My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
begrüÃte er mich grinsend, als er sich setzte. Dann sah er mein Shirt und sein Grinsen wurde noch breiter. »Hast du das Wochenende gut überstanden?«
Ich nickte. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass meine aus den Fugen geratene Welt langsam wieder normal wurde, aber das wäre wohl ein Fall von »mit der Tür ins Haus fallen« gewesen. Was wusste ich bisher über ihn, abgesehen davon,
dass sein Anblick aus meinem Bauch ein Schmetterlingsasyl machte und dass er ganz witzig sein konnte? Die Frage, die es jetzt zu klären galt, hieÃ: Mochte er mich auch schmetterlingsmäÃig, oder nur als die Neue, zu der man eben nett war?
So cool ich sonst auch sein mochte, wenn es um Jungs und Gefühle ging, war es mir lieber, wenn das Objekt meiner Begierde den Anfang machte. Ich musste ihn nur dazu bringen, dass er es auch tat.
In Einbeck hätte ich einfach Jenny auf ihn angesetzt, um herauszufinden, wie er über mich dachte. Aber Jenny stand nicht zur Verfügung. Ich schielte zu Pannen-Anne. Ob sie wohl � Nachdem sie mich noch immer ansah, als wäre ich gerade aus der Klapse geflohen, kam sie wohl eher nicht infrage.
Als es gongte, schoss Lukas noch kurz vor der Fechtner ins Klassenzimmer. Auf dem Weg zu seinem Platz bedachte er mich mit einem gehässigen Grinsen, ein sicheres Zeichen, dass mir Ãrger bevorstand. Trotzdem verlief der Tag überraschend friedlich. In der Pause gesellten sich Finn und Mehli zu mir und bald standen auch ein paar andere Jungs und Mädels bei uns. Sie sprachen zwar nur wenig mit mir, aber immerhin machten sie sich weder über mich lustig noch ignorierten sie mich und mein Shirt kam super an! Das Beste jedoch war, dass sich Lukas nicht blicken lieÃ. Eines der Mädchen - eine Lisa - meinte sogar, dass sie meine Tasche cool fände. Sie würde meinem Gruft-Outfit einen freundlichen Touch geben.
»Goth«, korrigierte ich automatisch.
»Nun ja«, meinte sie ein wenig verlegen. »Ich kenne mich da ja nicht so aus, bei euch Gruf ⦠Goth-Typen. Aber wie du mit den Konventionen deines Styles brichst, kommt echt gut.«
Das war dann wohl als Kompliment zu werten. Lisa konnte ja nicht ahnen, dass ich mal vollkommen normal gewesen und die rosa Messenger-Bag meine Lieblingstasche von damals war, die ich nur benutzte, weil ich vergessen hatte, mir ein passendes Goth-Modell zuzulegen. So musste sich ein Künstler fühlen, der ohne Hintergedanken ein hübsches Bild gemalt hatte, in das die Leute nun begannen, alles Mögliche hineinzuinterpretieren. Ich war der Goth-Picasso, der mit den Konventionen brach.
»Danke«, erwiderte ich grinsend.
Auch wenn mir die Leute in der Kürze der Zeit noch immer fremd blieben, fühlte ich mich immerhin nicht mehr einsam. Wie schon im Eiscafé sorgten Finn und Mehli auch in den Pausen dafür, dass ich mir bei den Unterhaltungen nie wie ein AuÃenseiter vorkam. Das war ein ziemlich gutes Gefühl. Jetzt musste Finn mich nur noch um ein Date bitten.
Heute würde daraus wohl nichts mehr werden, denn die Theater-AG traf sich direkt nach der Schule. Nachdem die Aufführung bereits im November sein sollte, begann ich zu argwöhnen, dass Finn dort eine Menge Zeit verbringen würde.
»Willst du nicht doch mitkommen?«, wollte Finn wissen, als er sich nach der Schule seinen Rucksack schnappte. »Wir brauchen immer Verstärkung.«
Zugegeben, verlockend war der Gedanke schon, auch nach der Schule viel Zeit mit Finn zu verbringen. Die Theater-AG allerdings war ein ziemlich groÃer Schritt. Immerhin war dort nicht nur Finn, sondern auch ein Haufen anderer Leute, die ich nicht kannte. Komm schon , versuchte ich mir einen Ruck zu geben. So lernst du neue Leute kennen!
Als Finn merkte, dass ich zögerte, meinte er: »Du musst
dich nicht sofort entscheiden. Wenn du später noch einsteigen willst, ist das auch kein Problem.«
»Ich denk darüber nach«, versprach ich.
Er nickte. »Bis morgen!« Und weg war er.
Die Idee mit der Theater-AG gefiel mir immer mehr. Wenn ich die Augen schloss, sah ich Finn und mich auf der Bühne - natürlich als Romeo und Julia -, wie wir uns vor unserem Bühnentod leidenschaftlich in den Armen lagen und, nach der bejubelten Aufführung, im wahren Leben unser Happy End genieÃen durften. Wenn ich die Augen allerdings weiter geschlossen hielt, würde ich vermutlich jeden Moment gegen die Tür zum
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