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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Malchow
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hinter mir steht.
    »Wenn Levi aufwacht, okay?«
    »Okay!«
    Jetzt erst merke ich, dass das englische Paar mich anstarrt. Selbst als ich ihnen direkt ins Gesicht lächle, verändert sich der starre Ausdruck auf den zwei weißen Gesichtern mit leicht nach unten hängenden Mundwinkeln nicht. »Das muss eine Russin sein, eine Verwandte aus Irkutsk«, höre ich die Frau zu ihrem Mann sagen. »Eine Reisende mit Baby, hier in der Wildnis? Unvorstellbar!«
    Kurz überlege ich, welche Antwort passend sein könnte, entscheide mich dann für mein »Ich verstehe leider gar kein Englisch«-Gesicht. Wenig später schlafe ich mit dem festen Vorsatz, mit Levi zum Tscherskistein aufzusteigen, in einem 90 Zentimeter breiten Holzbett, in der gewohnten Funktion des Sicherheitsgitters für meinen quer neben mir liegenden, gleichmäßig atmenden Sohn ein.
    Antikreuzfahrt
    Vor uns auf dem Tisch steht ein Teller mit Käse und Schinken. Dazu Marmelade, Butter, eine Portion Rührei mit Käse, Brot, ein Apfel, eine Orange, ein Teller voller Lebkuchen, zwei Schälchen Cornflakes und zwei Gläser mit Orangensaft. Verhungern werden wir in Listwjanka nicht.
    Unser Tisch im Restaurant des Chalets befindet sich mittig an der Rückseite des Raumes – wir haben alles und jeden im Blick. Rechts von uns sitzen drei Englisch sprechende Paare Mitte dreißig in Trekkingkluft mit ihrem Guide. Links von uns macht das englische Paar von gestern Abend Pläne für den Tag.
    »Good morning« , hatte ich in den Raum gegrüßt, und alle Gespräche waren verstummt. Seitdem werden wir beobachtet. Da Tara keinen Babystuhl hat, sitzt Levi auf meinem Schoß und verstreut seinen Teil des Frühstücks auf meiner Trekkinghose. Ich ertappe mich dabei, betont entspannt wirken zu wollen. Als mir Ina und unser erstes Frühstück in der Transsib in den Sinn kommen, muss ich lachen, und alles ist wieder gut.
    Irgendwann windet sich Levi von meinem Schoß herunter, krabbelt schnurstracks zur offen stehenden Küchentür und zieht sich am Rahmen in den Stand. Bevor ich die ausgestreckten Arme sehe, höre ich das altbekannte russische Malinki-malinki -Gurren. Mehrstimmig. Levi flüchtet zu unserem Tisch, macht kehrt und krabbelt zurück zur Küchentür, in der drei lachende Frauen um Levis Gunst gurren: eine Asiatin um die dreißig in orangefarbenem T-Shirt, schwarzen Leggings, roten Socken und Badelatschen, eine dunkelhaarige Frau mittleren Alters in Jeans und ein bleichgesichtiger Teenager in Trainingshosen. Irgendwann lässt Levi sich einfangen und auf dem Arm der Asiatin durch die Küche tragen.
    Ich genieße die levifreien Minuten bei einer zweiten Tasse Tee und einem herzhaften Biss in ein unscheinbar aussehendes, aber teuflisch leckeres Lebkuchenbällchen.
    Plötzlich schaut Tara aufgeregt aus der Küche heraus und ruft quer durch den Raum: »Julia, telephone for you. Wladi wants to talk to you. Our boss.« Acht Augenpaare sind auf mich gerichtet, als ich in der Küche verschwinde und »Hello?« in ein elfenbeinfarbenes Telefon mit Wählscheibe frage.
    »Hallo Julia, hier ist Wladi. Ich muss schon darüber lächeln, dass du in meinem Chalet wohnst«, sagt eine mir seltsam bekannt vorkommende Stimme auf Englisch mit starkem russischen Akzent. Aber der Groschen fällt nicht.
    »Ja, ich fühle mich sehr wohl«, gebe ich zurück und krame in der letzten Windung meines Gehirnes nach einer Person, die zu dem Namen Wladi und dem bisherigen Gesprächsverlauf passt.
    »Warum hast du denn nicht über uns gebucht? Billiger hast du es jetzt sicher nicht bekommen. Wir haben gesehen, dass du über verschiedene Agenturen angefragt hast, und mussten darüber lächeln.«
    Meine russischen Exfreunde haben mich gefunden. Ich erkläre, dass ich gerne über sie gebucht hätte, aber mir die Überweisung des Geldbetrages in Anbetracht der Kürze der Zeit zu riskant erschien. Und als ich dann vier Tage nichts von ihm gehört hätte, hätte ich kurz entschlossen bei einem deutschen Anbieter per Kreditkarte gebucht.
    »Ich musste schon lächeln«, dröhnt es durch die Leitung, diesmal irgendwie bedrohlich. Tara steht hinter mir, schaut besorgt und trocknet eine Kaffeetasse ab.
    »Kann ich verstehen. Kennen Sie PayPal?«, gebe ich unschuldig zurück.
    »Das nächste Chalet, zu dem du reist, gehört auch mir.«
    »Sie besitzen tolle Chalets!«
    »Billiger hast du es sicher nicht bekommen. Es sind ja meine Chalets.«
    »Mir ging es nicht um den Preis. Ich wollte nur sicher kurzfristig los und hatte

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