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Muttertier @N Rabenmutter

Muttertier @N Rabenmutter

Titel: Muttertier @N Rabenmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nives Mestrovic , Sonja Liebsch
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auch Alex lachend. So kannte ich ihn. Auf den ersten Blick ein stilles Wasser, das man leicht unterschätzen konnte. Tatsächlich aber liebte Alex es, andere zu provozieren, wobei er es nie böse meinte. Maxi erzählte mir einmal, dass es früher eine seiner Lieblingsbeschäftigungen beim samstäglichen Einkauf gewesen war, anderen Leuten unbemerkt etwas in den Einkaufswagen zu legen. Dann verfolgte er die betreffenden Personen, um ihre Reaktion zu beobachten, wenn sie es bemerkten. Dabei beließ er es nicht bei zwei oder drei Bananen. Nein, auch Rasierapparate oder Toaster wanderten in die Wagen der arglosen Kunden.
    Till hatte zwischenzeitlich seine Schockstarre überwunden und war mit Franziska im Kinderzimmer verschwunden.
    »Genial, die scheinen sich auf Anhieb zu verstehen. Ich habe, ehrlich gesagt, auch nichts anderes erwartet. Das sind eben unsere Kinder. Und schau mal der Jan, das kleine Sackgesicht, der ist direkt nach draußen gelaufen und hat sich an den Tisch gesetzt. Ihr habt hoffentlich Hunger mitgebracht.« Maxi zuckte bei dieser nicht ganz feinen Bezeichnung ihres Sohnes kurz zusammen. Sie hatte mich schon immer wegen meiner sehr direkten Ausdrucksweise gerügt. Anscheinend war sie sich aber nicht sicher, ob sie mit mir noch genau so reden konnte wie früher und überging deshalb die verbale Attacke auf ihren Jüngsten.
    »Ein wenig. Wir haben gut gefrühstückt.«
    »Gut, es gibt alles, was ich euch versprochen habe, und ich habe sogar eine Himbeer-Mascarpone-Torte gebacken«, kündigte ich stolz an.
    »Hmmm, lecker. Lass mal schauen!« Offensichtlich hatte ich Alex’ Geschmacksnerv getroffen. Doch bevor er sich vorzeitig über das Dessert hermachen konnte, schnappte sich Lieschen den Mann.
    »Hörens, wir beede donn ens dat leckere Zeusch jrille. De Nam kenn isch net. Fleischröllsche eben.« Alex grinste und fügte sich Lieschens Anweisungen.
    »Sag mal, versteht er alles, was Lieschen sagt? Nee, ne?«
    »Nein, der versteht garantiert nix, aber das Gute an Alex ist, dass er so tut, als ob alles klar wäre«, erklärte Maxi. »Übrigens, meine Mutter erwartet ihre Enkel pünktlich um sechs zurück. Ich hoffe nur, dass wir bis dahin genug Zeit haben, ungestört zu reden.«
    »Ja, das kenne ich. Wenn wir in Kroatien sind, werde ich auch ständig von A nach B zitiert, und von B nach C. Aber nicht, weil meine liebe Verwandtschaft Sehnsucht nach mir hat, sondern weil sie alle Franziska sehen wollen.«
     
    Es war nicht leicht, sich zu unterhalten. Die Kinder kamen immer wieder mal in den Garten raus, wollten etwas zu trinken oder aufs Klo oder hatten Hunger. Das Übliche eben. Mittlerweile roch es schon köstlich.
    »Essen fassen«, rief Franziska kurze Zeit später, und alle drei stürzten sich auf den Grill.
    »Ich will drei!«
    »Jan, Schätzchen, du wolltest sicher sagen, du möchtest drei«, berichtigte ihn Maxi.
    Ich musste lachen. »Das ist wohl seine Lieblingszahl!«
    Nachdem jeder seinen Teller hatte, war es ganze fünf Minuten still. Mit vollem Mund ließ es sich nicht so einfach reden.
    »Mama, kann ich bitte den Schafskäse haben?«
    »Klar, Franziska, hier. Ihr müsst wissen, Franziska liebt Schafskäse. Genau wie ich!«
    »Donn misch ens de Ketsch un dat Magnese«, wandte sich Lieschen an Alex. Der schaute auf, schluckte schnell den Bissen, den er gerade im Mund hatte, herunter und fragte wohlerzogen »Wie bitte?«
    Maxi fing laut an zu lachen. »Gib ihr bitte Ketchup und Mayonnaise!«, half sie ihrem verdutzten Mann auf die Sprünge. Die Kinder kicherten, und Franziska erklärte vorlaut, dass Lieschen eigentlich am liebsten den Gammelberger-Käse mag.
    »Waaaaas?«, fragte Till.
    »Camembert. Aber hier bei uns im Rheinland heißt alles ein bisschen anders«, klärte ich ihn über die sprachlichen Absonderlichkeiten meiner Heimat auf.
     
    Es war ein ausgelassener Nachmittag. Meine Torte kam gut an. Till aß sogar drei Stücke, was sich offenbar positiv auf seinen Parasymphaticus auswirkte, denn er gewöhnte sich allmählich an meine laute Art und zuckte nicht mehr bei jedem meiner Aufschreie zusammen. Jan hatte damit von Anfang an keine Probleme gehabt. Er kam mir ohnehin sehr entspannt vor. Ab und zu ließ er ein Schimpfwort fallen, und irgendwann versuchte auch Maxi nicht mehr, ihn zu erziehen. Manchmal ist es eben besser, die Dinge laufen zu lassen, dem Muttertier eine Auszeit zu gönnen und die Kinder einfach vor dem Fernseher zu parken. Genau das taten wir dann auch – die

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