Mutter des Monats
verpflichtet. Sie würde tapfer sein. Für die Volksmahlzeit. Für Bea.
Sie schnappte sich den Mascara – ein freundliches Gesicht war vonnöten – und hörte ihr Handy piepsen. Bea hatte ihre Glückwunsch- SMS von heute Morgen beantwortet. »Danke, meine Liebe. Werde hier richtig verwöhnt!!! Viel Glück mit dem Lunch. Kannst du die Kinder abholen? Komme um 6. Gruß und Kuss!!!«
12.30 Uhr: Mittagspause
Aperitif
Georgina parkte gerade ein, als sie Rachel um die Ecke kommen sah. »Gott sei Dank!«, rief sie Hamish über die Schulter hinweg zu. »Wenigstens ein Mensch, mit dem wir uns unterhalten können. Aber ich verspreche dir, Baby, wir gehen da rein, stopfen uns voll und machen dann schleunigst einen Abflug.« Sie stellte den Motor ab und sprang aus dem Auto.
»Hi, Georgina. Hallo, mein süßes, kleines Knuddelmonster.« Rachel war schon an die Beifahrertür getreten, befreite Hamish aus dem Kindersitz und vergrub ihr Gesicht in seinem Nacken. »Was für eine nette Überraschung. Normalerweise hättest du doch auf eine solche Veranstaltung überhaupt keine Lust.«
»Na, hör mal! Was unterstellst du mir? Wo ich doch die ganze Zeit, tagein, tagaus, mein Bestes gebe.« Georgina schnappte sich die Handtasche, verriegelte das Auto, und die beiden Frauen marschierten Heathers kurze Auffahrt hinauf. »Ich wollte nur sichergehen, dass das Menü nicht kurzerhand geändert wird. Damit wir Heather Carpenter nicht gnadenlos ausgeliefert sind.« Sie tat so, als übergebe sie sich ins Lavendelbeet. »Außerdem musste ich kommen, damit ich dich in Ruhe ausquetschen kann. Genug leeres Gerede. Wie war es gestern Abend?«
Die Haustür öffnete sich, und Melissa stand auf der Schwelle.
»Hi!«, rief Rachel zu laut und übergab Hamish schnell wieder seiner Mutter. »Wie schön, dass du da bist.«
»Bin ich froh, dass ihr gekommen seid.« Melissa trat zur Seite, um sie hereinzulassen.
»Warum? Sag bloß, es ist nur die Clique anwesend?«
Georgina ging direkt ins Haus, während Rachel sich gründlich die Schuhe abputzte. In Sachen Ordnung und Sauberkeit war Heather praktisch zwangsgestört, und es war nicht ungewöhnlich, dass sie Minuten vor oder nach Besuchen mit dem Staubsauger durch die Wohnung zog, manchmal sogar noch mitten im Getümmel – soweit es bei Heathers Einladungen überhaupt Getümmel gab. Georgina betrachtete es als ihre moralische Pflicht, in Heathers Haus bei jeder Gelegenheit Schmutz zu hinterlassen. So trug sie zu einer gesünderen Umgebung bei.
»Ganz im Gegenteil.« Melissa sprach leiser, weil sie sich der Küche näherten. »Überhaupt keine Clique. Beste Voraussetzungen für eine echte Volksmahlzeit – vorausgesetzt, ein paar Leute kreuzen auf.«
Georgina blieb stehen. »Ach ja, klar«, rief sie den anderen über die Schulter hinweg zu. »Die anderen sind ja alle bei ihrem bescheuerten Wellness-Tag.«
»Ach, deshalb sind sie nicht gekommen?« Melissa beugte sich vor und schloss schnell die Küchentür, bevor Georgina eintreten konnte. »Und das wusstest du?«
»O ja. Sie haben mich nur eingeladen, mehr nicht. Unglaublich oder? Wie ausfallend muss ich eigentlich noch werden, bevor sie mich in Ruhe lassen? Stattdessen heißt es Geor-gi-na! Wir machen an Beas Vierzigstem einen Wellness-Tag. Morgens Behandlungen und anschließend Schampus im Whirlpool. Kommst du au-hauch?« Sie klang genau wie Sharon oder Jasmine. »Eine Unverschämtheit. Sehe ich vielleicht aus wie jemand, der einen Wellness-Tag braucht?« Wütend spuckte sie die Worte aus. »Ich glaube, man hat mich noch nie so beleidigt …«
Plötzlich hielt sie inne. Rachel, die Augen weit aufgerissen, die Hände vor dem Mund, hatte es offensichtlich schon vorher kapiert.
»O Scheiße!«
»Hast du Heather nicht gesagt, dass die anderen schon was vorhaben? Wusstest du nicht, dass sie eine große Party schmeißt?« Melissa verurteilte Georgina nicht, sie war ehrlich erstaunt darüber, wie sich die Dinge entwickelt hatten. Georgina hielt es trotzdem für besser, eine defensive Haltung einzunehmen.
»Ja, jetzt wo du es sagst, könnte sein, dass Heather über so was geplappert hat …«
»Rachel?«
»Ähm, ja, ich glaube, sie hat da so was gesagt …«
»Aber schau, Melissa, es ist doch so: Man kann sich unmöglich alles anhören, sonst wird man total …«
»Da muss man schon ein bisschen filtern«, erklärte Rachel.
»Ja, filtern. Wie bei E-Mails. Gegen, du weißt schon.«
»Spam«, fügte Rachel hinzu.
»Genau.« Georgina nickte.
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