Mutterliebst (German Edition)
Danielle glaubt es nicht. Sicherlich hätte Marianne mit ihr darüber geredet. Sie überfliegt Max’ Patientenakte. Es gibt einen Eintrag der diensthabenden Schwester vom Mordtag. Patient fixiert. Soll während des Mittagessens in seinem Zimmer bleiben. Danielle seufzt vor Erleichterung. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit wieder auf Doaks und Sevillas, die gerade über die Dinge reden, die die Polizei in Max’ Zimmer gefunden hat.
„Pass auf, ich sage dir, was ich diesbezüglich denke“, erklärt Sevillas. „Wir stellen einen Antrag, der alle Beweismittel aus Max’ Zimmer unterdrückt. Sie hatten genug Zeit, einen Polizeibeamten vor Max’ Zimmer zu platzieren und einen Haftbefehl zu erwirken. Sie pochen auf Gefahr im Verzug, doch wir beantragen vor Gericht die Abweisung.“ Er zuckt die Achseln. „Einen Versuch ist es wert.“
Sevillas steht auf und streckt sich. Unter seinen Augen liegen erste dunkle Schatten, und auch ein paar Bartstoppeln sind deutlich zu sehen. Er scheint der Einzige zu sein, der noch nicht bemerkt hat, dass die Abendsonne den Himmel von Iowa rot färbt. „Doaks, der Bericht des Gerichtsmediziners ist nicht da.“
„Gleich morgen früh werde ich dem alten Smythe einen Besuch abstatten.“
„Gut“, erwidert Sevillas. „Außerdem möchte ich, dass du zum Polizeirevier fährst und schaust, was du rausfinden kannst, besonders im Hinblick auf den Kamm.“
„Ich hab doch schon gesagt, dass ich das tun werde“, knurrt er.
„Ich will außerdem eine Analyse von Max’ Blutbild“, schaltet sich Danielle ein. „Ich habe den Verdacht, dass die Medikamente, die sie ihm geben, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verschlimmerung seines Zustands in Maitland stehen und vielleicht auch zu seinem … gewalttätigen Verhalten.“
Sevillas wirft ihr einen langen, forschenden Blick zu. Danielle starrt auf den Boden. Ihr Eingeständnis, dass Max sich gewalttätig verhalten hat – was auch immer der Grund dafür sein mag –, impliziert, dass diese Gewalttätigkeit auch zu einem Mord geführt haben könnte. Es ist das erste Mal, dass sie auch nur andeutungsweise zugegeben hat, dass Max für Jonas’ Tod verantwortlich sein könnte.
„Ich gehe nicht davon aus, dass Maitland kooperieren wird“, entgegnet Sevillas ruhig, „aber ich füge es unserem Antrag hinzu. Wahrscheinlich werden wir keine Erlaubnis bekommen, bis der Richter über die Anhörung entscheidet.“
„Ich hatte eine Freundin von mir gebeten, ein paar Informationen zu Fastow zusammenzutragen, dem Psychopharmakologen, der Max eine Überdosis gegeben hat, aber sie konnte nur herausfinden, dass seine letzte Stelle in Wien war, wo er irgendeine neue Forschung zu Psychotropika durchgeführt hat. Ich denke, wir müssen seine Vergangenheit ganz sorgfältig durchleuchten.“
Sevillas betrachtet sie lange. „Du glaubst, dass die Überdosis Absicht war?“
„Nein. Ich kann es nicht genau erklären, aber mit diesem Fastow stimmt irgendetwas nicht.“
„Wie kommst du darauf?“
„Das habe ich dir schon mal gesagt. Instinkt.“
„Hast du auch noch etwas Objektiveres als das?“
„Nein.“
Sevillas nickt Doaks zu, der seufzt und sich eine Notiz macht. „Ganz gemäß der Theorie ‚Er ist zu verrückt, um nicht irgendetwas auf dem Kerbholz zu haben‘, nehme ich mal an?“
Sevillas reibt sich den Nacken. „Mir ist aufgefallen, dass wir nur Auszüge aus Max’ Akte haben, nicht aber aus der des Opfers. Wenn sie versuchen, ein Motiv zu konstruieren, indem sie Beweise von Gewalttätigkeiten zwischen Max und Jonas vorbringen, dann brauchen wir beide Akten in ihrer Gesamtheit.“
Danielle beißt sich auf die Zunge. Wenn Sevillas per Antrag Max’ Berichte bekommt, muss sie nicht zugeben, dass sie sich in das Computersystem der Klinik eingehackt hat, um ihre Behauptung zu stützen, Maitland habe etwas mit Jonas’ Tod zu tun. Vielleicht versteht Tony, warum sie sich so sehr über Maitlands Behandlung ihres Sohnes erregt, wenn er die bizarren Eintragungen in der Akte sieht und sie mit dem Jungen vergleicht, dem er mittlerweile begegnet ist.
Doaks lehnt sich im Stuhl zurück. „Ein paar Dinge möchte ich sofort klären. Wenn sie diesen Kamm haben, dann will ich ihn mit eigenen Augen sehen. Außerdem will ich dieser Schwester einen Besuch abstatten – dieser Krang.“
„Kreng“, korrigiert Danielle. „Ich komme mit Ihnen. Ich kann Ihnen eine Menge Informationen geben, die Sie nicht haben.“
Doaks wirft Sevillas einen giftigen
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