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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Malchow
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Kurve verschwunden.
    »Wenn der Zug Verspätung hat, fallen die Stopps noch kürzer aus«, erklärt Nara trocken.
    Mongolen beherrschen das intuitive Autofahren
    Markus und ich setzen uns in den Sand und öffnen ein Bier. Der Fahrer beginnt zu schimpfen. Trödeln scheint nicht drin zu sein.
    »Wir müssen vor der Dunkelheit im Camp sein«, erklärt Nara. »Im Dunkeln ist es nicht zu finden. Der Fahrer braucht die Hügel zur Orientierung.«
    Leuchtet ein.
    Nach neunzig Minuten Fahrt kommen mir Zweifel. Nicht nur, weil in meinen Augen alle Hügel gleich aussehen. Sondern auch, weil der Fahrer nun schon mehrmals abrupt die einmal nachgefahrene Autospur verlassen hat, über wegloses holpriges Gelände gebraten ist, um irgendwann wieder auf einem aus dem Nichts auftauchenden, kaum erkennbaren parallelen sandigen Pfad einzufädeln. Bis das Spiel von vorn losgeht: Blick auf die Hügel, hektisches Kopfbewegen, abrupte Lenkbewegung, Holpern, Einfädeln. Das Maximum an Zivilisation ist die eine oder andere Jurte, auf die der Fahrer, sobald sie ins Blickfeld geraten, erst einmal zuhält. Manchmal stoppt er, um die Menschen zu befragen, manchmal dreht er vorher ab.
    Die einsetzende Abenddämmerung taucht die hügelige Steppe in ein gespenstisch rot-graues Licht.
    »Wie oft hat der Fahrer denn das Camp schon gefunden?«, frage ich Nara.
    »Einmal.«
    Nach zweieinhalb Stunden rumpeligster Fahrt wird Levi langsam unruhig. Was ich gut nachvollziehen kann.
    »Kommen dem Fahrer die Hügel hier irgendwie bekannt vor?«, frage ich Nara und richte mich gedanklich schon mal auf eine Nacht zu fünft im Jeep ein.
    Nach einer Unterhaltung auf Mongolisch antwortet unsere Übersetzerin: »Mongolen finden die Wege, indem sie in sich hineinhören.«
    »Intuitives Autofahren!«, sage ich zu Markus. Und bin beeindruckt und verunsichert zugleich.
    Drei Minuten später sehe ich etwas Weißes zwischen zwei Hügeln aufblitzen. Kurz darauf stehen wir vor einem kleinen Jurtencamp im Naturreservat Ikh Nart.
    Der Fahrer zündet sich eine Zigarette an und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
    Das Kind mit dem Bad ausschütten
    Ich frage mich wirklich, warum deutsche Reiseführer immer so auf dem Essen in fremden Ländern herumhacken. Und warum deutsche Reisende oft gerade so vom Essen während der Reise schwärmen oder es verfluchen. Also wirklich: Urlauber kommen zurück aus der Serengeti, aus Bhutan, von Sansibar – haben unvorstellbar schöne Landschaften und Tierbegegnungen erlebt – und schimpfen über oder schwärmen vom Essen. Da stimmt doch was nicht. Ich habe mich das schon oft gefragt: Haben Deutsche eine tief verwurzelte Angst, vergiftet zu werden? Oder zu verhungern? Oder ist es leichter, Essen zu beschreiben, als Landschaften, Begegnungen oder Erlebnisse? Oder sind Gespräche übers Essen die Wetterdiskussionen der Reisenden? Die deutsche Küche ist ja nicht unbedingt durch kulinarische Geheimrezepte geprägt, ohne die man nicht leben könnte.
    Wie dem auch sei, alle Reiseführer warnen vor der einfachen, fleisch- und fettreichen Küche der Mongolei – und wir sitzen hier in unserem zweiten Jurtencamp und lassen uns Tee, Müsli, ein wenig Obst und ganz viel Rührei schmecken. Zugegebenermaßen mit Speck. Mmmmmm.
    Nach einem ebenso leckeren Abendessen verbringen wir eine sternenklare Nacht vor unserer Jurte. Bei all den Sternschnuppen gehen uns langsam die Wünsche aus – weder in der Serengeti noch im Landesinneren von Australien habe ich jemals einen derart romantisch funkelnden Sternenhimmel erlebt. Nur widerstrebend sind Markus und ich in die Jurte zu Levi gekrabbelt, denn der kreisrunde Cabriodachgiebel ist verschlossen. Damit Levi nicht friert.
    Morgens gegen sieben Uhr öffnet ein mongolisches Mädchen unser Dach mit zwei Stricken und einer ausgefeilten Wickeltechnik von außen wieder, um dann den kleinen schwarzen Metallofen, der am Fußende unseres Bettes ausharrt, anzuschüren.
    Rechts vom Bett steht ein Tisch mit zwei niedrigen Holzhockern wie aus dem Kindergarten. Links vom Bett ein kleines Schränkchen mit eingebautem Waschbecken. Der Wasserkanister hinter dem Spiegel ist manuell zu befüllen. Alle Hölzer und Möbel sind in Orange gehalten und mit blauen Ornamenten kunstvoll bemalt. Auf dem Boden kniend habe ich, mein Gesicht im Spiegel betrachtend, vor dem Puppenstubenwaschbecken meine Zähne geputzt. Das glückliche Grinsen ist mir seitdem nicht mehr aus meinem Gesicht gefallen.
    Mit warmen Füßen und der erfrischenden

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