Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
ist des Müllers Lust …« Nach der dritten Zeile hörte sie auf, weil niemand mitsang. Es wurde still, und als wir Akko erreicht hatten, mußten wir alle geweckt werden.
    Zuerst zur Kreuzfahrerstadt. Die reiselustigen Herren Ritter müssen eine besondere Vorliebe für diese reizvolle Gegend gehabt haben, sonst hätten sie sich nicht überall an der Küste etabliert. Sogar Richard Löwenherz ist hier gewesen. Nach gebührender Bewunderung der übriggebliebenen Ruinen zogen wir in die Altstadt und dort als erstes zur Moschee des türkischen Paschas Ahmed. Wer genau das gewesen ist, weiß ich nicht mehr, aber Ahmed heißt übersetzt ›der Preiswürdige‹, und wenn man das auf sein Heiligtum bezieht, stimmt es. Die Moschee, im 18. Jahrhundert erbaut, ist sowohl innen als auch außen wunderschön, etwas irritierend nur die an einer Seite plazierte Standuhr, eindeutig europäischer Herkunft und etliche Jahrzehnte jünger.
    Allerdings wurde Pascha Ahmed auch El Jezzar genannt, was auf deutsch ›der Schlächter‹ bedeutet, und da er mit Sicherheit nicht der Metzgerzunft angehörte, dürfte er seinen Beinamen aus weniger nahrhaften Gründen bekommen haben.
    Es gibt viel zu besichtigen in der Altstadt von Akko, vor allem Islamisches, doch irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem man nichts mehr so richtig aufnimmt. Waren es nun die Karmeliter oder die Johanniter, die hier ihr Hauptquartier errichtet hatten, ist Pascha Djazzar verwandt mit Ahmed Jezzar (es ist derselbe!), und was hat Kaiser Wilhelm mit dem Uhrturm in der jahrhundertealten Karawanserei zu tun? Ich hab’s ganz einfach vergessen.
    Endlich hatte Menachem ein Einsehen und ließ uns von der Leine. Den Shuk, wie der Basar auf gut orientalisch heißt, durften wir ohne Leithammel durchwandern, sogar eine Stunde lang, doch dann bitte pünktlich am Bus sein, gleich da drüben neben dem Torbogen. Und nichts von dem essen, was so reichhaltig feilgeboten wird, europäische Mägen seien darauf nicht programmiert.
    »Denkste!« sagte Irene, nachdem wir uns schleunigst verdrückt hatten, um nicht von den Lodenschwestern vereinnahmt zu werden. »Ich habe jetzt wirklich einen Mordshunger«
    Sie hielt auch sofort vor einer – ja, was war das nun eigentlich? Eine Bratküche? Ein Imbißstand? In mehreren Töpfen blubberte es, daneben lag mit Papier abgedecktes Fladenbrot, nur was da so vor sich hin brodelte, hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem uns bekannten Gericht.
    »What is this?« Irene deutete auf den Topf mit der graugrünen Pampe, die trotz ihres zweifelhaften Aussehens einen verlockenden Duft verströmte.
    »Hummus.«
    »Aha. Und das da?« Sie zeigte auf den nächsten Topf.
    »Tahina.«
    »What is in it?«
    Der mit einem unserem Nachthemd ähnlichen Gewand bekleidete Verkäufer schüttelte bedauernd den Kopf. Er hatte nichts verstanden.
    Nun verfügt Irene über ein gewisses schauspielerisches Talent. Und so wiederholte sie ihre Frage pantomimisch, und siehe da, der Araber hatte begriffen, was sie wollte. Jetzt kam die nächste Schwierigkeit. Das, was er antwortete, verstanden wir nicht, und seine mimischen Erläuterungen blieben ebenfalls ein Rätsel. So schieden wir, der eine Teil noch immer hungrig, der andere betrübt, weil ihm ein Geschäft entgangen war, in gegenseitigem Bedauern.
    »Ich hätte das Zeug ja zu gern mal probiert, aber auf beinahe nüchternen Magen traue ich mich denn doch nicht«, meinte Irene und kaufte am übernächsten Stand ein halbes Dutzend Bananen. Sie kosteten umgerechnet nur Pfennige.
    Vorübergehend gesättigt, stürzten wir uns in das Gewimmel, wurden vorwärtsgeschoben, zur Seite gestoßen, gedrängt, gequetscht und hatten kaum Gelegenheit, die rechts und links ausgestellten Waren anzuschauen.
    »Genau wie bei uns«, keuchte Irene, nachdem sie sich wieder an meine Seite durchgekämpft hatte, »alles kauft kurz vor Ladenschluß ein. Hast du da drüben die herrlichen Seidenstoffe gesehen?«
    Hatte ich nicht. Mich hatten die silbernen Gerätschaften interessiert, die, übereinandergetürmt, nebeneinander aufgereiht, fast den ganzen Laden ausfüllten. Stundenlang hätte ich da herumstöbern können. »Ob die echt sind?«
    »Glaube ich nicht.« Sie griff nach einem kleinen Kännchen und drehte es prüfend nach allen Seiten, bevor sie mit dem Fingernagel vorsichtig auf der Unterseite herumkratzte. Sofort kam der Ladenbesitzer aus seiner Ecke hervor. »Silver! All Silverplates«, beteuerte er lebhaft und drückte mir eine

Weitere Kostenlose Bücher