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Mut Proben

Mut Proben

Titel: Mut Proben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Jasner
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scheint eine innere Risikoabwägung stattzufinden. Sie kann den Spielern kaum bewusst sein, geht es hier doch um wenige Millisekunden, die sie früher oder später reagieren. Sie scheinen die Folgen ihres »Wagemuts« unbewusst zu kalkulieren. Sie orientieren sich dabei an ihrem Gefühl, indem sie darauf achten, dass das gefühlte Risiko gleich hoch bleibt.
    So weit, so gut. Jetzt wissen wir also, wie sich Studenten vor einem Computer in einem kanadischen Keller verhalten. Und was ist, wenn sie wieder herausklettern? Zurück ans Tageslicht? Sich den Niagarafällen nähern? Kann man die Werte des Experiments auf das Alltagsleben übertragen? Trimpop und Wilde sind überzeugt: Ja, kann man. Ob jemand ein neues Gericht ausprobieren oder Astronaut werden will, im Irak eine Brücke baut oder mit dem Fahrrad Schlangenlinien fährt – jeder sucht sich seine persönliche Herausforderung und nähert sich ihr auf seine Weise an. Weil er sie braucht. »Wer kein Risiko eingeht«, so Trimpop, »geht ein.«
    Nur wer Risiken eingehe, komme voran. Einem risikofreudigen Menschen würden schöne Gefühle und ein erfülltes Leben beschert. Und er verliere nichts dabei. Denn ein solches Leben – und das ist die wohl überraschendste Nachricht der beiden Professoren –, sei nicht weniger sicher als ein ängstliches Dasein zwischen Fernsehsessel, Sparkassenberater, Kluburlaub und Seitenairbag.
    42 Interview des Autors mit Gerald Wilde, September 2009.
    43 Wilde, Gerald J. S.: »Target Risk 2«, Kingston 2001.
    44 Trimpop, Rüdiger M.: »The Psychology of Risk Taking Behavior«, Amsterdam 1994.

Noch eine Schippe drauf: Wie unser Heizer die Erregung reguliert. Das Risikothermostat
    Studien offenbaren: Sobald ein Mensch sich sicherer fühlt, benimmt er sich tollkühner denn je. 45
    Menschen zum Beispiel, die beruflich schwere Dinge hieven, wie Möbelpacker oder Gerüstbauer, bereiten Bandscheiben und Gelenken wenig Freude, auch dehnen sie das Gewebe zwischen Hoden und Hüften oft mehr, als gesundheitlich ratsam wäre. Leistenbrüche sind die Folge. Um die zu vermeiden, empfehlen Orthopäden spezielle Gürtel, die das zarte Gewebe unterstützen. Wenn aber ein Klavierschlepper diese Hilfe anlegt, haben Arbeitswissenschaftler beobachtet, legt er seine persönliche Messlatte unverzüglich höher: mutet sich mehr zu, geht längere Wege, wuchtet schwerere Lasten als vorher. Mit dem tollen Gürtel, denkt er, müsste doch ein bisschen mehr gehen. Reißen kann ja jetzt nichts mehr.
    Ein ähnlicher Effekt war zu beobachten, als die Tabakindustrie leichtere Zigaretten einführte. Die Konzerne konnten ihren Absatz fast verdoppeln, weil Raucher sich nun doppelt so viele Kippen zwischen die Lippen klemmten wie zuvor. Sie glaubten, die »Lights« seien nur halb so schädlich. Zudem zogen sie häufiger und inhalierten tiefer, was die Lunge ganz besonders schädigt. Bisherige Nichtraucher griffen nun auch beherzt zu, weil sie glaubten, Rauchen sei gesund geworden.
    Eltern, die Angst um ihre Fahrrad fahrenden Kinder haben, stülpen ihnen Helme über den Kopf. Anschließend allerdings, hat eine Studie ergeben, erlauben sie ihren Kindern ein höheres Tempo und Fahrten auf verkehrsreicheren Straßen. Wodurch sie mindestens so gefährdet sind wie zuvor – ein Helm schützt nicht vor dem wuchtigen Crash mit einem Auto; der übrige Körper bleibt ohnehin ungeschützt.
    Technische Verbesserungen bei der Skiausrüstung haben dazu geführt, dass kaum noch Knöchel, Schienen- und Wadenbeine brechen. Ein großer Erfolg, der zurecht von Sportartikelfabrikanten, Skifahrern, Bergwacht und Chirurgen gefeiert wird. Die andere Seite der Medaille: Geschützt durch Hartschalenstiefel und flexible Bindungen, zugleich hochgerüstet durch schnellere und drehfreudige Carving-Bretter, trauen sich Hobby-Alpinisten nun viel steilere Pisten herunter. Damit wandern die Verletzungen aus den Stiefeln in die oberen Körperbereiche. Kniebandschäden sind inzwischen der Hauptgrund, den Winterurlaub vorzeitig abzubrechen. Und immer öfter muss auch der Schädel behandelt werden. Den prominentesten Unfall verursachte der ehemalige Ministerpräsident von Thüringen, als er mit Helm und fünfzig Stundenkilometern gegen eine unbehelmte Frau krachte, die daraufhin starb. Sogleich forderten Politiker eine Helmpflicht in den Bergen sowie ein Nachdenken über Schilder, Ampeln, eine Pistenverkehrsordnung und eine Pistenpolizei.
    Untersuchungen im Bergbau stellen sämtliches Denken über

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