My Story - Streng geheim - Aller guten Jungs sind drei
würde, wenn Nele hinfiel. Würde sie sich das kaputte, aber fast verheilte Bein brechen? Das wäre ein echter Mist. Wir müssten zum dritten Mal in diesen Ferien die Bergwacht rufen, hätten allerdings den Vorteil, dass sich der Unfall auf unserer Terrasse und bei warmem Wetter zutragen würde, weshalb ich auf Mütze, Schal und Handschuhe verzichten könnte.
Jetzt hatte Nele die Bank an der Hauswand erreicht; sie setzte sich, streckte das fast wieder funktionsfähige Bein aus und schaute zu mir herüber.
»Warum machst du das?«, rief ich ihr zu.
»Ich nehme mir ein Beispiel an Emir! Ich will nicht hinter ihm zurückstehen!«
Wie gesagt, für Nele war Emir der strahlende Held. Dem eiferte sie nach, sie wollte so mutig sein wie er, so tapfer, so entschlossen. Und warum? Weil sie ihn liebte. Das Dumme war nur, dass er sie, wie er mir gestern ja gestanden hatte, nicht liebte â¦
Nele nahm ihre Terrassenwanderung wieder auf. Eine geschlagene Stunde lang spazierte sie hin und her. Immer hin und her. Nele war zäh und hatte jede Menge Ausdauer. Das Tapp-Tapp-Tapp ihrer Schritte machte mich fast wahnsinnig,
ich wünschte mir einen Gesangsverein, einen Frauenclub, eine Omnibusladung Gäste her. Die Leute würden ihr nämlich den Platz auf der Terrasse streitig machen, aber leider wurde mir der bescheidene Wunsch nicht erfüllt.
SchlieÃlich ruhte sich Nele wieder auf der Bank in der Sonne aus, ich klappte das spannende Buch zu und setzte mich neben sie.
»Na?«, fragte sie mit glänzenden Augen. »Wie mache ich das?«
»Cool. Echt cool. Du trainierst ganz ohne Stock«, sagte ich anerkennend.
»Glaubst du, Emir wird stolz auf mich sein?«
»Hundertpro.«
»Wirklich?«
»Tatsache.«
Sie öffnete die Spange in ihrem Nacken, schüttelte die blonden Schnittlauchhaare nach hinten, fasste sie zusammen und knipste die Spange wieder zu.
»Warum lässt du die Haare nicht offen? Ich finde das schöner.«
»Und Emir?«, fragte sie sofort.
»Mensch, Nele! Tu das, was du willst und für schön oder richtig hältst!«
»Aber Emir â¦Â«
Das Mädchen machte mich rasend, ehrlich! »Jeder Junge wird dich langweilig finden, wenn du nur das tust, was er will.«
»Aber warum denn? Ich finde es schön, wenn man â¦Â«
»Ne, da liegst du total falsch«, unterbrach ich sie und seufzte. Wo hatte Nele bisher gelebt? Auf einem noch unentdeckten Stern hinterm Mond? Unter zarten Elfen im Märchenland? Oder hatte sie nur die Girlie-Magazine gelesen, in denen depperte Beratertanten längst überholte Weisheiten verkünden:
Ein bisschen keck darfst du ja sein, aber im Grunde genommen wollen dich die Jungs brav und angepasst. Also tu, was ihnen gefällt, dann bekommst du todsicher einen süÃen Lover. Bäh!!!
Ich seufzte noch einmal, denn ich war pflichtbewusst und sah es als meine Aufgabe an, Nele den Ernst des Lover-Lebens nahezubringen. »Was findest du schön?«
»Wenn zwei Menschen, die sich lieben, das Gleiche denken und wünschen und tun«, hauchte sie.
»Allmächtiger!« Das ruft Gundi immer, wenn sie von einem Schreck in den andern fällt. »Das ist aber bestimmt nicht dein Ernst, oder?«
»Das ist mein Ernst«, beteuerte sie und riss dabei ihre groÃen blauen Augen ganz weit auf. »Ist das denn nicht richtig?«
»Nele, wie soll ich dir das in wenigen Sätzen sagen â¦Â« Hier handelte es sich um einen schweren Fall von Täuschung. Ich fragte mich, wie ich in Sekundenschnelle die gesammelte Weisheit meiner dreizehnjährigen Lebens- und mehrjährigen Lovererfahrung an sie weitergeben könnte.
»Es gibt, Nele, drei wichtige Regeln, die du unbedingt beachten solltest. Regel eins besagt, dass du niemals deine blonden Haare - nur mal zum Beispiel - schwarz färben lassen darfst, nur weil dein derzeitiger Lover Schwarz schöner findet als Blond. Wenn du grüne Haare cool findest, färbe sie giftgrün - egal was dein Lover sagt. O. K.?«
»Und wenn er mich wegen meiner schwarz oder grün gefärbten Haare verlässt?«
»Dann feierst du seinen Abschied. Du lädst deine Freundinnen zu einer Party ein und tanzt bis zum Morgen. Warum? Weil der Typ leider nur deine Haarfarbe und nicht dich liebt. Du bist du und er ist er. Wenn ihr nicht zusammenpasst, warâs das. So einfach ist das.«
»Und Regel
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