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Muttergefuehle

Muttergefuehle

Titel: Muttergefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rike Drust
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sein. Plötzlich war ich keine eigenständige Frau mehr, sondern ich und mein Bauch wurden nach Herzenslust betascht und klugbeschissen. Als das Kind da war, hat sich mein Dasein als Frau sogar noch weiter aufgelöst. Plötzlich steckte ich bis zum Hals im Klischee: Obwohl ich mir eigentlich mit meinem Partner alles gerecht teilen wollte, das Geldverdienen, den Haushalt und die Kinderbetreuung, war ich plötzlich Hausfrau und Mutter. Und zwar nicht, weil ich es mir freiwillig so ausgesucht hatte, sondern weil der Mann mehr Geld verdiente als ich und sein damaliger Arbeitgeber kein flexibleres Arbeitsmodell zugelassen hätte. Sie haben sich ja schon in die Hosen gemacht, als der Mann bei seinen Geschäftsführungskollegen das Thema Vätermonate überhaupt zur Sprache brachte. Er wollte zwei Monate in Elternzeit gehen, damit ich Vollzeit arbeiten konnte. Das war ja auch unser gutes Recht. Wir fanden es beide wichtig, dass der Mann, zumindest für einen kurzen Zeitraum, mehr Alltag mit dem Sohn hat und ich einen normalen Arbeitstag, damit wir beide erleben und nachvollziehen können, wie sich das Elternsein für den anderen anfühlt.
    Keiner seiner Kollegen, allesamt Väter, hat Elternzeit genommen. Und schon in den Vorgesprächen wurde dem Mann durch die Blume mitgeteilt, es wäre besser, wenn auch er darauf verzichte. Die Meinung eines Kollegen spiegelt gut wider, was für ein reaktionärer Wind in dieser Chefetage (und in vielen anderen) weht: Er schrieb dem Mann in einer E-Mail, die Elternzeit passe seiner Meinung nach nicht zur Rolle eines Geschäftsführers, denn dann bekämen die Kollegen ein schlechtes Bild von dessen Einsatz für die Firma. Als einer seiner Kollegen mit Führungsposition von selbst darauf gekommen sei, dass Elternzeit keine gute Idee sei, habe er sich gefreut. Und wenn jemand mit dem Wunsch nach Elternzeit auf ihn zukäme, sei dieser vermutlich nicht für eine Führungsposition geeignet, so der Kollege.
    Kein Wunder also, dass in der folgenden Diskussion aus den normalen zwei Monaten Elternzeit bei 67 Prozent Gehalt vier Wochen unbezahlter Urlaub werden sollte. Und damit weiterhin das Bild vom Geschäftsführer, der alles für seine Agentur gibt, gewahrt werden könnte, sollte mein Mann diese vier Wochen nicht Elternzeit nennen, sondern kommunizieren, er unterstütze mich beim Wiedereinstieg in den Beruf.
    Ich heulte vor Wut. Nur weil ein paar dieser Idioten kleine Pimmel haben, sollte ich so tun, als sei ich auf die Hilfe meines Mannes angewiesen? Das fand ich dann aber doch etwas niveaulos von mir und heulte weiter, ohne zu schimpfen. Die Elternzeit fand übrigens nie statt, weil dem Mann selbst in diesen vier Wochen noch »lebenswichtige« Termine reingedrückt wurden, sodass ich das Projekt irgendwann enttäuscht absagte. Ich hatte keine Lust mehr auf dieses ewige Hin und Her, auch wenn ich damit den reaktionären Chefetagensitzern indirekt recht gab. Zusätzlich musste ich mir eingestehen, dass der Mann sich nicht so richtig traut, seine Ziele durchzusetzen, weil in seiner Branche und in seiner Position kein Vater je so etwas gefordert hat. Wie gern hätte ich ihn als Vorreiter gesehen, aber wenn ich ehrlich zu mir bin, habe ich den Eindruck, er will die Gleichberechtigung nicht so sehr wie ich – und seine Arbeitsumstände wollen sie schon gar nicht.
    Zum Glück wechselte der Mann den Job und machte dazwischen zweieinhalb Monate Pause, die wir als »Vätermonate« nutzten. Das war mit Abstand die schönste und beste Zeit, die wir als kleine Familie bisher hatten. Der Mann verbrachte viel Zeit mit unserem Sohn, und ich konnte volle Tage arbeiten. Ich konnte die andere Seite sehen und für mich feststellen, dass ein Vollzeitjob auf lange Sicht für mich nicht in Frage kommt, weil ich gern mehr Zeit mit meinem Kind verbringe.
    In seinem neuen Job versucht der Mann, von Anfang an ein flexibleres Arbeitsmodell durchzusetzen, und ich hoffe für ihn, für mich und für alle Menschen, die in dieser Agentur arbeiten und Eltern sind oder werden, dass das klappt. Ich bin auf jeden Fall sehr stolz auf ihn, dass er jetzt zumindest einen Tag in der Woche früher aus der Agentur geht, um unser Kind von den Tageseltern abzuholen. So kann ich heute den ganzen Tag arbeiten und dabei denken, was für einen tollen Mann ich doch habe, und nicht immer nur blöde Sachen wie diese hier (Beispiele):
    »Der alte Arbeitgeber vom Mann wird vermutlich nie zulassen, dass ein Mann in Führungsposition Elternzeit

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