Mutterliebst (German Edition)
Danielle und ich abends gemeinsam essen gegangen. Sie hat viel zu viel Wodka getrunken, weshalb ich angeboten habe, sie nach Hause zu fahren. Als wir zurück ins Hotel kamen, stieg sie aus dem Wagen und taumelte. Sie wirkte desorientiert, und dann ist sie vollkommen grundlos wütend geworden und beschuldigte mich, Lügen über Max zu verbreiten. Sie hatte sogar schon die Arme erhoben, um mich zu schlagen …“
„Euer Ehren!“ Sevillas kann es einfach nicht mehr ertragen. Zornbebend stürmt er auf das Richterpult zu. Seine Stimme ist kalt, aber gemessen. „Diese Zeugin lügt!“
„Mr Sevillas, hören Sie sofort auf!“ Hempstead klopft mit dem Hammer auf das Pult und wirft ihm einen bitterbösen Blick zu. „Sie warten, bis Sie die Zeugin ins Kreuzverhör nehmen können – oder bis zu dem fernen Tag, an dem Sie Ihre andere Mandantin hierherbringen können. Andernfalls werde ich Sie wegen Missachtung des Gerichts belangen.“
Sevillas ist mittlerweile alles egal. Der Fall ist ohnehin im Eimer. Er wendet sich mit eisiger Stimme an Marianne. „Ich füge mich, Euer Ehren, aber es ist gewissenlos, dass diese Frau so unverschämt lügt und sich gegen eine Frau wendet, die ihr gegenüber nichts als Freundschaft gezeigt ha…“
Mariannes Augen blitzen. „Ich lüge nie.“ Sie dreht sich zu der Richterin um und bricht in Tränen aus. „Ihr Sohn hat mein Baby umgebracht, Euer Ehren. Hat ihn in seinem eigenen Krankenhausbett ermordet. Für Jonas ist es zu spät, aber ich weiß jetzt – ohne die Spur eines Zweifels –, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Max ist wie seine Mutter.“ Sie wirft den Zuschauern einen flehentlichen Blick zu. „Oh, großer Gott, will mir denn niemand helfen?“
Das Gesicht der Richterin spiegelt ihren Zorn wider. Sie zeigt mit dem Finger auf Sevillas. „Sie müssen sich nun offiziell wegen Missachtung des Gerichts verantworten. Nach der Anhörung werde ich darüber entscheiden, was mit Ihnen geschieht.“
Sevillas sagt nichts. Er nimmt auf seinem Stuhl Platz und funkelt Marianne an.
„Nun.“ Hempstead legt ihren Hammer nieder. „Ich werde die Befragung übernehmen. Miss Morrison, ich möchte wissen, ob Max Parkman Sie jemals körperlich bedroht hat.“
Marianne schaut die Reporter in der ersten Reihe direkt an. Dann dreht sie sich wieder zu der Richterin um. Ihre Augen sind mitternachtsblau. „Eines Tages, etwa eine Woche vor dem Mord, saß ich auf dem Sofa und strickte einen Pullover für Jonas. Max zog ganz plötzlich etwas aus seiner Tasche, das metallisch glitzerte.“
Die Zuhörer halten den Atem an und starren Max an. Tony packt Max’ Handgelenk, bis er sieht, dass der Junge die Faust wieder öffnet. Die Richterin nickt nüchtern. „Und dann?“
Mariannes Augen sind weit geöffnet. „Dann fuchtelte er damit über meinem Kopf herum.“
Die Richterin versucht, ihren Schock zu überspielen. „Waren Sie allein mit Mr Parkman, als das passierte?“
„Unglücklicherweise, ja.“ Marianne schüttelt den Kopf. „Als ich mich endlich von meinem Schock erholt hatte, war Max bereits in einen anderen Teil der Station gerannt.“
„Das haben Sie doch sicherlich gemeldet.“
„Natürlich habe ich das“, entgegnet sie. „Doch offensichtlich funktionierten die Videokameras an diesem Tag nicht, und somit besaß ich keinen wirklichen Beweis, den ich dem Krankenhauspersonal vorlegen konnte. Es stand sein Wort gegen meins.“
Hempsteads Blick umwölkt sich. „Man hat doch sicherlich Ihnen geglaubt und nicht einem Patienten der Psychiatrie?“
Marianne zuckt traurig die Schultern. „Sie haben die ganze Station durchsucht, inklusive Max’ Zimmer und seiner Kleidung. Das Objekt konnte nirgends gefunden werden.“
„Haben Sie es seiner Mutter gesagt?“
„Natürlich habe ich das.“ Ihre weiße Hand berührt ihre Stirn, so als wolle sie auf diese Weise einen furchtbaren Kopfschmerz lindern. „Sie sagte, dass ich mich getäuscht haben müsste.“
„Haben Sie nach diesem Vorfall das Personal gebeten, zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen?“
„Jawohl, Euer Ehren, das habe ich, aber ich glaube nicht, dass man mich ernst genommen hat.“
Hempstead nickt und notiert etwas auf ihrem Block. Sie schaut zu Marianne auf. „Und danach?“
„Danach“, erwidert Marianne schlicht, „verhielt sich Max gegenüber Jonas nicht mehr gewalttätig.“ Sie schenkt der versammelten Presse einen weiteren schmerzerfüllten Blick. „Das heißt, bis er meinen Sohn
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