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Mutterschuldgefuehl

Titel: Mutterschuldgefuehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Hartmann
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gibt ja genügend Lektüre -, und auch die Urlaubsplanung versuche ich zu bewerkstelligen. Aber bei der stets richtigen Lösung, der immerwährenden Freude und Geduld und dem allzeit richtigen Maß muss ich passen. Auch habe ich das dumpfe Gefühl, mir eigentlich mehr für mein Leben zu erhoffen als aufopfernde Selbstaufgabe. Und was der ganzen Sache eine zusätzliche Brisanz gibt: Ich bin ein extrovertierter Typ, nicht der gewünschte introvertierte, besonnene Muttertyp mit der stummen Aggressionsabfuhr. Ich bin mehr der Sophia-Loren-Muttertyp, die Filmmutter der 60er-Jahre, nur ohne ihr Gesicht und ihre Figur. Leider sind Mütter völlig out , die keineswegs stumm ihr Kissen boxen, sondern spontan laut lachen und schreien, wenn ihnen danach zumute ist.

    Was mache ich nun? Ich bin keine Halbgöttin, sondern eine Frau mit Ecken und Kanten. Schmeiße ich die Ratgeber an die Wand, haue auf den Putz und wettere gegen weltfremde Forderungen, die jegliche Authentizität über den Haufen werfen? Erkenne ich, wie rigide hier das Bild einer Mutter entworfen wird, an dem ich mich messen lassen soll? Frage ich mich, wie eine echte Liebesbeziehung zu meinem Kind entstehen soll, wenn ich mich nicht so geben darf, wie ich bin? Erkenne ich, dass hier ein Leben mit Kind zur Farce mutiert, zur weltfremden Idee, zur Karikatur, zum sinnentleerten Rollenverhalten? Nein, mitnichten. Ich kriege Schuldgefühle - wie Millionen andere Frauen, weil sie den Erwartungen an eine gute Mutter nicht zu entsprechen scheinen. Wie Statistiken zeigen, fühlen sich die meisten Mütter mit ihren Kindern hoffnungslos überfordert und suchen die Gründe für ihr Unbehagen mit der Situation bei sich selbst. Sie sind voller Selbstzweifel und massiv verunsichert im Umgang mit ihren Kindern, gerade die, die es besonders gut machen wollen. Und das wollen wir entgegen aller anders lautenden Gerüchte doch fast alle.
    Das Dumme an schönen Mutteridealen sind nicht die Wunschvorstellungen an sich. Das Dumme ist, dass Mütter am Anfang der Mutterschaft zu wenig Erfahrung haben, um diese Ansprüche, die Tag für Tag unaufhörlich aus Ratgebern, Gruppen, Organisationen, Foren, Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und Gesprächen auf sie einprasseln, realistisch einschätzen zu können. Es ist wie die ersten Wochen in einem großen Unternehmen: Man versteht die wahren Hierarchien und Machtspielchen noch nicht. Man ist noch nach allen Seiten bemüht, einen guten Eindruck zu machen und alle Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen. Nur mit dem Unterschied, dass es für Mütter keine Vorgesetzten gibt - auch wenn uns das gerne vorgegaukelt wird. Weil uns unsere natürliche Führungsrolle gegenüber unserem Kind von Anfang an kaum zugestanden wird, ja, im Gegenteil wir auf Expertenmeinungen, Gehorsam und Ideale eingeschworen werden, kommen viele von uns gar nicht auf den Gedanken, tatsächlich Herrin im Haus zu sein. Wir erkennen nicht,
welche Ratgeber uns haarsträubend einseitige, ja absurde Mutterbilder präsentieren. Die meisten von uns bekommen stattdessen Schuldgefühle, Minderwertigkeitskomplexe und das latente Bedürfnis, beim besten Experten des Landes das Lager aufzuschlagen, damit er uns sagt, wie wir denn als Mutter zu sein haben, damit unser Kind wird, wie es denn zu sein hat.
    Aber wenn wir nicht unterstützt, gelobt und bestätigt werden - wie bitte sollen wir Anfängerinnen ein gesundes Selbstbewusstsein aufbauen und dem Wahnsinn trotzen?

Kapitel 4
    Willkommen im Klub!
    Wen wundert es, dass ich nach positivem Feedback japse wie ein Fisch auf Landurlaub nach Wasser? Ich brauche dringend Frauen, die schon Erfahrungen mit Kindern haben und mich unterstützen können, die mich ermutigen und bestätigen. Handfeste, selbstbewusste, fröhliche Vorbilder, keine Papierleichen aus überdrehten Ratgebern. Frauen, die mir ganz praktisch zeigen, wie man mit Kindern umgeht und dabei ein schönes Leben hat, und die mir vielleicht auch mal sagen, was ich vielleicht schon ganz gut mache.
    Â 
    Â»Schließlich ist die Mutterschaft eine Art Handwerk, und alle jungen Mütter brauchen in ihrer Lehrzeit eine Art Rollenmodell oder Vorbild - eine Art Meisterin -, die all das Neue schon einmal erlebt hat. Die Rolle des Vorbildes besteht nicht nur darin, Ratschläge zu geben und Informationen zu vermitteln. Es soll vielmehr ein psychologisches Umfeld schaffen, in dem Sie

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