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My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn

Titel: My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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dass sie - zusammen mit Sophie - erst in eine spätere Aufführung kommen würden. Ihre Anwesenheit hätte mich viel zu sehr gehemmt.
    Als wir aus dem Klo kamen, schienen wir in eine komplett andere Welt einzutauchen. War es schon vorhin hektisch und betriebsam gewesen, sah jetzt alles nach völligem Chaos aus. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass die Leute durchaus eine Ahnung davon hatten, was sie taten, wäre mir nie der Gedanke gekommen, dass dieses Durcheinander normal sein könnte. Das Bühnenbild für den ersten Aufzug stand bereits seit gestern Abend, sodass die Bühnencrew relativ gelassen zusammensaß und darauf wartete, dass sie wieder gebraucht wurde. Neben der Bühne hatte Herr Müller die Schauspieler um sich versammelt und schwor sie noch einmal auf eine tolle Vorstellung ein, indem er ihnen unzählige Tipps reindrückte, die sich so kurz vorher vermutlich eh keiner merken konnte.
    Dann klatschte er zweimal in die Hände. »Unser Publikum ist bereit!«, rief er an alle gewandt. »Bieten wir ihnen eine erstklassige Vorstellung!«
    Eine, die sie so schnell nicht vergessen würden.
    Selbst von meinem Platz aus konnte ich das Publikum hören, das sich auf der anderen Seite des Vorhangs unterhielt und lachte. Herr Müller schlug den Gong. Erst einmal. Drau ßen wurde es ein wenig ruhiger. Noch einmal. Die Stille breitete sich weiter aus. Beim dritten Gongschlag wurde der Vorhang
zurückgezogen und offenbarte den Blick auf Steffen, der das Sonett vortrug, mit dem das Stück eingeleitet wurde. Das Teil war mir schnurzpiepegal. Ich wartete gespannt auf Lukas’ ersten Auftritt.
    Als er endlich auf die Bühne ging, liefen seine ersten Szenen glatt. Hatte er anfangs noch ein wenig nervös gewirkt, so wurde er mit jedem geglückten Satz ruhiger und selbstbewusster. Er war sogar noch besser als während der Proben! In der vierten Szene gehörte meine Aufmerksamkeit Finn, der seinen ersten Auftritt als Mercutio hatte. Obwohl bis dahin alles super gelaufen war, klatschte das Publikum zu Beginn der ersten Pause nur verhalten Beifall. Offenbar hatten sie Romeo und Julia schon ein wenig zu oft gesehen.
    Während der kurzen Pause war Mehli mit seinen Jungs und den Bühnenaufbauten beschäftigt, während Lukas wie ein Gockel herumstolzierte und allen verkündete, wie gut es doch lief.
    Am Ende der Pause, als Steffen mit dem nächsten Sonett auf der Bühne stand, riss der Faden, der Lukas’ Hosenbund zusammenhielt. Seine Pluderhosen waren von Anfang an zu weit gewesen, sodass ich sie bei der Kostümanprobe enger genäht hatte. Eine meiner Tätigkeiten gestern Abend war es gewesen, diese Naht so weit aufzutrennen, dass sie nach einigen Bewegungen aufgehen würde.
    Â»Du musst sie enger machen!«, bellte Lukas mich an, während er hektisch an der Hose zerrte, damit sie ihm nicht in die Kniekehlen rutschte.
    Â»Sorry, es geht weiter!«, sagte ich kalt. »Du musst damit bis zur nächsten Pause über die Runden kommen.«
    Lukas wollte mich anblaffen, doch Herr Müller scheuchte ihn auf die Bühne. Grinsend beobachtete ich, wie er Tobi und Finn auf die Bühne folgte und dabei mit einer Hand
seine Hosen festhielt. Durch die Kulisse von Capulets Garten zu schleichen und dabei ständig seine Hosen halten zu müssen, war bestimmt kein Spaß!
    Es war an der Zeit für die berühmte Balkonszene. Unser Balkon bestand aus mehreren Holzpodesten. Hinten führte eine Treppe hinauf, davon sah man jedoch nichts, da die Bühnenbauer alles mit Holzplatten verkleidet und diese dann noch mit Tapeten im Mauerlook beklebt hatten. Als Tobi und Finn abgingen, kam Lisa auf selbigen Balkon und sah zwischen den Blumenkästen voller Plastikblümchen nach unten. Lukas-Romeo trat aus seinem Versteck vor den Balkon. Mit einer Hand hielt er immer noch seine Hosen, was seine Gestik doch ein wenig einschränkte.
    Lukas kam näher und rief hingebungsvoll: »Nenn Liebster mich, so bin ich neu getauft und will hinfort nicht -« Er stieß einen Schrei aus und sprang mit einem Satz zurück, als einer der Blumenkästen - den Lisa »versehentlich« von der Brüstung gefegt hatte - neben ihm einschlug. Dabei ließ er seine Hosen los und stolperte prompt darüber, weil sie ihm in die Knie rutschten.
    Als er auf dem Boden aufschlug, flötete Lisa: »Romeo, oh Romeo, bist verletzet du?«
    Â»Ne, bin ich

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