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Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
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sie noch immer so schöne Rollenbezüge haben!«, sagt meine Mutter jedes Mal, wenn wir uns sehen.
    Auch den Nackenrollenbezug, der sich verabschiedet, hat sie bei Stackmann erstanden – zahllose Schleifen halten den Blumenmusterstoff an den beiden Enden zusammen, sodass eine Art Bonbon entsteht. Laura Ashley lässt grüßen.
    Muddi spricht davon, dass sie nun wieder einen Bezug mit opulentem Blumenmuster wählen muss , und dieser Bezug muss selbstverständlich mindestens vierzig Euro kosten. Denn damals hat sie rund achtzig DM berappt. So ein hoher Preis garantiert Qualität. Schließlich hat die Rolle ja nicht umsonst fünfzehn Jahre gehalten.
    Eines Tages komme ich auf die Idee, meine Mutter zu überraschen, indem ich ganz simpel eine Nackenrolle bei eBay bestelle und direkt an ihre Adresse schicken lasse. Tatsächlich entdecke ich online zwei Rollen inklusive Bezügen mit wahrhaft opulentem Blumenmuster, Schleifenbändern und entsprechender Farbkombination, zusammen für lächerliche fünfzehn Euro! Selbstverständlich kommt auch mir sofort der Gedanke, dass dieses Set nicht sonderlich wertvoll sein kann , da es weniger als vierzig Euro kostet … Doch ich setze mich über diese Bedenken hinweg und bestelle.
    Vier Tage später ruft meine Mutter mich an.
    »Laura«, sagt sie aufgeregt, »ich hab da ein Paket bekommen! Und ich hab mich ganz lange mit der Postbotin unterhalten, weil ich gerätselt habe, von wem ich das Päckchen bekommen habe! Sie meinte, dass es bestimmt von meiner Tochter kommt. Laura, stimmt das?« Bevor ich irgendetwas erwidern oder erklären kann, folgt natürlich schon der Satz, den ich erwartet habe: »Du sollst mir doch nichts kaufen!«
    Ich übergehe diese Bemerkung und gebe stattdessen den Startschuss zum Öffnen des Pakets.
    »Gott nee«, schnauft Muddi, »wie fest haben die das denn wieder verschnürt? Laura, warte mal …«
    Pause.
    »Ich leg mal den Hörer hin, ja?«
    »Ja, Muddi.«
    Es raschelt, sie stöhnt.
    »Laura, wartest du noch mal? Ich hol mal eine Schere. Das ist ja unglaublich, wie fest das verschlossen ist. Ich krieg das nicht auf!«
    Es knallt, und ich zucke zusammen – meine Mutter hat den Telefonhörer auf den Tisch geworfen. Danke, Muddi …
    Ich höre sie auf dem Weg in die Küche, Richtung Haushaltsschere, schimpfen. Dann vernehme ich ein Rascheln, Stöhnen, nochmals Rascheln. Schließlich folgt ein lautes und hörbar überraschtes »Oooh! Na, das ist ja ein Ding!«. Dann nimmt Muddi den Hörer wieder in die Hand.
    »Laura!«, ruft sie. » Das ist ja eine Überraschung! Na ja … ein bisschen sehr rosa sind sie ja schon … aber es geht! Was hast du dafür ausgegeben? Das bezahl ich dir natürlich! Ach, wie schön, dann werd ich nachher gleich mal den alten Bezug wegwerfen …«
    Tage später berichtet Muddi mir, dass sie gerne einen Vergrößerungsspiegel haben möchte. Am besten so einen, der dem in unserem Badezimmer ähnelt.
    Diesmal bestelle ich beim Internetgroßhändler, und meine Mutter hat den Spiegel schon zwei Tage später.
    Was geschieht nun? Same procedure.
    Zunächst die Unterhaltung mit der Postbotin. Dann das Telefonat mit mir. Erneuter Überraschungseffekt und im Anschluss die Mitteilung, wo sie den erhaltenen Gegenstand platzieren wird. Nach der Kartonentsorgung und einigen Momenten der Freude folgt schließlich die Nutzung des neuen Spiegels.
    Veränderung – Beschäftigung – Freude! Mindestens zwei, drei Stunden hat Muddi gut zu tun. Im besten Fall liefert dieses Ereignis noch Gesprächsstoff beim Plaudern mit Lorenzos Mama, ihrer Mieterin.
    Einige Tage später sitze ich vor meinem PC , habe im Browser ein paar Shoppingseiten geöffnet und überlege: Womit könnte ich Muddi aus der Ferne noch eine Freude bereiten? Mit einem neuen Maniküre-Necessaire? Immerhin ist ihres schätzungsweise fünfzig Jahre alt. Auf dem Set sind sogar noch Spuren brüderlichen Vandalismus’ zu erkennen. Mein Onkel hatte als Kleinkind mit der Schere wirre Muster ins Leder geschnitzt. Muddi hat allerdings noch nie irgendetwas leichtfertig weggeworfen. Wäre es nicht einfach mal an der Zeit für eine Veränderung – vor allem, wenn sie dann wieder eine Weile nicht über ihre Einsamkeit nachdenkt? Biobauern, Avonberater und Elektroverkäufer: Auf zu Muddi!
    Fragt sich nur, wann meine Mutter das Ganze als Beschäftigungstherapie entlarvt. Aber bis dahin ist mir bestimmt was Neues eingefallen. Oder ich bin pleite.



20
»Ich mein das doch alles nicht so!«
    W enn meine

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