My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
Haus in Einbeck behalten, war alles leichter gewesen. Jetzt jedoch erschien mir mein Plan plötzlich klein, unbedeutend und kein Stück mehr durchführbar. Sie hatten zwei andere Kinder, die sich bereitwillig in eine andere Stadt verschleppen lieÃen, warum sollten sie sich also dafür interessieren, wie es Kind Nummer drei ging?
Konnte ich ihnen doch noch einen Strich durch die Rechnung machen?
Ich spielte mit dem Gedanken, mich als Mom auszugeben und bei der Maklerfirma anzurufen, um ihnen den Auftrag zu entziehen. Für einen Moment fand ich die Idee richtig gut - bis ich mich daran erinnerte, dass Erwachsene ja immer alles schriftlich machen mussten. Und so abgebrüht, dass ich einfach die Unterschrift meiner Eltern fälschte, war ich dann doch nicht.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als weiter still vor mich hin zu leiden, was ich eine Weile auch ausgiebig tat. Dann kam mir jedoch ein anderer Gedanke: War womöglich doch ich diejenige, die falschlag? Alle waren zufrieden hier - gut, Sophie war gerade in London zufrieden, aber allein wegen der Gelegenheit, ins Ausland zu gehen, würde sie München schon lieben.
Ich musste diese Stadt gar nicht lieben. Mir würde es schon genügen, wenn ich hier überleben könnte. Vielleicht konnten mir Mehli und Finn helfen, mich hier einzugewöhnen.
Bei dem Gedanken an Finn bekam ich plötzlich ein ganz warmes Gefühl in meinem Magen, als wäre mir auf angenehme Weise schlecht. Schmetterlinge! Alle guten Vorsätze hatten nichts geholfen, ich hatte mich in Finn verguckt!
Aber das war okay, denn die Programme »Keine Freunde« und »Zurück nach Hause« konnte ich ab sofort streichen. Ein neues Programm stand allerdings sofort fest: die Eroberung von Finn Hausmann!
Zum ersten Mal seit Wochen fühlte ich mich entspannt. Plötzlich ging es mir sogar so gut, dass ich aufstand und mich daranmachte, meine Umzugskisten auszupacken. Vielleicht konnte ich mich ja doch mit München anfreunden.
6
M ontagmorgen ging es mir richtig gut. Trotz meines etwas unglücklichen Einstiegs hatte ich mir fest vorgenommen, mich hier einzuleben und Freunde zu finden. Trotzdem wollte ich noch nicht auf die Goth-Klamotten verzichten - Mom und Dad hatten ihre Strafe verdient. Sie sollten ruhig sehen, was sie mir angetan hatten. An diesem Morgen entschied ich mich für den kurzen Faltenrock und mein neu erstandenes »Gruft-Charlotte«-Shirt - beides fand ich ganz niedlich. Als ich in den Spiegel sah, gefiel es mir sogar richtig gut. Da fiel mir auf, dass ich vergessen hatte, mir die Haare hochzutoupieren. Der Unterschied war erstaunlich, denn glatt gekämmt kamen die grünen Strähnen viel besser zur Geltung.
Als ich mich auf den Weg zur Schule machte, war ich nicht nur gut drauf, sondern zum ersten Mal seit einer ganzen Weile auch wieder mit meinem Outfit zufrieden. Wenn die Sache mit Sophies iPod nicht gewesen wäre, hätte es ein perfekter Morgen sein können. So lag mir das Problem noch immer im Magen. Wenn ich den Player nicht bald fand, würde
mir nichts anderes übrig bleiben, als Mom und Dad reinen Wein einzuschenken. Noch wollte ich das allerdings lieber eine Weile vor mir herschieben. Vielleicht fiel mir ja noch etwas ein. Zum Glück kam Sophie erst im Dezember zurück, sodass mir noch ausreichend Zeit blieb.
Auf dem Gang winkte mir Mehli zu, der gerade auf dem Weg in seine Klasse war. Ich glaubte zu hören, dass er etwas wie »Wir sehen uns in der Pause!« rief. Und es war mir nur recht. Eine Woche allein in der Ecke des Pausenhofs zu stehen oder mich im Mädchenklo zu verschanzen, war genug!
Zum ersten Mal war ich nicht die Letzte, die ins Klassenzimmer kam. Mit einem gut gelaunten »Hi!« begrüÃte ich Pannen-Anne, die gleich wieder ein Stück weiter weg rückte.
»Findest du das nicht albern?«, wollte ich in einem Anfall von Geschwätzigkeit von ihr wissen. »Ich habe nicht vor, dich zu beiÃen.« Um es ihr zu beweisen, zeigte ich ihr meine Zähne. »Siehst du, die Vampir-Hauer liegen zu Hause im Gebissreiniger.«
Pannen-Anne sah mich an, als hätte ich einen an der Klatsche. Dabei fühlte ich mich nur ein wenig überdreht. Ich genoss es einfach, mich zum ersten Mal seit einer ganzen Weile wieder lebendig zu fühlen. Als Finn wenig später hereinkam, bewies mein Herzschlag, dass ich sogar ausgesprochen lebendig war.
»Alles klar?«,
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