My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
nicht mehr ganz so arglos.
»Aussterbende Tiere und so. Zum Beispiel der gröÃte, dickste und absolut flugunfähigste Papagei der Welt, der Kakago, aus Neuseeland! Voll cool, es gibt nur noch vierzig Stück davon. Oder der Komodowaran, dreieinhalb Meter lang, so eine Art Drache, lebt in Indonesien, auf einer Insel im Südchinesischen Meer! Schon ein einziger Tropfen Speichel des Komodowarans kann einen Menschen umbringen. Voll geil, echt irre Viecher. Gibt auch kaum noch welche davon, zehn oder fünfzehn vielleicht. Oder der geblendete und betäubte Jangtse-Delfin...«
»Warte mal«, unterbrach ich den Hobby-Biologen, der mir immer mehr wie ein unehelicher Sohn von Günther Jauch vorkam, »also ich dachte eigentlich eher an irgendwas mit Handlung oder so. Einen Spielfilm vielleicht...?«
»Ist okay, klar. Dann sag du was!«
»Wie wärâs mit Bloody Hatchet?«, schlug ich vor, weil mir auf die Schnelle nichts anderes einfallen wollte.
»Auch cool. Worum gehtâs da?«
»Weià nicht. Hab nur gehört, dass er gut sein soll.«
»Cool. Machen wir. Soll ich dich abholen?«
»Nee, lass uns besser am Kino treffen, okay?«
»Logo. Eine Viertelstunde, bevor der Film losgeht.«
»Ich bin da.«
»Ich auch.«
Wie gesagt - keine Ahnung, wovon Angel, Birdie und Bitchie immer redeten. Sie war nicht SCHWIERIG, die Sache mit den Jungen. Im Gegenteil, sie war sogar sehr EINFACH. Viel zu einfach eigentlich â¦
Nein, sie war doch nicht so einfach. Jedenfalls nicht wenn man erst mal seine besten Freundinnen loswerden muss, die einen mit Fragen löchern. Das heiÃt, gelöchert haben mich nur Bitchie und Angel, Birdie hat nur wieder böse geguckt. Sehr böse! Aber dafür hat mir Bitchie zum Abschied einen Blick zugeworfen, in dem ich fast so etwas wie Bewunderung erkennen konnte. Oder zumindest Respekt. Hat sie dann auch noch gesagt: »Respekt, SüÃe. Meinen Segen hast du.«
Meine Eltern sahen das dann allerdings deutlich anders. Was wahrscheinlich mit ihrer Meinung zu tun hatte, dass die Welt böse und bedrohlich ist. Vor allem für kleine Mädchen, die abends ins Kino wollen. Mit einem »wildfremden Typen«!
»Du willst doch nicht etwa mit einem wildfremden Typen ins Kino?«, fragte meine Mutter entsetzt, als ich beim Mittagessen kurz auf die Planung meines Abends zu sprechen kam. »Was ist das überhaupt für ein Typ?«
»Ein wildfremder Typ«, bestätigte ich. »Genau wie du gesagt hast.«
»Stimmt gar nicht«, krähte Moritz los. »Sie kennt ihn schon viel länger. Das ist nämlich der Typ aus dem Zoo! Und er heiÃt Alex!«
»Aus dem Zoo?«, fragten meine Eltern gleichzeitig. »Doch nicht etwa der mit dem Baby?«
»Quatsch«, sagte Moritz. »Alex ist der Freund von Birdie!«
Keine Ahnung, wie mein schlauer Bruder das nun wieder mitgekriegt hatte. Aber er hatte es mitgekriegt.
»Lulu hat ihn getroffen, als mir mein Eis runtergeklatscht ist. Der Typ ist das! Alex!«
»Du willst also mit dem Freund deiner Freundin...«, setzte mein Vater an.
»So was macht man nicht«, unterbrach ihn meine Mutter.
»Das gibt nur Ãrger«, bestätigte mein Vater (offensichtlich sprach er aus Erfahrung!).
»Das ist voll fies!«, krähte Moritz.
»Vielleicht könnt ihr mal aufhören, dauernd von irgendwas zu reden, wovon ihr keine Ahnung habt«, schlug ich vor.
Ich war echt sauer. Ich meine, ich wollte ja gar nicht wirklich mit Alex ins Kino. Ich musste schlieÃlich. Und ich wollte schon gar nicht in »Bloody Hatchet«. Aber langsam war ich so weit, dass ich mir sogar das Remake von »Leichen pflastern seinen Weg« mit Dirki in der Hauptrolle angeguckt hätte, nur um diesem Affenhaus hier zu entkommen. Und mit Spucke-Boris als Begleitung!
Na gut, das vielleicht dann doch nicht. Aber das brauchten meine Eltern ja nicht unbedingt zu wissen. Sie sollten nur endlich mal kapieren, dass ich keine acht mehr war. Und der Achtjährige bei uns sollte vielleicht mal anfangen zu überlegen, mit wem er sich anlegte. Weil ich immer noch glaubte, dass es durchaus Situationen gab, in denen ein Achtjähriger ohne die Hilfe seiner groÃen Schwester so ziemlich aufgeschmissen war. Wenn er sich nicht für die nächsten Jahre mit seinem stumpfen Taschenmesser bis zu unserem verstopften Klorohr durchkratzen wollte zum Beispiel.
Ich
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