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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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und wedelte mich dann wie einen lästigen Fliegenschwarm mit der gichtgezeichneten Linken aus dem Besprechungszimmer.
    Ich ging zum nächsten offenen Terminal und setzte den Marschbefehl ab, wie er aus Wiszewskys nicht weiter hinterfragbarer Entscheidung resultierte. Da Laertes unauffindbar war und da ich den Bogen nicht überspannen wollte, verzichtete ich darauf, den Abend in der Sky Lounge zu verbringen, und fand mich stattdessen in unserer privaten Kabine ein. Seit das Kleine Drohnendeck abgekoppelt war und Reynolds Arbeitsgruppe ihr Equipment für die Expedition nach Eschata I verpackt hatte, war Jennifer genötigt, wieder in unserer kleinen Suite zu nächtigen. Sie sah nicht auf, als ich das Zimmer betrat, und würdigte mich keines Wortes. Ich ging in die Nasszelle, um mich für die Nacht fertigzumachen. Dann stand ich, nur noch mit der Uniformhose bekleidet, am Fenster, dessen Polarisation ich hatte aufheben lassen, und schaute zu den graublauen Einöden des Erzplaneten hinunter.
    »Hast du den Marschbefehl erhalten«, fragte ich.
    Sie tat eine Weile so, als habe sie mich nicht gehört, und räumte in ihrer Ausrüstung herum.
    »Ja«, sagte sie schließlich.
    »Ich wollte nur klare Verhältnisse haben«, gab ich zurück.
    Sie stieß verächtlich die Luft durch die Nase aus. Dann warf sie sich herum und verschwand für eine Stunde in der Nasszelle. Ich legte mich aufs Bett und studierte auf einem kleinen MasterBoard die Daten für den morgigen Einsatz, bei dem wir Reynolds offiziell verabschieden würden.
    Als sie aus der Dusche kam, war sie in ein großes Tuch aus weißem flauschigen Elastil gewickelt. Sie überwand die drei Schritte von der Nasszelle bis zum Bett wie ein Stoßtruppführer, der ungedeckt einen Streifen Feindesland überwinden muss. Dann stand sie da und glühte mich herausfordernd an. Ich sah, dass sie sich ein paar neue Schachzüge zurechtgelegt hatte.
    »Man tratscht über dich«, stieß sie hervor.
    »Du bist tatsächlich wie das alte Waschweib Reynolds«, versuchte ich so herablassend wie möglich zu kontern. »Glaubst du, es schiert mich, was die Leute reden.«
    »Es fällt auch auf mich zurück«, antwortete sie rasch. »Noch sind wir verheiratet. Und wir galten einmal als das ideale Paar, zu dem die ganze Fliegende Crew aufsah.«
    Ich musste lachen. »Gerüchte gibt es, seit dieses Schiff den Jungfernflug angetreten hat. Die Mannschaften sind nervös, da werden ihre Tratschereien notwendig ein wenig gehässiger.« Ich musterte sie intensiv, die das Haar in den Nacken warf und meinen Blicken selbstgewiss standhielt. In ihrem stolzen Zorn war sie von strahlender Schönheit.
    Sie holte zum Gegenschlag aus, aber ich ließ sie nicht zu Wort kommen. Mit erhobener Hand wehrte ich ihre Attacke ab.
    »Was dich dagegen angeht«, sagte ich langsam, »so weiß ich nicht, was für einen Eindruck dein übertriebenes – Engagement für Reynolds auf die Besatzung macht.«
    Sie hatte den Kopf gesenkt und atmete tief, in den schweren gleichmäßigen Zügen, die sie ihrem Prana-Bindu-Training verdankte. Sowie sie sich wieder im Griff hatte, hob sie ganz langsam und drohend den Kopf. Ihr Blick hatte stoffliche Qualität. Er ging wie kalter Stahl durch mich hindurch.
    »Im Gegensatz zu dir«, grollte sie, »habe ich nicht mit Reynolds geschlafen.«
    Mein Kichern geriet etwas zu gekünstelt, dennoch war es spontan und absolut authentisch.
    »Wüsste nicht, dass ich mit meinem WO Unzucht getrieben hätte«, witzelte ich.
    »Du weißt genau, was ich meine!«, brüllte sie.
    Mit einemmal war sie flammendrot. Ihr Gesicht brannte lichterloh. Selbst ihre Oberarme verfärbten sich. Ihre Hände zitterten in einer Art von Starrkrampf.
    »Du wolltest, dass ich mir eine Beschäftigung suche«, sagte ich kraftlos.
    Sie lachte hysterisch auf. »Ist ein Verhältnis mit einem zwanzigjährigen Flittchen eine Beschäftigung?«, schleuderte sie mir entgegen. »Oder, ich vergaß, wenn man seine treuesten Untergebenen abserviert?!«
    Sie schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. Und obwohl diese theatralische Geste hätte einstudiert wirken können, machte sie auf mich einen echten Eindruck. Ich starrte vor mich hin und versuchte krampfhaft, mir eine neue Verteidigung einfallen zu lassen. Aber ich war auf einmal vollkommen leer.
    »Dein Schweigen spricht für sich«, stellte sie fest. »Ich könnte dich jetzt fragen: wer ist es, wie lange geht das schon? Aber ich will es überhaupt nicht wissen.« Sie stand am Fußende des

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