Muttertier @N Rabenmutter
Tatsache, dass sie mich wohl für blöd genug hielt, dass ich ihr diese abstruse Geschichte abkaufte. Oder glaubte sie sie letzten Endes sogar selbst? Sollte ich ihr mal die Telefonnummer von Dr. Masurka zustecken?
»Du suchst also jemand, der Lennarts Geburtstagsfeier ausrichtet?« Ich schob die Gedanken an Erdnussbutter beiseite und versuchte, mein Ziel zu fokussieren.
»In der Tat möchte ich in diesem Jahr die Dienste eines Birthday Planners in Anspruch nehmen. Der fünfte Geburtstag ist schließlich ein ganz besonderer.«
»Ja, natürlich«, stimmte ich ihr zu, ohne auch nur die leiseste Ahnung davon zu haben, wovon Cindy sprach. Dass der fünfte Geburtstag ein besonderer sein sollte, war mir neu. Es standen keine einschneidenden Ereignisse bevor wie etwa die Einschulung oder die Strafmündigkeit. Ich beschloss, mir meine Unwissenheit nicht anmerken zu lassen und die Bedeutung des fünften Geburtstages zu Hause zu googeln. »Wann ist denn Lennarts Geburtstag?« Während unserer Unterhaltung hatte ich einen Notizblock aus meiner Tasche geholt und begann nun, die wichtigsten Informationen einzuholen.
»Am 7. Juli. Siebter Siebter. Kann man sich super merken. Deshalb haben wir uns den Termin gewünscht. Der Arzt wollte ihn ja noch ein paar Tage drin lassen, aber ich habe gesagt: Nee, glauben Sie mir. Da wird mir mein Sohn ewig dankbar sein für so ein tolles Geburtstagsdatum.«
»Sicher. 7. Juli passt gut. Da haben wir ja noch genug Zeit.« Ich konnte gar nicht glauben, dass Cindy wirklich meinte, was sie da sagte, aber sie saß völlig selbstverliebt mit einem überlegenen Lächeln im Gesicht neben mir und freute sich offensichtlich immer noch sehr über ihr Durchsetzungsvermögen in Sachen Geburtstermin. »Gibt es schon ein Motto für die Party?«
»Wie jetzt? Was für ein Motto? Meinst du wie Karibische Nacht oder so was?« Ein Strahlen in ihren Augen verriet mir, dass Cindy von vermutlich nicht jugendfreien Erlebnissen auf solchen Partys träumte.
»Ich dachte mehr an Piraten, Fußball oder Dinosaurier. Was Kindern in dem Alter eben gefällt. Was hat Lennart denn für Hobbys?«
»Weißt du, Lennart ist sehr weit für sein Alter. Der steht nicht auf Kinderkram.«
»Verstehe. Wo liegen denn seine Interessen? Molekularforschung? Bionik?« Ups, solche Bemerkungen durften mir im Umgang mit Kunden einfach nicht herausrutschen. Leicht erschrocken sah ich Cindy an. Doch die schien meinen Sarkasmus gar nicht bemerkt zu haben. Angestrengt sah sie auf ihr leeres Eiweiß-Schocker-Glas.
»Wrestling«, sagte sie schließlich. »Lennart und Konstantin sehen sich täglich zusammen Wrestlingkämpfe im Fernsehen an. Es ist so toll, wenn Vater und Sohn ähnliche Interessen haben. Konstantin ist es sehr wichtig, Zeit mit seinem Sohn zu verbringen. Und du glaubst gar nicht, wie intelligent Lennart ist. Der kann dir die Namen von allen wichtigen Wrestling-Stars und ihren aktuellen Rang in der WWE nennen.« Leicht irritiert notierte ich Wrestling auf meinem Notizblock. In Gedanken sah ich Kinder auf Krücken mit Gipsverbänden an Armen und Beinen humpelnd das Hausteinsche Grundstück verlassen. An ihren Handgelenken waren Heliumballons festgebunden, auf denen muskelbepackte Wrestling-Größen in dümmlichen Siegerposen abgebildet waren.
»Wie viele Kinder kommen denn?« Ich versuchte, mir meine Meinung zum Thema Wrestling nicht anmerken zu lassen.
»Ach Gott, unser Lennart ist ja so beliebt. Wenn er all seine Freunde einladen würde, müssten wir anbauen.« Sie kicherte leise. »Aber ich bin der Meinung, dass eine große Party für Kinder in dem Alter einfach eine Überforderung ist. Deshalb habe ich ihm gesagt, er darf nicht mehr als 15 Kinder einladen. Das muss reichen, um seinen sozialen Verpflichtungen nachzukommen.« Cindy lebte in vollkommen anderen Dimensionen als ich. Das musste ich einfach wertungsfrei akzeptieren, wenn ich mit ihr ins Geschäft kommen wollte.
»Und welches Budget steht für die Party zur Verfügung?« Jetzt wurde es interessant. Gleich würde ich wissen, ob sich mit Kindergeburtstagen Geld verdienen ließ.
»Ach Maxi, da hast du doch viel mehr Erfahrung als ich. Sag du mir mal eine Hausnummer.« Damit spielte sie den Ball wieder zu mir zurück. Dumm war sie wirklich nicht. Was sollte ich sagen? Ich wollte nicht gleich bei meinem ersten Gespräch abgelehnt werden. Das wäre kein guter Start für mein Geschäft gewesen. Aber verdienen wollte ich schon an dem Auftrag.
»Also«, sagte ich
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