Muttertier @N Rabenmutter
Copyshop ließ ich rote, schwarze und weiße T-Shirts auf der Rückseite mit dem Schriftzug ›Let’s get ready to rumble!‹ bedrucken. Die Kinder sollten dann mit Textilstiften Namen von WWE-Stars auf die Vorderseiten schreiben oder sich selbst Namen ausdenken. Sie könnten die Shirts natürlich auch einfach nur bunt anmalen. In unserer Faschingskiste fand ich noch Reste von Faschingsschminke. Damit konnten die Kinder sich gegenseitig Masken ins Gesicht malen. Stoffreste sollten als Schweißbänder, Stirnbänder oder Gürtel dienen. So ausgestattet mussten die jungen Wrestling-Stars nur noch den Trainingsparcours absolvieren, bevor sie selbst in den Ring steigen durften. Hierfür hatte ich klassische Aufwärmübungen vorgesehen, aber auch kampfsportspezifische Aufgaben wie Armdrücken, gegenseitiges Anschreien oder Gewichte stemmen. Für das große Finale wollte ich mir Andreas Gartentrampolin mit Netz ausleihen. Hier sollten dann kurze Kämpfe Mann gegen Mann stattfinden. Dem Sieger wollte ich natürlich, wie bei den Großen auch, einen Meisterschaftsgürtel überreichen. Solche Gürtel waren im Internet sogar in Kindergrößen erhältlich. Da ich bei dem Auftrag aber nicht draufzahlen wollte, verzichtete ich auf einen 170-Euro-Gürtel und bastelte stattdessen einen eigenen. Einen ganzen Abend brachte ich damit zu, mehrere hundert Pailletten und Glitzersteine auf ein Stoffband aufzukleben, ganz dem echten Vorbild nachempfunden. Als er fertig war, betrachtete ich mein Meisterstück und war außerordentlich zufrieden. Langsam fieberte ich dem Geburtstag entgegen. Nach der ganzen Vorbereitung freute ich mich auf strahlende Kinderaugen und ein gelungenes Fest. Andrea hatte recht gehabt. Kindergeburtstage waren genau mein Ding.
Der 7. Juli war ein regnerischer Tag. Zum Glück war die Terrasse überdacht. Fast alle Spiele ließen sich auch im Haus durchführen. Das einzige Problem war der Wrestling-Kampf. Alex und Arthur hatten das Trampolin am Vortag im Hausteinschen Garten aufgebaut. Cindy war offensichtlich nicht sehr erfreut über dieses Zeugnis proletarischer Körperertüchtigung auf ihrem Anwesen. Nachdem ich aber laut darüber nachgedacht hatte, dass der Fitnessraum auch eine hervorragende Kulisse für eine Wrestling-Arena wäre, beeilte sie sich sehr, die originelle Idee mit dem Trampolin zu loben. Die frische Luft wäre ja sowieso das Beste für die Kinder. Genau diese frische Luft machte mir jedoch am Morgen der Party große Sorgen, aber daran konnte ich nun nichts mehr ändern. Ich schickte ein kurzes Stoßgebet zum Himmel und hoffte, das Wetter würde halten.
Der Morgen begann chaotisch wie jeder Morgen in unserer Familie. Ich hatte bis spät in die Nacht hinein an der Wrestling-Torte gearbeitet, Geschenktütchen für die Gäste gepackt und alle nötigen Accessoires zusammengesucht. Bestens vorbereitet ging ich um 1.30 Uhr ins Bett, wurde aber gegen 3 Uhr von lautem Schreien geweckt. Jan hatte offensichtlich schlecht geträumt. Ich brachte ihm etwas zu trinken und erzählte ihm eine Geschichte. Um 3.45 Uhr kroch ich wieder unter meine Bettdecke, konnte aber nicht mehr einschlafen. Ich war zu aufgeregt und ging in Gedanken immer wieder die Geburtstagsparty durch. Mein erster Auftrag musste einfach ein Erfolg werden. Vollkommen erschöpft quälte ich mich um 6 Uhr aus dem Bett und bereitete schlaftrunken das Frühstück für meine Familie vor. Während Alex duschte, weckte ich die Kinder. Ich überzeugte Till davon, dass zum Legospielen keine Zeit mehr wäre und versuchte vergeblich, Jan aus dem Reich der Träume zu holen. Schließlich zog ich ihn einfach im Bett an und hoffte, dass er dabei aufwachen würde. Nichts zu machen. Immer noch schlafend trug ich ihn ins Wohnzimmer und legte ihn aufs Sofa. Ich hoffte, Alex würde ihn aufwecken können. So konnte ich ihn jedenfalls nicht im Kindergarten abgeben. Dabei musste ich dringend die letzten Einkäufe für den Geburtstag erledigen. Ich brauchte noch Kindersekt, Knabbersachen und die Hot Dogs. Nachdem auch Alex sich vergeblich bemüht hatte, unseren Sohn wachzuküssen, griff ich zu härteren Mitteln.
»Till, mein Liebling. Du hörst doch so gern die CD mit den Fußballliedern. Mach sie doch mal an. Dann starten wir alle mit guter Laune in den Tag.« Was für eine Rabenmutter. In Gedanken entschuldigte ich mich bei Jan für dieses brutale Vorgehen. Aber an diesem Tag konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich musste einfach meinen Zeitplan einhalten. In
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