Ganz allein, Sir?«, fragte sie scheinheilig, als sie es vor mich hinstellte. »Treffen Sie sich gar nicht mehr mit Ihrem Kollegen?«
    Ich nippte am Whisky und sah zum Drohnendeck hinüber. Wie imposant musste erst der Blick in umgekehrter Richtung sein. Man würde die, um ein Segment verkürzte und dadurch ein wenig untersetzt wirkende MARQUIS DE LAPLACE vor der Schwärze des intergalaktischen Kosmos schweben sehen. Es bedurfte scharfer Augen, um in einer unbestimmten Entfernung dahinter die restlichen Galaxien der Lokalen Gruppe auszumachen, die um Andromeda und die vergleichsweise kleine Milchstraße kreisten. Und in einigen Wochen würde man gar nichts mehr sehen, denn die MARQUIS DE LAPLACE hätte sich in den Nachbarquadranten begeben und die ausgesetzte Einheit sich selbst und einer ungewissen Zukunft überlassen.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Er ist, sagen wir: beschäftigt«, meinte ich ausweichend. »Es gibt für die operativen Einheiten derzeit viel zu tun.« Ich nickte zu Segment VI hinüber, das auf Augenhöhe jenseits der künstlichen Palmeninseln schwebte. Dann fasste ich sie am Handgelenk und zog sie heran. »Und im übrigen«, setzte ich leise hinzu, »waren wir nicht schon beim Du?«
    Sie grinste kokett und machte sich von mir los. »Waren wir das, Commander?«, zwitscherte sie schnippisch und entfernte sich wieder Richtung Bar.
    Ich sah ihr schmunzelnd nach und vertiefte mich in den Alkohol, in die gedämpfte Musik und in die alles Begreifende zersprengende Aussicht. Noch vierzehn Tage, dachte ich, oder drei Wochen, dann würden wir zweitausend Mann und wertvollstes Gerät hier zurücklassen. Ihr Überleben in dieser Einöde würde ebenso ungewiss sein wie unsere Wiederkehr.
    Ich sah mich in der Bar um. Seit einiger Zeit war ich der einzige Gast. Und die kleine Ordonnanz war die einzige Bedienung, die ihre beiden Kollegen vor mehr als einer Stunde fortgeschickt hatte. Es war lange nach Mitternacht. Die Bar hatte offiziell längst geschlossen. Der Fahrstuhl war abgeschaltet. Die Kasse war für heute durchgebucht. Die Musik wiederholte sich, seit ich hier saß, zum dritten Mal. In weniger als sechs Stunden musste ich meinen Dienst in der Planetarischen antreten. Noch waren die Listen der Angehörigen der Wissenschaftlichen Abteilungen wie auch der Fliegenden Crew, die auf Eschata I zurückgelassen werden würden, nicht durchgesehen und abgezeichnet. Morgen jedoch würde ich Rogers die endgültige Auswahl vorlegen müssen, damit Commodore Wiszewsky sie unterzeichnen konnte. Zweitausend Namen. Die meisten davon waren mir gleichgültig. Nur bei einigen Dutzend verband ich eine Person damit. Und nur bei zwei oder drei Positionen auf der langen Liste spürte ich das Gewicht der Verantwortung, das mit der endgültigen Unterfertigung verbunden war. Es war, als spiele man Gott. Ich hatte zu entscheiden, wer hier blieb und wer mit uns kam. Wenn abzusehen gewesen wäre, auf welcher Seite das größere Risiko lauerte, hätte man mich der Befangenheit zeihen können.
    »Haben der Herr Commander noch einen Wunsch?«, fragte die Kleine
    Sie sah nach der Uhr und kam dann auf mich zugeschlendert.
    »Setz’ dich «, sagte ich. »Ich lad’ dich zu einem Drink ein.«
    Sie zog ihr herablassendes Grinsen noch ein wenig mehr in die Breite. Dann zuckelte sie mit ausladendem Hüftschwung zur Bar und ließ sich eines dieser grellbunten Modegetränke ein.
    »Hat der Herr Commander niemanden zum Reden«, fragte sie, als sie neben mir Platz nahm.
    Wir stießen an und schlürften an unseren Gläsern.
    Ich ließ einige Minuten vergehen, bis sich ihre Aufmüpfigkeit gelegt hatte. Dann erzählte ich ihr von den

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