Mutterschuldgefuehl
sind schlecht. Hausfrauen, die sich ein schönes Leben zu machen versuchen, sind noch viel schlechter. Wo doch alle anderen so selbstlos schuften. Pfui!
Mit einiger Verblüffung sehe ich, dass es meiner berufstätigen Freundin auch nicht besser geht. Zwar erfüllt sie formal alle Kriterien einer emanzipierten Frau und Mutter, und ihr Kind wird von Anfang an gefordert, aber man will ihr doch nicht so recht verzeihen, dass sie auch noch zufrieden ist. Wenn schon Karriere als Mutter, dann doch bitte als Verzicht! Wenn sie sagt, dass sie gerne arbeitet und es nicht anders haben möchte, schnappen viele Menschen hörbar nach Luft. Beim kleinsten Fehlverhalten ihres Kindes wird sie scheel angesehen und das Wort »Rabenmutter« schwebt laufend unausgesprochen im Raum. Sie muss sich immer mal wieder fragen lassen, warum sie denn überhaupt Kinder hat, wenn sie Karriere möchte, und im Büro schwingen sie gerne die »Dein Kind ist immer krank«-Keule, die sie schmerzhaft trifft, weil ihr Unternehmen alles andere als familienfreundliche Arbeitszeiten hat und gute flexible Kinderbetreuung, die sich der Arbeitswelt anpasst, eigentlich gar nicht existiert. Einige interessante Projekte gehen ihr durch die Lappen, weil sie wegen ihrer Kinder nicht uneingeschränkt einsetzbar ist. Wenn sie aber gnädigerweise ein wichtiges Projekt ergattert, muss sie sich wieder von anderer Stelle vorhalten lassen, eine schlechte Mutter zu sein.
Da kann man schon mal sauer werden, auch aufeinander, die Hausfrauen und die Berufstätigen. Denn eines ist doch wohl klar: Wäre die Mutter nicht, die es anders macht, müsste ich mich nicht rechtfertigen für das, was ich mache. Wenn wir alle dasselbe machen würden, gäbe es keine Diskussionen, keine Angriffe, keine Rechtfertigungen, keine Schuldgefühle, keine Versagensängste, keine vernichtenden Urteile.
Gäbe es keine Hausfrauen, hätten die Berufstätigen ein leichteres Leben, weil die Unternehmen sich darauf einstellten und die Gesellschaft sie nicht mehr als Rabenmutter beschimpfte
und lückenlose professionelle Kinderbetreuung anbieten müsste.
Wären die Berufstätigen nicht, müssten sich die Hausfrauen nicht vorwerfen lassen, langweilige Frauen und Heimchen am Herd zu sein und ihre Kinder nicht genügend zu fordern, sondern im Gegenteil maÃlos zu behüten.
Wir würden alle besser leben.
Dieser Gedanke einer uniformen Mutterbeschäftigung für alle ist in unserer vielfältigen Gesellschaft heutzutage so simpel wie absurd, ist aber nichtsdestotrotz ein kleiner, kräftiger Motor für unzählige Mütter-Fehden. Zahllose Mütter versuchen grimmig andere Mütter in Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und im Internet zu überzeugen, dass sie sich genauso - oh Verzeihung - anders verhalten sollen, damit die Schwierigkeiten endlich aufhören. Solche Feldzüge finden auch gerne mal pseudowissenschaftlich in Fernseh-Talkshows statt. Hausfrauen schimpfen über Berufstätige und Berufstätige über Hausfrauen und zwischendrin flackert die eine oder andere psychologische, feministische, ökonomische, soziologische oder sonst eine Theorie auf sowie viele schöne Vorurteile und Schubladendenken.
Natürlich schneiden wir Mütter uns ins eigene Fleisch, wenn wir uns gegenseitig immerzu angreifen. Es rächt sich, dass wir nicht miteinander diskutieren und unsere unterschiedlichen Lebensentwürfe anerkennen, sondern lieber aufeinander draufhauen.
Wenn zum Beispiel Berufstätige behaupten, dass Lohnarbeit viel mehr wert sei als die Arbeit zu Hause, machen sie sich blind für ihre eigene alltägliche Leistung, die sie selbst Tag für Tag zu Hause erbringen, und das führt zu solch merkwürdigen Wahrnehmungen wie die einer teilzeitarbeitenden Mutter, die nicht versteht, warum sie sich so ausgebrannt fühlt.
»Ich arbeite doch nur zwei Vormittage in der Woche. Den Rest der Woche bin ich doch zu Hause.«
Oder es kommt zu solch rührenden Bekenntnissen von beruflich erfolgreichen Frauen, wie sie immer mal wieder durch Interviews in Frauenzeitschriften geistern:
»Im Büro mache ich Urlaub von den Kindern und wenn ich bei den Kindern bin, mache ich Urlaub vom Büro.«
Man möchte ihnen am liebsten zurufen: Wie wäre es denn mal mit Urlaub auf dem Tennisplatz?
Und wenn Hausfrauen berufstätige Mütter als schlechte Mütter verurteilen und Sätze
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