My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
bewunderte noch ein bisschen die Krokodile auf seiner Unterhose.
»Okay, dann gehe ich eben alleine«, erklärte Alex. Er war eindeutig sauer. Und als Pablo vor sich hin nuschelte: »Mach das, Alter. Ein Mann muss immer tun, was ein Mann tun muss«, zog er tatsächlich ab. Nur dass er ja immer noch Pablos Anzug über der Schulter hatte â¦
»Du weiÃt schon, dass er gerade mit deiner Hose und deinem Jackett verschwindet, oder?«
Pablo guckte an sich runter, als würde ihm jetzt erst klar, dass er nur seine Unterhose anhatte. Dann zuckte er mit der Schulter. »Du mochtest meinen Anzug doch sowieso nicht! Also, freu dich.«
»Willst du ernsthaft so auf die StraÃe?«, fragte ich verblüfft.
Pablo blies sich seine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Ich könnte vielleicht noch die Schuhe ausziehen, was meinst du?«
Er zeigte auf die schwarzen Ledersneakers, in denen seine FüÃe steckten.
»Und die Socken vielleicht auch, oder? Sieht irgendwie albern aus so...«
Ich nickte.
»Echt albern.«
Er trat sich die Sneakers von den FüÃen und hängte sie sich mit zusammengeknoteten Schnürsenkeln um den Hals. Die Socken stopfte er in die Hemdtasche.
»Fertig.«
»Ich muss noch Haarfärbemittel besorgen«, sagte ich. »Für meine Mutter.«
Wir bogen in den nächsten Gang ab. Irgendwie war es selbstverständlich, dass Pablo mitkam. Und genauso selbstverständlich, dass ich ihn fragte: »Wieso rennst du eigentlich mit diesem komischen Anzug rum?«
»Ist nicht komisch«, erklärte er. »Ist Pflicht für jeden, der bei der Mafia was werden will.« Als er mein verblüfftes Gesicht sah, setzte er grinsend hinzu: »Vergiss es. Aber meine Oma hatte Geburtstag. Ist fünfundsiebzig geworden.«
»Ich würde trotzdem nicht auf die Idee kommen, mir deshalb irgendwelche anderen Klamotten anzuziehen«, konnte ich es nicht lassen anzubringen.
»Das war mir klar«, erwiderte er.
Ich wusste nicht so recht, was ich von seiner Antwort halten sollte. Aber ich fragte auch nicht nach. Es gab noch ganz andere Sachen, die ich erst mal wissen wollte.
»Woher kennst du überhaupt Alex?«
»Ist auch in der Mafia. Aber untergeordnete Funktion. So eher als Mädchen für alles. Autos waschen für die Bosse und so was. Zigarren kaufen. Blut wegwischen, wenn sie wieder mal einen umgebracht haben. So was eben.«
Aber Stück für Stück kriegte ich dann doch raus, wer der Typ eigentlich war, der da neben mir mit seinen Boxershorts durch die Gänge latschte und absolut kein Problem damit zu haben schien, dass er ungefähr so auffiel wie ein bunt gestreifter Dinosaurier in... na ja, in einem Supermarkt, zum Beispiel...
Â
Pablo
1. Pablo kommt aus irgendeiner anderen Stadt und ist gerade erst hergezogen.
2. Pablo ist seit letzter Woche bei Alex in der Klasse. (Also geht er auf meine Schule!!!!)
3. Pablo kennt noch keinen auÃer Alex. (Und mich seit Kurzem.)
4. Pablo hat sich mit Alex verabredet, um sich zu besaufen.
5. Pablo findet Besaufen eigentlich zum Kotzen.
6. Pablo findet eine Menge Sachen zum Kotzen.
7. Pablo findet genau die Sachen zum Kotzen, die ich auch zum Kotzen finde.
8. Pablo hat seinen Anzug nur angezogen, um seiner Oma eine Freude zu machen.
9. Pablo hat seinen Anzug gleich wieder ausgezogen, um mir eine Freude zu machen.
10. Pablo trägt das Klopapier für mich.
11. Pablo würde gerne mit mir ins Kino gehen â¦
»He, sag mal, gehst du eigentlich manchmal ins Kino?«, fragte Pablo, als ich endlich alles zusammenhatte, woran ich mich von der Einkaufsliste meiner Mutter noch erinnern konnte. Klopapier, Haarfärbemittel, WC-Frei, Schokomüsli, die neue Brigitte und Lakritzschnecken. Die Tampons habe ich sicherheitshalber gleich wieder vergessen, weil ich fand, dass ich es ja nicht übertreiben musste. Die Brigitte reichte schon vollkommen als Höhepunkt der Peinlichkeiten!
»Klar gehe ich manchmal ins Kino. Nur nicht in Filme mit Harrison Ford. Oder mit Tom Cruise. Oder...«
Weiter kam ich nicht mit meiner Aufzählung von Schauspielern, die auf meiner persönlichen Hassliste ganz oben standen. Pablo hatte noch kaum den Namen »Tom Cruise« gehört, da sperrte er seinen Mund auf und starrte unter zusammengezogenen Augenbrauen ratlos auf die bunte Regalwelt um uns herum. So als wäre er total überfordert, und als würde sein
Weitere Kostenlose Bücher