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Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
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in Gottes Namen. Es darf doch ruhig auch etwas kosten. Danach kannst du dich dann am Anblick der frischen Farbe erfreuen!«
    »Pah, frische Farbe. Die macht die Häuser auch nicht jünger. Ich hasse diese beiden Häuser. Am liebsten würde ich …«
    Ich beende den angefangenen Satz meiner Mutter: »… die Häuser anzünden und dich selbst gleich mit. Ich weiß, Muddi.«
    Ob ich sie bitten sollte, sich zuvor um eine günstige Beerdigung und einen preiswerten Sarg zu kümmern? Immerhin würde die Suche nach den billigsten Bestattern so viel von Muddis Zeit beanspruchen, dass sie darüber das Sterben gleich ganz vergisst. Und das wäre der erste Beweis dafür, dass Geiz Leben rettet.



31
»Tupperdosen halten nicht dicht!«
    S eitdem ich weiß, dass meine Mutter und ich uns in eingefahrenen Bahnen bewegen, kann ich das hin und wieder geschickt nutzen, um eine Situation in die gewünschte Richtung zu lenken. Denn wer alte Muster kennt, kann auch mal davon abweichen.
    Die donnerstäglichen Besuche laufen fast immer ähnlich ab. Eine Sache, auf die ich mich verlassen kann, ist, dass meine Mutter meint, sie müsse mir etwas mit auf den Weg geben, wenn wir uns voneinander trennen. Ich halte das für eine Art Urinstinkt: Mütter hören wohl nie auf, ihr eigen Fleisch und Blut versorgen zu wollen, nicht einmal, wenn sie selbst bereits ein hohes Alter erreicht haben.
    Kennen Sie das? Sie sind nach einem Besuch bei Ihrer Mutter gerade dabei, Ihr Elternhaus wieder zu verlassen, als Muddi plötzlich einfällt, dass sie Ihnen »noch was mitgeben« könnte. Es handelt sich dabei meistens um einen oder mehrere der folgenden Gegenstände:
    – Zeitschriften. Ich sprach es bereits an. Darin sind Textstellen markiert, die Sie später bei der Klolektüre entdecken. Ihnen fallen dann etwa folgende Zeilen ins Auge: »Horst Janson bettelt seine Fans um finanzielle Hilfe an. Der Star von damals hat Schulden!« Daneben steht in Muddis Handschrift: »So eine Frechheit!« … Und: »Unglaublich!« Außerdem zieren fünf Ausrufungszeichen den Rand der Seite.
    – Ihre alte, von Ihrer Mutter selbst gestrickte rosa Kinderjacke, die Muddi gerade »zufällig« auf dem Dachboden gefunden hat. Sie gibt Ihnen dieses Kleidungsstück mit, damit Sie sich an die wundervolle Kindheit in Ihrem Elternhaus erinnern, an selbst gefertigte Mäntel und Pullover, Spangenschuhe und knallrote Zopfgummis. Und vor allem natürlich an die herrlichen Herbsttage in den umliegenden Wäldern, als Sie sich an der Hand Ihres Vaters das eine oder andere Blatt einer Eiche, einer Buche oder eines Ahornbaumes zeigen ließen.
    – Eine oder zwei Tüten mit der Aufschrift eines Supermarktes, der bereits vor zwanzig Jahren seine Pforten geschlossen hat. In diesen Tüten befinden sich siebenundachtzig kleine Indianer- und Cowboy-Figuren, ein Westernfort, eine Miniatur-Seilbahn, originalgetreu der Predigtstuhlbahn von Bad Reichenhall nachempfunden. Dort verbrachten Sie gemeinsam mit Ihren Eltern diverse Sommerferien. Manche unbeschwert und glücklich, andere eher weniger glücklich, weil Sie mit vierzehn Jahren gerade mitten in der Pubertät waren und es sterbenslangweilig fanden, Dutzende von Kilometern über Almwiesen und Kraxelwege zu wandern, und das mit dem knallroten Rucksack, den Sie seit Ihrem sechsten Lebensjahr besaßen, auf dem Rücken.
    – Ihren alten Zauberwürfel aus dem Jahr 1984. Die farbigen Aufkleber sind ein wenig abgegriffen, und drehen kann man die einzelnen Elemente auch nur noch mit einem gewissen Kraftaufwand. Der Würfel quietscht und riecht ein wenig muffig.
    – Ihre gesammelten selbst gezeichneten Geburtstagsglückwünsche an Ihre Eltern, Ihre Oma, Tante Mathilde und Boxerhündin Bora. »Du bist der schönste Hund auf Erden und sollst auch gut gefüttert werden! Deine Laura!« steht auf der Karte an den Vierbeiner. Grüne verschnörkelte Ranken und die süßesten rosa Blüten, die eine Kinderhand zeichnen kann, zieren dieses Gedicht. Bora sitzt auf meiner Zeichnung vor einem Futternapf und sieht eher aus wie ein zu groß geratenes Kaninchen mit einem Pfannkuchengesicht. Originalgetreu hatte ich allerdings einige Tropfen Sabber unter das Kinn gezeichnet. Schon damals besaß ich anscheinend Sinn für Humor.
    – Eine große Funkienstaude, die Muddi gerade in ihrem Garten ausgegraben hat. Sie werden Ihrer Mutter diesen Akt der Nächstenliebe noch lange danken, weil mit der Funkie eine Schar von Dreiblatt-Ablegern bei Ihnen Einzug hält, die sich im Laufe

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