My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
Mitleid und Verständnis brauchte ich wohl nicht mehr zu hoffen. Ich konnte schon froh sein, wenn mir Mehli wegen der Aktion nicht die Freundschaft kündigte. Dabei wusste ich noch nicht einmal, ob er mich nun an Finn verpfeifen oder den Mund halten würde. Die Frage brannte mir auf der Zunge, aber ich hatte zu viel Schiss vor der Antwort. Deshalb schluckte ich sie immer wieder hinunter und versuchte von Zeit zu Zeit, sie mit einem Schluck Cola zu ersäufen. Half aber nichts. Sie kam immer wieder nach oben.
»Ich versteh immer noch nicht, wo dein Problem ist.«
Hatte ich meine Geschichte in einer unverständlichen Sprache zum Besten gegeben? Obwohl ich mir am liebsten die Haare gerauft hätte, atmete ich einmal tief durch. Als das nichts half, noch einmal. Und gleich noch ein drittes Mal.
»Mein Problem ist«, sagte ich erstaunlich ruhig, angesichts des Aufruhrs, der in meinem Innersten herrschte, »dass Finn nichts peinlich zu sein scheint. Egal was ich tue, er reagiert vollkommen souverän darauf. Damit reitet er sich - und mich - nur noch tiefer hinein.«
»Sag ihm, was los ist. Er wird dir sicher helfen.«
Als ob ich nicht schon selbst auf den Gedanken gekommen wäre! »Er würde Lukas zur Rede stellen. Dann sehe ich den iPod nie wieder.« Ich seufzte. »Ich weià echt nicht mehr, was ich noch tun soll. Ich brauche etwas, das harmlos ist, Lukas aber trotzdem zufriedenstellt.«
»Die eierlegende Wollmilchsau.«
»Hä?«
»Du brauchst etwas, das alles kann«, erklärte er, während ich noch versuchte, mir das Wort auf der Zunge zergehen zu lassen. »Ein Allroundtalent!«
»Und das bist du, oder wie?«
Mehli riss abwehrend die Hände hoch. »Mich lässt du da lieber mal ganz raus!«
»Aber du hast doch â¦Â«
»Ich meinte die Idee. Deine Lösung. Die muss ein Alleskönner sein.«
»Aha.« Mehr fiel mir darauf echt nicht ein.
Ihm sichtlich auch nicht, denn die nächsten Minuten sa Ãen wir schweigend da und glotzten auf unsere Gläser, immer wieder von ratlosen Blicken unterbrochen, die wir uns gegenseitig zuwarfen. Da uns immer noch nichts einfallen wollte, orderten wir erst einmal ein Stück Kuchen und machten uns schweigend darüber her.
»Und wenn du einfach zu Hause erzählst, was passiert ist?«, meinte Mehli kauend.
Darüber hatte ich während der vergangenen Tage auch
immer wieder nachgedacht. Der Anschiss, den ich mir von Mom und Dad (und natürlich Sophie) einhandeln würde, wäre vermutlich zu verkraften. Auch Hausarrest oder Fernsehverbot, falls es überhaupt so weit kommen würde. Aber ich musste das Gerät ersetzen.
Mein Blick fiel auf den Kuchenteller vor mir. »WeiÃt du, wie viel so ein Teil kostet? Dann könnte ich die nächsten zwei Jahre nie wieder hierherkommen. Kein Kino, keine Klamotten, keine Partys.« Ich müsste in völliger Armut vor mich hinvegetieren, bis ich meine Schulden abgestottert hätte. »Lukas wird allmählich ungeduldig. Ich kann ihn kaum noch hinhalten, aber ich weià einfach nicht, was ich noch anstellen soll.«
»Das bedeutet immerhin, dass du nicht so fies bist, wie ich dir erst unterstellt habe.« Mehli dachte eine Weile nach, dabei schob er mit der Gabel den letzten Kuchenbissen immer wieder von einer Seite des Tellers zur anderen, ehe er ihn aufspieÃte und ihn sich in den Mund schob.
Dass er mich für fies gehalten hatte, tat weh. Andererseits hatte er keinen Grund, etwas anderes über mich zu denken. Ich fand mich ja selbst fies - aber ich stand nun einmal mit dem Rücken zur Wand.
»Nächsten Freitag ist Schwimmunterricht«, meinte er plötzlich.
»Und?« Jeden zweiten Freitag stand Schwimmen auf dem Stundenplan. In der einen Woche die Jungs, in der nächsten die Mädchen. Damit das Becken trotz der Geschlechtertrennung voll genug wurde, schmissen sie uns einfach mit der Parallelklasse in einen Topf ⦠oder in ein Becken. Ich hatte allerdings nicht die leiseste Ahnung, was das mit meinem Problem zu tun haben sollte. Hatte Mehli etwa genug von meinen Schwierigkeiten gehört und wollte jetzt, nachdem
ihm keine passende Rettung für mich einfiel, einfach zur Tagesordnung übergehen?
»Und?«, echote er. »Das ist die Lösung! Es sei denn, du entscheidest dich, Finn doch noch einzuweihen.«
Ich kapierte immer noch nichts. Das musste mir diesmal deutlich
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