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Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
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letzten Woche alles neu eingerichtet hast! Ich versteh das nicht! Das ist ja beinah so, als würde da nachts ein Geist dran rumfummeln. Also, ehrlich mal!«
    Genau, denke ich. Und warte. Denn ich kenne meine Mutter und weiß, dass der schwungvolle Abschluss der Rede noch fehlt. Und ich werde nicht enttäuscht. Meine Mutter schimpft den Schuldigen, das Telefon, in Grund und Boden.
    »Ich will das Scheiß-Telefon nicht mehr!«, ruft sie erbost. »Das Ding muss weg!«
    Und dann?
    Diesmal verkneife ich mir eine vorlaute Antwort. Denn wenn sie Ernst macht, dann habe ich keine Möglichkeit mehr, unseren Streit schnell aus dem Weg zu schaffen. Vielleicht sollte ich mir aber keine Sorgen machen – Muddi hat dafür bestimmt schon einen Notfallplan aufgestellt. Ich könnte wetten, dass in den unendlichen Weiten ihres Dachbodens noch irgendwo ein Morsetelegraf herumliegt.
    Wenn wir dann Streit haben oder mal wieder ein ungewolltes Paket eintrudelt, das ich bestellt habe, morst sie einfach dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz: SOS !



22
»Wieso sagt sie denn nichts?«
    M uddi muss zu allem ihren Senf dazugeben. Das hat sie früher getan, und auch heute noch kann sie kaum ein Geschehen unkommentiert lassen. Dazu kommt, dass meine Mutter eine äußerst spitze Zunge hat. Manchmal, wenn ich mir einfach nur einen Moment Ruhe wünsche, denke ich an den einzigen Tag, an dem meine Mutter nichts verlauten ließ. Und das gleich in zweifacher Hinsicht.
    Es war auf einem unserer Sonntagsausflüge.
    Als mein Vater noch lebte, fuhren meine Eltern und ich sonntags bummeln oder Kaffee trinken. Bei solchen Ausflügen bewiesen wir drei stets reichlich Sitzfleisch, das heißt, wir hielten uns oft stundenlang in irgendwelchen Ausflugslokalen auf.
    Bevor wir uns an einem Ort zu Kaffee und Kuchen niederlassen konnten, musste »organisiert« werden. Und Muddi war schon immer eine Meisterin im Organisieren. Sie bereitete ihre Familie und sich selbst auf alle Eventualitäten vor, indem sie nicht nur ihre Handtasche mit allerlei Zeugs füllte, sondern auch noch Beutel mit Schokolade, Getränken, Büchern, Zeitschriften und warmen Jacken vollstopfte. Man konnte schließlich nie wissen, was uns unterwegs zustoßen würde. Eventuell ging uns auf einer einsamen Landstraße das Benzin aus, eine Kältewelle kam über uns, oder der Dritte Weltkrieg brach völlig unerwartet aus.
    Meine Familie ist immer recht laut und ausgelassen. Alle reden durcheinander. Man vergisst beim Aufbruch Dinge und muss noch mal zurück ins Haus. Man befragt die anderen, ob sie nicht auch noch irgendetwas vergessen haben. Man steigt ins Auto. Bei alledem wird geredet, geredet, geredet. Dass jemand still ist, kommt so gut wie nie vor.
    An jenem besonderen Tag bestieg ich das Auto meiner Eltern, setzte mich auf den Beifahrersitz neben meinen Vater und begann mit ihm über dies und jenes zu plaudern, während er den Wagen startete. Ich erwartete, dass Muddi sich jederzeit einmischen würde. Doch es blieb unerwartet ruhig auf dem Rücksitz.
    »Laura«, sagte Vati, dem das auch nicht entgangen war, »hast du gesehen, dass ich die Paneele im Flur lackiert hab? Deine Mutter musste natürlich wieder rummeckern, weil ich angeblich nicht den richtigen Lack benutzt hab.«
    Ich grinste, nickte und sagte: »Hast du aber hübsch gestrichen, Vati. Also, ich find’s richtig schick! Weiß gar nicht, was sie will.«
    Meine Mutter machte keine Anstalten, sich dazu zu äußern.
    »Deine Mutter hat mich gestern wieder mal wahnsinnig gemacht«, sagte mein Vater nun. »Stundenlang hat sie mir vorgeworfen, ich sei der vergesslichste Mensch, dem sie jemals begegnet sei, nur weil ich seit zwei Monaten meinen Führerschein nicht finde. Dabei ist sie doch immer diejenige, die alles verschusselt!«
    Ich wusste wohl, dass er nach dieser kleinen Stichelei erwartete, dass sie sich zu Wort melden würde, fand aber, nun ginge er ein wenig zu weit. Doch wiederum kam keine Bemerkung von der Rückbank. Ich begann mir Sorgen zu machen, ob mit ihr alles stimmte. Vielleicht hatte sie sich den Magen verdorben?
    »Na prima«, meinte mein Vater und hielt den Blick auf die Fahrbahn gerichtet. »Jetzt ist sie eingeschnappt. Das ist ja wieder mal typisch! Aber wenn wir heute Abend wieder zu Hause sind, bombardiert sie mich bestimmt stundenlang mit Vorwürfen!«
    »Sag mal, Vati«, sagte ich. »Könnt ihr das bitte unter euch klären? Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ihr macht mich krank! «
    Ja, auch ich kann

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