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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Malchow
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Sorge, dass der Zug ausgebucht sein könnte, wenn wir auf die Überweisung gewartet hätten.«
    »Preis war dir egal?«
    »Ja.«
    »Die meisten Touristen wollen möglichst billig.«
    »Ich will möglichst schön.«
    »Bei mir bekommst du beides«, dröhnt mir ein tiefes Seemannslachen entgegen. »Wenn du Hilfe brauchst mit deinem Baby, lass es mich wissen. Tara hat meine Telefonnummer.«
    »Ich auch«, gebe ich lachend zurück und lege gleichermaßen erleichtert und beschwert den Hörer auf, nehme der Asiatin Levi aus dem Arm und gehe hinaus auf die Terrasse mit Baikalblick. Die Sonne scheint, und am Himmel ist kein Wölkchen zu sehen. Levi spielt allein mit seinem Weltenball, und ich spüre dem Telefonat nach.
    Mich ärgert es, wenn Kunden sich von meinen Mitarbeitern intensiv beraten lassen und dann woanders buchen. Weil sie meinen, es dort billiger zu bekommen, ohne zu verstehen, dass wir Lodges und Camps aussuchen, die authentisch und liebevoll geführt sind und nicht mit dem Massentourismus im Bett liegen. Ich finde es gut, dass Wladi mich aufgespürt hat, und ich hoffe, dass er meine Gründe geglaubt und verstanden hat. Trotzdem habe ich ein latent schlechtes Gewissen.
    Der Gedanke, dass ich nun schon einige russische Seelen habe, die über uns wachen, lässt mich entspannen. Das Restaurant ist mittlerweile leer und die Küchencrew mit Putzen der Gästezimmer beschäftigt.
    Levi hat die Terrasse mit Baikalblick zu seinem neuen Zuggang erklärt. Seit zwanzig Minuten spielt er fröhlich quiekend allein mit dem Weltenball. Das Gespräch mit Wladi hat mich Energie gekostet. Vielleicht, weil es mich an die Phase der Reiseplanung erinnert hat? An das alte Zuhause? Wortlose Gedanken sausen in meinem Kopf herum und münden in den Fragen: Werden wir finden, was ich suche? Gibt es ein Familienmodell, das zu mir, zu uns passt? Das uns alle drei leben lässt? Und auch ein Leben zu dritt zulässt?
    Gerade noch rechtzeitig erinnere ich mich daran, dass ich immer dann, wenn ich mir den Kopf zu zerbrechen drohe, in die Welt schaue. Aufbreche. Um vom Grübeln ins Tun zu kommen. Also müssen wir los. Am besten aufs Wasser. Das hat in Sankt Petersburg schon gut funktioniert.
    Eine knappe Stunde später stehe ich mit Levi in meiner Bauchtrage in der Touristeninformation im Hafen von Listwjanka. Hier soll es Tickets für die verschiedenen Fischerboote geben, die in regelmäßigen Abständen anlanden, Leute abladen, neue Leute aufnehmen und wieder lostuckern. Aber irgendwie will die Dame hinter dem hölzernen Schreibtisch von dem Bootstreiben hinter ihrem Rücken noch nie etwas mitbekommen haben. Also warte ich mit Levi auf das nächste Boot, warte, bis alle Leute ausgestiegen sind, steige ein, setze mich auf eine Bank mit Aussicht und warte erneut. Ein freundlicher Mitarbeiter erklärt, dass das Boot erst in zwei Stunden ablegt, also gehen wir wieder von Bord. Das folgende Boot ist überbucht mit einer japanischen Reisegruppe, die wenige Augenblicke zuvor von drei Reisebussen vor dem Hotel Mayak abgeladen wurde, einem gelb-rosafarbenen Turmbau, der laut allgemeiner Reiseführermeinung das beste Haus am Platz mit dem schlechtesten Preis-Leistungs-Verhältnis sein soll. Beim dritten Boot verstehen der Kapitän und ich uns einfach nicht.
    Leicht frustriert und vom Hunger getrieben, landen Levi und ich gegen 13 Uhr in einer Hafenkneipe mit Terrasse direkt über dem Wasser. Wir stärken uns mit schmackhaftem Fisch und Gemüse und bemerken beim Verlassen der blassblau gestrichenen Terrasse Anna, die versunken in ihr Buch auf einem der roten Coca-Cola-Plastikstühle sitzt. Eine halb volle Flasche Rotwein steht auf dem roten Plastiktisch vor ihr. Wir sagen Hallo und gesellen uns zu einer kleinen Gruppe von Russen, die hoffentlich auch auf das nächste Fischerboot wartet. Das Boot kommt, die Gruppe steigt ein, und ich laufe mit Levi hinterher. Die Gruppe geht zum hinteren Teil des Bootes, in dem man draußen sitzen kann, und ich setze mich auf eine freie Bank in ihrer Nähe. Ein Bootsmitarbeiter kommt mit einer Liste zur Gruppe, hakt darauf etwas ab, kommt zu mir und fragt etwas. Ich schaue ratlos. Er fragt die Russen etwas, was ich nicht verstehe. Sie schauen genauso ratlos wie ich. Ich versuche auf Englisch, Deutsch, Spanisch und Zeichensprachlerisch zu erklären, dass ich gerne ein Ticket hätte und wissen wolle, wie lange die Tour dauere. Zwei Stunden, verstehe ich die zum Peacezeichen erhobene Hand hoffentlich richtig. Dann sagt der

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