Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
hellblauen Kuppeln der Wohnzelte unterscheiden, selbstaufblasende Zweimannunterkünfte aus isolierendem Elastil. Sie boten dem ersten Anschein nach mehreren Hundertschaften Platz. In einiger Entfernung hoben sich die schwarzen Quader der automatischen Verhüttungsstationen ab. Große Container von den Ausmaßen einer Reihenhaussiedlung, wo die angelieferten Erze aufbereitet wurden. Zwischen diesen genormten und standardisierten Stahlwerken und der Wohnsiedlung erhob sich noch ein einzelnes längliches Gebäude. Es sah wie ein großes Bierzelt aus, oder wie eine rasch hochgezogene Fabrikhalle aus Wellblech. Das war die Montagehalle. Die charakteristischen Spuren von Raupenfahrzeugen bildeten ein improvisiertes Straßennetz zwischen diesen Fixpunkten und der Umgebung. Solange wir noch hoch genug waren, konnte man in der Ferne einige Stollen ausmachen, die von Schürfrobotern in den Untergrund getrieben worden waren. Dort endeten die Kettenspuren in schwarzen Schächten, die in flachen Winkeln im Boden verschwanden.
Je dichter wir herunterkamen, umso mehr Einzelheiten konnten wir unterscheiden. Das Vorauskommando hatte ganze Arbeit geleistet. Einzelne Personen waren zu erkennen, die in weißen Schutzanzügen zwischen den verschiedenen Gebäuden hin und herliefen. Über dem größten Zelt der Wohnsiedlung wehte der Wimpel der Union. Dann wirbelte unser Rückstoß zuviel Staub auf. Die Soldaten beeilten sich, einen Unterstand aufzusuchen. Jennifer schwenkte seitlich ab und setzte außerhalb des Camps auf.
Sowie die Triebwerke abgeschaltet waren, die Generatoren verebbten, der Staub in der Umgebung sich legte und Jennifer verkündete, dass die ENTHYMESIS auf Eschata I gelandet war, begab ich mich in Richtung Schleusenkammer. Lambert erinnerte mich daran, dass wir Schutzanzüge überstreifen mussten.
»Selbstverständlich«, lachte ich zerstreut. »Sie haben recht.«
Ich bog links ab und ging in den Vorraum, in dem unsere Anzüge schon aus ihren Futteralen gefahren kamen.
»Danke, Lambert«, sagte ich, während wir uns die dünnen Anzüge aus sensoriellem Gewebe über die Uniformen zogen. »Wenn man hinaussieht, sollte man meinen, eine starke Sonnenbrille müsste genügen.«
Jennifer verdrehte die Augen und stopfte ihren Pferdeschwanz in den Helm. Taylor war schon fertig und stand, das MasterBoard unter dem Arm, vor der Schleusenkammer. Als alle soweit waren, stellten wir den Druckausgleich her und schritten die Steuerbordrampe hinab.
Grelles staubiges Licht brach über uns herein. Die Polarisation des Helmvisiers ging selbsttätig auf sechzig Prozent. Ich wies sie mündlich an, auf achtzig Prozent zu gehen. Was für eine gleißende Helle! Der Himmel war weiß. Das Geröll, auf das sich der aufgewirbelte Staub wie frischer Schnee absetzt, und die Felsformationen in einiger Entfernung wirkten wie gebleichte Skelette, die aus feinem Knochenmehl aufragten. Die starke Abschirmung unserer Visiere bewirkte, dass die Schlagschatten, die alle Gegenstände warfen, von undurchdringlichem Schwarz waren, während die Sonnenseiten immer noch schmerzhafte Lichtfluten verströmten. Blinzelnd, mit tränenden Augen strauchelten wir durch eine Scherenschnittwelt aus hart gestanzten Silhouetten.
Eine Abordnung des Vorauskommandos kam uns entgegen. Der Führungsoffizier begrüßte uns und machte Meldung. Ich nahm seinen Bericht ab und bedeutete ihm dann, er solle vorausgehen. Zwei Schürfroboter von der Größe eines Zwanzig-Personen-Shuttles rumpelten vorbei und verschwanden, sich in dichte weiße Staubwolken hüllend, in der Ebene. Die Cargodrohnen hatten in den letzten Wochen ordentlich zu tun gehabt. Aber was hier ins Werk gesetzt worden war, beeindruckte mich selbst, wie ich es nun aus der Nähe sah, obwohl sämtliche Materiallisten dazu über meinen Schreibtisch gegangen waren.
Die Zeltstadt, die aus der Luft so übersichtlich gewirkt hatte, war aus der Perspektive eines geblendeten Fußgängers verwirrend und überwältigend. In jeder Richtung schienen sich die übermannshohen blauen Kuppeln aus selbstaufblasendem Elastil in langen Fluchten zu erstrecken. Soldaten und Techniker stapften dazwischen herum. Das Ganze sah aus wie ein orientalischer Basar oder das Sommerlager tibetanischer Nomaden, und doch wusste ich, dass alles einem präzisen Plan gehorchte und dass es keinen Gegenstand und keine Handbewegung gab, die zufällig gewesen wäre.
Wir überquerten die Hauptstraße des Camps. Eben kehrte ein vollautomatischer
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