Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
scheußlich.«
    »Das hört auch wieder auf!«
    Schließlich lagen wir alle im Gras und dösten vor uns hin. Zum Mitsingen eines Chorals, angestimmt von der Huber-Maria, hatte sich außer Alberto und Elena niemand bereitgefunden, und die konnten den Text nicht richtig.
    »Jetzt turtel doch mal ein bißchen mit mir!« befahl Irene halblaut. »Sonst verlieren wir unser Image.«
    »Wie soll ich das denn machen?«
    »Weiß ich doch auch nicht. Vielleicht mal mit ’nem Grashalm kitzeln oder was ins Ohr flüstern – na ja, was man eben so macht, wenn man verliebt ist.«
    »Ich bin seit achtundzwanzig Jahren verheiratet!« erinnerte ich sie.
    »Ja und?«
    »Mit demselben Mann!« Das erschien mir eine hinreichende Erklärung für mein offensichtliches Unvermögen, die verliebte Gans zu spielen.
    »Nicht doch, das kribbelt so!« juchzte sie plötzlich los, obwohl ich überhaupt nichts getan hatte. Prompt drehten sich alle Köpfe nach uns um. Befriedigt legte sich Irene auf den Bauch. »Das genügt erst mal.«
    Endlich tuckerte das Boot heran, offenbar eine Art Privatexpreß, denn es war viel kleiner als das andere und viel schneller. Außerdem gehörte es uns allein.
    »Nachmittag und Abend stehen zu Ihrer freien Verfügung«, sagte Frau Marquardt, bevor wir von Bord gehen durften. »Bummeln Sie durch Tiberias, oder tun Sie etwas für Ihre Gesundheit. Zwei Kilometer von hier finden Sie in Hammat die berühmten heißen Quellen. Vielleicht möchten Sie auch mal auswärts essen, es gibt hervorragende Fischrestaurants …«
    »Ha no, kriege mä denn nix im Hodel? Wir hewe doch Halbpension zahlt!«
    Selbstverständlich könne sie auch im Hotel speisen, nein, der Anteil für nicht eingenommene Mahlzeiten werde nicht zurückgezahlt, ja, die Speisekarten seien überwiegend mehrsprachig abgefaßt, nein, der Bus fahre nicht mehr ins Stadtzentrum zurück, wer jetzt nicht mitkomme, müsse nachher laufen, ja, auch abends, nein, keine Ahnung, ob und wo es ein Nachtleben gibt…
    Die letzte Frage kam von Betti. Wie das denn mit den heißen Quellen sei und ob man einen Badeanzug brauche, sie habe nämlich gar keinen mit.
    Die Huber-Maria meldete sich. »Wann S’ vielleicht meinen nehmen möchten? Passen tät er Ihnen, Sie san ja auch a bisserl mollig. I hab’ ihn nur mitg’nomme fürs Tote Meer zum Einigehn, und angezog’n hab’ i ihn scho lang net mehr.« Meine Vermutung, es müsse sich demnach um ein Produkt kurz nach der Währungsreform handeln, hat sich später bewahrheitet: geblümt und gerüscht.
    »So, und jetzt könnt ihr mich alle mal!« Aufatmend sah Frau Marquardt dem davonrollenden Bus hinterher. Erst dann bemerkte sie uns. »Warum sind Sie nicht mitgefahren?«
    »Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund wie Sie«, sagte Irene. »Mal ein bißchen auf eigene Faust herumziehen und das anschauen, was wir wollen, und nicht, was wir müssen.«
    »Viel Spaß«, meinte sie nur, winkte ein Taxi heran, stieg ein und ward bis zum nächsten Morgen nicht mehr gesehen, eine Tatsache, deren Kenntnis wir Elena verdankten. Und die wiederum hatte die Neuigkeit an die Lodenschwestern weitergegeben. Kurze Zeit später wußten es alle. Elena hatte sich nämlich vor dem Schlafengehen erkundigen wollen, wo sie denn am morgigen Sonntag einen Gottesdienst besuchen könne, und da sei Frau Marquardt noch nicht in ihrem Zimmer gewesen. Beim Abendessen habe sie ja auch schon gefehlt, und jetzt, zum Frühstück, sei sie noch immer nicht da. Ihr werde doch hoffentlich nichts passiert sein?
    »Na, wenn sie so oft hier in Israel ist, wird sie wohl irgendwo einen Lover haben«, sagte Claudia gleichmütig. »Erst habe ich ja gedacht, sie hätte was mit Ihnen« – ein beziehungsreicher Blick streifte Menachem –, »aber da liege ich wohl schief.«
    »Völlig!« bestätigte er denn auch, machte jedoch keine Anstalten, sich näher über Frau Marquardts rätselhaftes Verschwinden zu äußern.
    Im Gegensatz zu unseren Mitreisenden, von denen die meisten die »unwiederbringlichen Eindrücke« (Originalton Susanne) in Ruhe verarbeiten wollten und das Hotelbett für den geeigneten Platz dazu ansahen, waren Irene und ich durch Tiberias gebummelt, zuerst auf der Suche nach etwas Eßbarem, danach zwecks Verbrennung der Kalorien ein bißchen ins Grüne und schließlich bergauf zum Hotel. Oben angekommen, stellten wir fest, daß es der falsche Berg war. Bis wir den richtigen erklommen hatten, war es beinahe dunkel geworden. Eine halbe Stunde Schönheitspflege,

Weitere Kostenlose Bücher