Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
Vom Netzwerk:
Kabine ein und verfasste Essays über den Substanzbegriff bei Lukrez oder über die ontologische Differenz. Eines Tages würde er wieder auftauchen. Er würde, den brustlangen weißen Bart streichend, auf die Messen geschlurft kommen oder sich auf einem privaten Kanal melden und einen mit just dem Gedanken überfallen, der ihn in genau diesem Augenblick beschäftigt hatte. Bei unseren Zusammenkünften in der Sky Lounge ließ er sich verleugnen, und ich ging von nun an allein dorthin, um zum Abschluss eines anstrengenden Tages einen Drink unter der Kuppel zu nehmen, die atemberaubende Blicke auf die zimtfarbenen Staubwolken der Sternenkrippe gestattete.
     
    Steingraue und staubblaue Ebenen. Von Gebirgen durchzogen, die sich ringförmig zu großen Ketten zusammenschlossen. Zwischen ihnen lagen ausgedehnte Mare. Die Atmosphäre war zwar nicht zu atmen, entsprach nach Dichte und Zusammensetzung jedoch in etwa der irdischen. Die mittleren Temperaturen lagen nur knapp unter dem Gefrierpunkt. Außenarbeiten würden in leichten Schutzanzügen möglich sein, in denen die Teams sich ohne Einschränkungen bewegen konnten. Große Mengen Wassers und gefrorenen Kohlendioxids waren im Permafrostboden, vor allem im Bereich der Polkappen, gebunden. Aus den Stickoxiden der Atmosphäre ließ sich Sauerstoff gewinnen. Die Gebirgszüge enthielten große Vorkommen an Zink, Kupfer, Bauxit und anderen Erzen, sowie Uran und Wolfram, das für den Aufbau einer Serienproduktion von Warpspulen unerlässlich war. Der Planet zog friedlich unter uns dahin. Die an Methan und Edelgasen reichen Atmosphäre bildete fast keine Wolken, sodass die Felsregionen und die geröllbedeckten Ebenen klar einzusehen waren, wie eine Steppen- und Gebirgslandschaft Zentralasiens. Die Polkappen schimmerten bläulich. Die Nachtseite war von undurchdringlichem Schwarz. Aber gegenwärtig schwebten wir in einem hohen Orbit über der beleuchteten Hemisphäre, die vom kalten, stahlweißen Licht der Zentralsonne in die Aura eines scharfen Wintermorgens getaucht wurde. Die Scherzkekse von der Planetarischen hatten diese Welt auf den bedenklich stimmenden Namen Eschata I getauft, nach Alexanders letzter Gründung im fernen Skythien.
    Wir befanden uns an Bord der ENTHYMESIS. Da selbst in dieser Phase der Menschheitsentwicklung, in der wir uns anschickten, entlegene Galaxien zu besiedeln, immer noch galt, dass drei oder vier Paar menschlicher Augen mehr sahen als hunderte von Drohnen, hatte Wiszewsky die ENTHYMESIS-Flotte ausgesandt, um die komplizierten Manöver zu überwachen. Gegenwärtig schwebten wir  über der Segmentkupplung, die von den Nachschub- und Versorgungstrakten in Segment V zum Kleinen Drohnendeck in Segment VI führte. In den letzten Wochen hatten komplexe Umgruppierungen am Titanstahlleib der MARQUIS DE LAPLACE stattgefunden. Dutzende Decks in jedem Segment waren umgebaut worden. Tausende von Tonnen an Material wurden bei den Umrüstungen bewegt. Ein Drittel der Besatzung unseres Mutterschiffes, war innerhalb seiner endlosen Sektoren umgesiedelt worden. Das Ergebnis lag nun vor uns im Raum, einige tausend Kilometer über den anthrazitfarbenen Geröllebenen des Planeten Eschata I; wir sahen auf ein Schiff, das mehrere autonome Habitate in sich barg. Drei völlig autarke Einheiten waren geschaffen worden, die aus jeweils über eintausend Personen bestanden und die zu Erprobungszwecken schon seit etlichen Tagen von den Kreisläufen des restlichen Schiffes abgeschnitten worden waren.
    Die Automatik der ENTHYMESIS war online mit der Hauptsteuerung des Mutterschiffes. Wir verließen unsere Plätze und begaben uns an die große Panoramascheibe, die die ganze Backbordseite der Brücke einnahm. Vor uns öffnete sich die Schlucht, die zwischen den Segmenten V und VI ausgespart geblieben war. Ein Abgrund, mehrere hundert Decks tief und dreißig Meter weit. Parallele, spiegelglatte Stahlfluchten, die das fahle Licht der fremden Sonne hin und herwarfen. Die Verbindungsgänge, die alle zehn Decks von einem Segment zum anderen führten, wurden eingezogen. Manche verschwanden zur Linken in Segment V, während die anderen nach rechts eingefahren und in Segment VI verankert wurden. Auch zahllose Schläuche, Kabelbäume, Treibstoff- und Energieleitungen und offene Laserverbindungen wurden gekappt. Mit unhörbarem Klicken und Knacken, das in den luftleeren Weiten des Kosmos verschollen ging, wurden überall Schleusen geschlossen, Kupplungen getrennt, Stutzen ausgestoßen und

Weitere Kostenlose Bücher