My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
ich Dad vor der Tür.
»Was ist denn los, Sabine?«, hörte ich ihn.
Mom seufzte. »Charlie nimmt der Umzug immer noch mit.«
Ich wurde hellhörig. Neugierig, was sie Dad erzählen würde, setzte ich mich auf. Los, sag ihm, dass wir zurückmüssen!, feuerte ich sie an.
»Sie gewöhnt sich schon dran.«
»Natürlich wird sie das«, erwiderte Mom. »Bei ihr dauert es nur ein wenig länger als bei Sophie und Marius.«
Im Gegensatz zu meinen Geschwistern war ich auch nicht bestechlich!
Eine Weile hörte ich noch das Murmeln meiner Eltern vor der Tür, doch Mom klopfte nicht mehr und ich hatte auch nicht vor aufzumachen. SchlieÃlich gingen sie wieder nach unten und lieÃen mich in Ruhe.
Einige Zeit starrte ich noch zornig auf die Tür, dann erinnerte
ich mich wieder an Jennys Anrufe. Obwohl ich mich immer noch von ihr verraten fühlte - immerhin hatte sie Freundschaft mit Silvie Heisterkamp geschlossen -, griff ich zum Telefon. Während ich ihre Nummer wählte, war ich mir plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob ich nicht vielleicht doch ohne sie überleben konnte.
»Mensch, Charlie! Endlich!«, schallte es mir entgegen, als Jenny abhob. »Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?«
»Einkaufen.«
»Ah«, meinte sie ein wenig lang gezogen. Früher hätte sie sofort gefragt, was ich gekauft hatte, und sich alles ins letzte Detail beschreiben lassen. Stattdessen begann sie ein wenig zögernd, von Menschen zu erzählen, die hordenweise in unserem Haus in Einbeck ein und aus gingen.
»Sicher Handwerker«, meinte ich. Es sollte ja auch alles in Schuss sein, wenn wir zurückkamen.
Ich wusste, dass sie den Kopf schüttelte, denn ihre Ohrringe schlugen heftig gegen den Hörer. »Nix Blaumann«, widersprach sie. »Alle im Kostüm, oder Anzug.« Sie machte eine Pause, und als ich vom Bett sprang und schon »Was noch?« in den Hörer brüllen wollte, sagte sie: »In eurem Rasen steckt ein Maklerschild, wo es jeder von der StraÃe aus sehen kann.«
Heilige Salzkartoffel! Das musste ein Irrtum sein!
»Charlie? Bist du noch dran?«
Ich stand stocksteif mitten im Zimmer. »Natürlich«, quetschte ich raus.
»Hör mal«, fuhr sie dann fort, »ich glaube nicht, dass deine Eltern das Haus behalten wollen. Frau Hörter von nebenan meinte, deine Eltern würden nur auf ein passendes Angebot warten.«
Der Gedanke war mir auch schon gekommen - oder er
wäre mir gekommen, wenn ich ihn zugelassen hätte. Allerdings wollte ich nicht hören, wie jemand meine schlimmsten Befürchtungen aussprach. Schon gar nicht Jenny. Logisch betrachtet, war es klar. Unser ganzer Umzug hatte in groÃer Hektik und Eile stattgefunden, sodass meinen Eltern wohl nichts anderes übrig geblieben war, als den Hausverkauf einem Maklerbüro zu übergeben.
»Ich muss jetzt Schluss machen.« Ohne auf Jennys Antwort zu warten, legte ich auf und warf mich wieder aufs Bett. Ich starrte an die Decke und fragte mich, wen ich zuerst erwürgen sollte: Jenny, die mir die Augen geöffnet hatte, Mom und Dad, die mich entwurzelt hatten und in der Fremde wieder einzutopfen versuchten, oder meine abtrünnigen Geschwister, die mich mit unserem Plan im Stich gelassen hatten.
Da ich mich nicht entscheiden konnte, entschloss ich mich dazu, erst einmal weiter an die Decke zu starren.
Als Mom später an meine Tür klopfte, um mich zum Abendessen zu rufen, war mir weder nach Essen noch nach Gesellschaft zumute. Schon gar nicht, nachdem ich fürchten musste, mit meinem Auftritt von vorhin die Aufmerksamkeit der gesamten Familie auf mich gezogen zu haben. Natürlich war mir klar, dass ich mich Mom und Dad irgendwann stellen musste - aber nicht jetzt!
Mit einem geknurrten »Hab keinen Hunger!« schickte ich Mom in die Wüste. Zum Glück war die Tür noch abgeschlossen, sodass sie nicht ins Zimmer konnte und ich ihr »Charlie, wir haben doch schon hundertmal darüber gesprochen«-Gesicht nicht sehen musste. Zu meiner Ãberraschung versuchte sie auch gar nicht erst, mich zu überreden, nach unten zu kommen. Sie zog einfach wieder ab.
So schnell gaben Eltern ihre Kinder auf. Was für eine Frechheit!
Schweigend starrte ich weiter an die Decke und bedauerte mich selbst. Solange ich gedacht hatte, Mom und Dad seien selbst nicht von diesem Umzug überzeugt und hätten deshalb das
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