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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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Date hatte – googeln überflüssig, die Sache war klar. Nein, bei ihrem Date handelte es sich auch noch um den Rektor der Schule ihrer Tochter. Das hast du richtig gut hingekriegt, Rachel. Herzlichen Glückwunsch! All das geschah ohnehin nur, weil ihre Busenfreundin/-feindin es darauf abgesehen hatte, sie lächerlich zu machen. Und als ob das nicht genügte, hatte Rachel sich gleich noch ein paar zusätzliche Steine in den Weg gelegt, indem sie den Weg zum Restaurant zu Fuß gegangen war. Das hatte sie getan, um ihren Magen zu beruhigen und damit sie sich im Fall der Fälle sinnlos besaufen konnte – und so ein Unwetter heraufbeschworen. Als sie das Restaurant endlich erreicht hatte, waren ihr kleine Rinnsale von der geröteten Nase gelaufen – superpeinlich! Bestimmt nicht gerade vorteilhaft.
    Sie hatte die Tür geöffnet und sich durch den Vorhangdschungel ins Innere vorgekämpft. Der Gedanke, beim Franzosen in der High Street zu speisen, war ihr noch nie gekommen, und jetzt wusste sie auch, warum. Das Innere sah aus wie der riesige Schlüpfer einer alten Dame: Rüschen, Schleifchen, Volants … Das hier war kein cooles Restaurant, sondern Colettes Vorstellung eines coolen Restaurants – zwei grundverschiedene Dinge. Mittendrin, ungefähr auf Höhe des Zwickels, saß der Rektor allein am Tisch und wirkte völlig deplatziert. O Gott, dachte Rachel. Ogottogottogott. Wie megapeinlich! Wir können es unmöglich einen ganzen Abend hier aushalten. Worüber sollen wir bloß reden?
    Er hatte die ganze Zeit konzentriert auf sein Handy gestarrt, doch nun sah er auf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Holla, dachte Rachel überrascht, er freut sich tatsächlich, mich zu sehen.
    Sie setzte sich auf den Plüschstuhl und beugte sich über den Tisch. »Was«, flüsterte sie, »tun wir hier?« Seltsam. Von »Was sollen wir bloß reden?« zu Intimität in nur einer Minute. Was war da passiert? Egal, es hatte jedenfalls gefunkt.
    »Ah.« Er hob die Brauen. »Gleich zu den philosophischen Grundfragen.« Er hob die Weinliste, um sein Gesicht vor dem Kellner zu verbergen, und flüsterte zurück: »Oder meintest du die Frage wörtlich?«
    »Wörtlich. Definitiv. Ein bisschen, hm, plüschig hier, oder?«
    »Wir sind doch vertraglich dazu verpflichtet worden. So haben Sie es ersteigert, Mrs Mason: Abendessen mit dem Rektor beim Franzosen in der …«
    » ICH HABE NICHT GEBOTEN !«
    Der Kellner fuhr herum.
    »Schon gut, schon gut. Du warst die unschuldige Passantin, ich die Bananenschale …«
    »Aber dieses Restaurant war Colettes Idee. Hier ist das Ambiente, in dem sie sich auf dich stürzen wollte.«
    Er erblasste. »Bitte …«
    »Tschuldige. Wir müssen nicht hierbleiben, wollte ich damit nur sagen.«
    Wir? Wir? Nun mal ganz langsam, Mrs Mason.
    »Aha. Ich verstehe, was du meinst. Ergo: Warum sind wir hier?« Er rief den Kellner herbei, bestellte eine Flasche Wein mit vielversprechendem Namen und beugte sich wieder vor. »Weißt du was? Du hast tatsächlich eine wichtige Frage aufgeworfen.« Er öffnete seine Krawatte und den ersten Hemdknopf. Hmm, dachte Rachel, schon besser. »Du hast recht.«
    »Ach, fein, habe ich das?«, erwiderte Rachel.
    »Dieser Abend ist ein perfektes Beispiel. Warum sitze ich hier? Weil eine Frau in einer sehr engen Bluse in mein Büro kam und es mir befohlen hat. Aber ich bin der Rektor.«
    »Stimmt.«
    »Und weißt du, warum ich die Stelle haben wollte? Weil ich geglaubt habe, die Position vereine Macht und Verantwortung.«
    Rachel schnaubte. »In London hattest du bestimmt mehr Macht als im kleinen St. Ambrose. Und das viele Geld. Und all die Privatjets.«
    »So viele Privatjets gab es da gar nicht. Du wärst enttäuscht, wie wenige wir hatten.« Der Kellner schenkte ihm einen Schluck Wein ein. »Außerdem ging es da nur um Macht, aber völlig ohne Verantwortung.« Er probierte. »Danke. Ja, sehr gut.«
    Rachel wartete ungeduldig, bis auch ihr eingeschenkt wurde. Sich sinnlos zu besaufen war immer noch eine Option.
    »In St. Ambrose hingegen trage ich bis jetzt nur die volle Verantwortung, habe aber kein bisschen Macht. Die Kirche, der Schulbeirat, die Eltern, die Kinder … die ganze Zeit muss ich um meine Macht kämpfen und gebe dabei viel zu leicht nach. Eins sage ich dir, als ich selbst zur Schule gegangen bin, war ich nicht so ein Weichei.«
    » Excusez-moi . Sie sind doch der Mann, der Bea Cliquenwirtschaft vorgeworfen hat, oder täusche ich mich da? Ich bin gerade erst aus meinem

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