Mutiert
noch weitere Menschen in der Gartenkolonie auf den Vorfall aufmerksam geworden und hatten sich vor dem Grundstück der van Dahls eingefunden.
Eine alte Frau löste sich aus der Gruppe und rannte auf den Toten zu.
» Henry … nein … um Gottes willen«, schluchzte sie und ließ sich neben dem Toten nieder. Ihr herzzerreißendes Klagen durchdrang Mark und Bein.
» Wenn man seine Atemwege freigelegt hätte, dann wäre ihm noch zu helfen gewesen«, sagte der Arzt und packte seine Notfalltasche zusammen.
Betreten blickten sich die Anwesenden im Gartengrundstück der van Dahls an.
Cuiabá, Bundesstaat Mato Grosso
Zagallo saß an seinem Schreibtisch und rieb sich über den Nasenrücken. Craigos Aussage hatte Zagallos Verdacht bestätigt, dass eine gut organisierte Bande für die Leichen auf den Blumenfeldern verantwortlich war und dass es sich offenbar um Organhandel als Tatmotiv handelte. Doch wie passte der erkrankte Sohn von Mama Aquela ins Bild? Anjo, der grausame Engel, hatte ihn gezielt ausgesucht.
» Du denkst über den Fall nach, richtig?«, fragte Falcáo, der auf dem Schreibtisch saß und ein paar Luftbilder der Blumenfelder betrachtete.
» Ich werde noch immer nicht ganz schlau daraus«, murmelte Zagallo. » Ein kranker Junge, welche Organe sind da brauchbar? Ich dachte immer, die Mediziner legen sehr viel Wert auf gesunde Menschen.«
» Vielleicht kommt es auf die Krankheit an.«
Zagallo schüttelte den Kopf. » Es ist möglich, dass wir auf dem Holzweg sind. Leider ist es bislang noch nicht gelungen, weitere Opfer zu identifizieren. Es wäre sehr interessant zu erfahren, ob sie auch krank gewesen sind.«
Falcáo warf die Luftbilder auf den Schreibtisch. » Leider war nicht viel aus Craigo herauszubringen, er hat diesen Anjo ein paar Mal gesehen und sagt, dass er aus dem Süden stammt. Das ist nicht genug, um den Mann ausfindig zu machen.«
» Was wissen wir überhaupt bislang?«, sinnierte Zagallo.
» Faria und sein Bruder Tizio wurden dafür bezahlt, Leichen auf den Blumenfeldern verschwinden zu lassen«, rekapitulierte Falcáo. » Craigo hat ihnen dabei geholfen. Es waren ganz spezielle Leichen, denn ihnen wurden vor dem Tod die Organe entnommen. Als sich der Besitzer der Blumenfelder entschließt, die Zuchtanlagen auszuweiten, bleibt den Brüdern nichts weiter übrig, als die Leichen wieder auszugraben und anderweitig zu entsorgen. Damit nicht auffällt, dass den Leichen Organe fehlen, verbrennen sie die Opfer. Doch das scheint dem Boss nicht zu gefallen, also gibt er Befehl, Faria und seinen Bruder zu beseitigen, doch Tizio gelingt es zu entkommen.«
» Bis hierher ist alles einleuchtend«, entgegnete Zagallo. » Aber mit dem Jungen von Mama Aquela erhält unsere schöne Theorie einen ganz gehörigen Knacks. Der Junge hatte Leukämie, und ich glaube nicht, dass sich seine Organe zu einer Transplantation eigneten.«
» Also muss etwas anderes dahinterstecken«, überlegte Falcáo. » Nehmen wir an, dieser Anjo sucht kranke Menschen für seine Geschäfte, was kann man mit kranken Menschen anfangen?«
» Anjo stammt aus dem Süden, doch der Süden ist groß. Ich glaube jedoch nicht, dass er aus den großen Städten im Süden stammt. Er ist aus der Umgebung und kennt sich hier in unserer Stadt gut aus.«
Zagallo umrundete den Schreibtisch und griff nach einer Schutzfolie, in der sich das Phantombild des gesuchten Anjo befand.
» Zieh dir deine Jacke über, wir fahren in die Stadt«, sagte er entschlossen.
» Wo willst du hin?«
» Ich kenne eine Krankenschwester im Klinikum Santa Margarida in der Avenida Mato Grosso. Ich denke, die wird uns weiterhelfen.«
» Du meinst, er ist Arzt hier in der Stadt?«
Zagallo zuckte die Schulter. » Nein, das nicht, aber ich denke, die Ärzte in der Klinik können uns etwas über Organtransplantationen erzählen.«
Falcáo schaute auf seine Armbanduhr.
» Hast du heute noch etwas vor?«, fragte Zagallo.
Falcáo schüttelte den Kopf. » Ist schon in Ordnung«, sagte er, bevor er nach seiner Jacke griff.
Corrupira am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Sie verbrachten eine unruhige Nacht im Schutze der Mangrovenwurzeln. Jedes Geräusch, jedes Rascheln eines Tieres oder der Blätter im Wind ließ Lila zusammenzucken. Sicher fühlte sie sich erst wieder, als sich der Cabo an ihrer Seite zu Boden sinken ließ.
» Wir haben alles geborgen, was wir retten konnten«, flüsterte er leise. » Du musst versuchen zu schlafen, morgen liegt ein harter Tag vor uns. Wir
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