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My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht

Titel: My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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ich in mein verwaschenes hellgraues Trikot und die rosa Legwarmer, die ich von Mama geerbt habe.
    Als ich in Raum zwei komme, sitzt sie am Klavier und spielt ein paar Takte. Das ist gut, dann üben wir heute nicht nur Positionen, sondern auch Sprünge, was mir wirklich Spaß macht. Raum zwei ist außerdem super, weil man da optimal mitbekommt, wer den Flur entlanggeht, auch wenn man selbst mit dem Rücken zur Glaswand steht. Im Spiegel kann man alles sehen, was draußen passiert.
    Nach dem Aufwärmen kommandiert Mama: »Pas échappé!«
    Das ist ein Sprung aus der fünften Position in die zweite und wieder zurück in die fünfte. Dabei wechselt der vordere Fuß nach hinten. Dann heißt es: »Grand jeté!« Die mag ich neben den Pirouetten am allerliebsten. Es sind große Sprünge von einem Bein auf das andere, während man in der Luft eine Arabesque oder eine Attitude macht.
    Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich mich heute besonders anstrenge, weil das schlechte Gewissen an mir nagt, oder daran, dass mir Sprünge einfach Spaß machen, jedenfalls ist Mama heute ausnahmsweise zufrieden mit mir.

    Gerade als ich eine Pause gut vertragen kann, taucht Marion, die Rektorin der Musicalschule, auf und kommt respektvoll näher. Sie begrüßt meine Mutter immer noch mit deren Künstlernamen, was Mama gut gefällt. Doch statt ein Pläuschchen mit Mama zu halten, wendet sich Marion an mich. »Was ich da gerade gesehen habe, war sehr gut. Hast du schon einmal daran gedacht, zu unterrichten? Wir geben auch Kurse für Kinder und bräuchten jemanden für die ganz Kleinen.«
    Bevor ich etwas sagen kann, antwortet Mama schon für mich. »Nein, und ich würde das auch nicht gutheißen. Nele muss tagsüber in die Schule gehen, und danach muss sie selbst trainieren, da bleibt keine Zeit. Aber ich danke dir für dieses Angebot.«
    Marion schaut unschlüssig zwischen Mama und mir hin und her. »Ivana, du kannst manchmal derart stur sein. Ich verstehe dich nicht. Wie oft habe ich dir selbst dieses Angebot gemacht - warum bist du so strikt dagegen zu unterrichten?«
    Mama lächelt. »So ist es eben. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du so besorgt bist.«
    Â»Hättest du dann vielleicht Lust, Mitglied in unserer Jury zu werden? Wir haben demnächst zusätzliche Bewerbungstermine und suchen händeringend noch jemanden, der die Biegsamkeit und Spannung der Bewerber von der klassischen Seite her begutachtet.«
    Mama zuckt unwirsch mit den Schultern, zuckt dann sofort vor Schmerz zusammen, was auch Marion bemerkt, aber wir tun beide so, als hätten wir nichts gesehen. »Das ehrt mich sehr, ich werde darüber nachdenken. Zusätzliche Termine, sagst du?«
    Â»Ja, wir haben doch den neuen Vorbereitungskurs eingeführt,
der in den Sommerferien startet und dann immer am Wochenende weitergeht. Darüber haben wir neulich miteinander gesprochen, du fandest ihn viel zu teuer.«
    Â»Ich erinnere mich. 2 000 Euro! Damit verkommt die Ausbildung hier noch mehr zu einem Privatvergnügen für reiche Kinder, die sich - nur weil sie ihre Lippen rot anmalen können - schon für einen Star halten.«
    Marion lacht. »Du bist wie immer gnadenlos in deinem Urteil. Aber ich glaube, du irrst dich. Außerdem haben wir deine Anregung aufgenommen und ein Stipendium für einen wirklich begabten Kandidaten eingerichtet.«
    Ich spitze die Ohren. Davon habe ich noch nie gehört. Ein Stipendium, oh Mann! Das bedeutet ja, man muss das Geld nicht aufbringen …
    Â»Erfreulich!« Mama deutet auf mich. »Das Kind sollte dringend weitermachen, bevor es völlig ausgekühlt ist.«
    Marion seufzt und schüttelt leicht den Kopf. »Ich gehe jetzt nach Hause. Sperrst du dann ab, Ivana?«
    Schlüssel!
    Mist, den hatte ich schon wieder total vergessen! Mein Herz schlägt auf einmal rasend schnell. Warum ist Ix nicht längst zurück? Wo zum Teufel bleibt er so lange? Grrr, was für ein toller Plan! Was mache ich nur, wenn Ix nicht mehr auftaucht? Nein, er wird kommen, er wird ganz sicher kommen. Bis dahin muss ich Mama hinhalten.
    Ich flehe sie also an, mit mir Fouettés zu üben, die ich nicht gut kann und deshalb sonst möglichst vermeide. Fouettés sind Drehungen aus der fünften Position heraus, die Arme sind in der dritten Position, und dann dreht man sich auf einem Bein stehend um

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