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Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Titel: Music from Big Pink: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Richard kramte zwischen all dem Zeug herum und fand ein Päckchen Marlboros. Er steckte sich eine an und nahm seinen Monolog wieder auf, redete über seine Familie daheim in Stratford, Ontario. Richard hatte drei Brüder. Sein Vater malochte in einer Autofabrik, seine Mutter war Lehrerin. Und jetzt lag er hier rücklings auf einem dicken Läufer in einer Villa in den Bergen, nuckelte an einer zwanzig Dollar teuren Flasche Rotwein und war Pianist für einen der größten Rockstars Amerikas.
    Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, wie Grossman Michelle herbeiwinkte. Sie durchquerte den Raum und beugte sich hinab, um mit ihm zu reden. Sie strich sich das blonde Haar hinters Ohr, um besser zu verstehen, was immer er ihr zu sagen hatte. Ihr Blick schweifte kurz zu mir herüber und kehrte dann wieder zu ihm zurück. Was zur Hölle war da los? Ich drehte mein Gesicht immer noch Richard zu, verfolgte ihr Tête-à-tête aber weiter aus den Augenwinkeln. In der Gesellschaft solcher Leute konnte man gar nicht paranoid genug sein. Grossman erhob sich. Er tat sich schwer dabei – immerhin war er ein großer, massiger Mann, ziemlich stoned, und sein Hintern tief in die weiche Couch versunken. Mit seinem wuscheligen grauen Haar, dem grauen Pulli und seinem grauen Gesicht sah er aus wie eine aufsteigende Rauchwolke. Aber Michelle legte ihm die Hand auf die Schulter und redete auf ihn ein. Er setzte sich wieder, und Michelle kam durch den Raum auf uns zu.
    »Greg, kann ich mal kurz mit dir reden?«
    »Worum geht’s?«
    Sie blickte sich um, kniete nieder und flüsterte mir ins Ohr: »Schau mal, es tut mir ehrlich leid, aber Albert sagt, du musst gehen.«
    Ich sah sie an.
    »Tut mir leid. Aber das hier ist halt eine Privatparty. Und es war eigentlich nicht geplant, dass du bleibst.«
    Richard beugte sich vor. »Stimmt was nicht, Mann?«
    »Dein Manager sagt, ich muss gehen.«
    Barsch fuhr Richard Michelle an: »Du kannst Albert ausrichten, dass er mit mir hier ist.«
    »Komm schon, Richard. Es tut mir ehrlich leid.« Nervös strich sie sich das Haar zurück. »Aber du weißt doch, wie er ist, wenn irgendwer in Bobs Nähe …«
    »Greg ist mein Freund. Er ist nicht einfach irgendwer . Und Bob geht das eh am Arsch vorbei.«
    »Schon okay, Mann.« Ich stand auf. »Ich wollte ohnehin noch in die Stadt.« Ich war froh über das schummrige Licht. So konnte niemand sehen, wie ich errötete.
    »Danke, Greg. Ich … weißt du«, stammelte Michelle, »ich tu das wirklich nicht gern.«
    Richard leerte die Flasche, setzte sie ab und blickte zu mir auf. »Willst du rüber zu Deanie’s?«
    »Gute Idee.«
    Schwankend kam er auf die Beine.
    Als wir gingen, lachte Dylan gerade über eine Bemerkung Neuwirths. Er hielt den Kopf gesenkt, zwischen seinen Fingern glühte eine Zigarette – wie eine Zündschnur.
    * * *
    Ein paar Wochen nach dem Autounfall, kurz vor Silvester, stand ich an einem frostigen Dienstagnachmittag in der Apotheke an, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um, und da war sie: Ihr schwarzes Haar blitzte unter einer Holzfäller-Fellmütze hervor, und sie trug eine übergroße Wildlederjacke mit Kunstfellbesatz und Fäustlinge. »Hi, Greg!«
    »Ähm, hi. Ich dachte, du wärst wieder zu Hause?«
    »Ja, war ich auch. Wie geht’s dir?«
    »Gut … ja, wirklich gut. Was treibst du hier?«
    »Ich wollte nur eben einen Scheck einlösen. Jenny und ich werden ein paar Tage hierbleiben … wir sind bei Warren und seinen Leuten untergekommen. Wir haben ein paarmal versucht, dich anzurufen.«
    »Ach ja? Wolltet ihr irgendwas Bestimmtes?«
    Ich hatte das gar nicht so gemeint, wie es klang. Oder vielleicht doch.
    Skye sah mich an. »Eigentlich wollten wir bloß fragen, ob du Lust hättest, na ja, ein bisschen mit uns rumzuhängen.«
    »Wie geht’s Rick?«
    »Ich glaube, die Jungs sind in New York«, sagte sie und blickte zur Seite. »Nehmen wohl auf oder so.«
    Ich nickte, starrte auf das Regal mit Mundwasser und sagte gar nichts. Mir fiel auf, wie zierlich sie in diesen viel zu großen winterlichen Arbeitsklamotten wirkte (und wessen Klamotten waren es eigentlich?). Ich dachte auch, wie smart sie doch aussah, was wohl daran lag, dass ich das Gefühl nicht loswurde, sie würde ständig gegen ein Lächeln ankämpfen, als hätte sie diese Szene bereits aus sämtlichen Perspektiven durchgespielt und wäre mir zwei Züge voraus, während ich immer noch versuchte, die Regeln zu verstehen.
    »Also, was hast du heute Abend vor?«, fragte

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