My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht
eingeschätzt habe. »Es wäre doch schön, wenn wir heute früher mit dem Training anfangen könnten, ja?«
»Natürlich.«
Mama lächelt. »Dein Vater wäre sehr stolz auf dich.«
Mir bleiben alle Worte im Hals stecken, und ich beeile mich, das Wachsgerät zu holen. Mama verschwindet in einem der Waschräume und winkt mir, kurz bevor sie um die Ecke biegt, mit ihren türkis behandschuhten Händen zu.
Wie könnte ich ihr da »alles« sagen? Nur ein sadistischer Zwerg würde das schaffen. Okay, vielleicht bin ich ein feiger Zwerg, aber kein gemeiner.
Weil mein Kopf so voller Gedanken ist, merke ich erst nach einiger Zeit, dass ich eine Melodie mitsumme, die aus dem verglasten Raum vier kommt. Vorhin war ich so mit Mama beschäftigt, dass ich gar nicht gesehen habe, was dort gerade einstudiert wird. Offensichtlich eine Szene aus »Fame«. »... Iâm gonna live forever, Iâm gonna learn how to fly - high!...« dringt an mein Ohr.
Vier Jungs und vier Mädchen trainieren Hebefiguren abwechselnd mit schnellen Schrittkombinationen. Sie sind voll konzentriert und ihre Körper unter absoluter Spannung. Ich würde am liebsten das Bodenwachsgerät hinwerfen, mich zu der Gruppe gesellen und zu der mitreiÃenden Musik durch die Luft wirbeln. Die Musik bricht ab, sie machen eine Pause.
Einer der Jungs, ein dunkler Lockenkopf mit einem roten Stirnband, mit dem er wie ein Revolutionär aussieht, wirft mir einen Blick zu und zwinkert. Ich drehe mich um, weil ich nicht glauben kann, dass er wirklich mich meint. Aber
als ich wieder hinschaue, sieht er mich immer noch an und lächelt.
Vielleicht verwechselt er mich? Irritiert bücke ich mich, um das Kabel ordentlich aufzurollen. Warum hat er mir zugezwinkert?
Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter. Ich erinnere mich an die Szene neulich abends und fahre zusammen. Bitte nicht schon wieder Isa!
»Ich binâs nur.« Ix steht hinter mir und grinst. Sein Lachen macht etwas Komisches mit mir, dabei lacht er doch genauso wie immer.
»Was tust du hier?« Mein Herz schlägt etwas schneller. Ob er gekommen ist, um mir beim Training zuzuschauen? Das hat er ja noch nie gemacht. Doch sein nächster Satz zerstört diese Hoffnung sofort wieder.
»Ich habe einen Plan wegen dem Schlüssel.«
Den blöden Schlüssel hatte ich schon wieder völlig vergessen. »Und?«
Ix schaut durch die Glaswand in Raum vier, wo die Mädchen gerade auf die Schultern der Jungs springen. »Von auÃen wirkt die Schule ja ziemlich abgefuckt, aber hier drinnen gefälltâs mir.« Er lässt seinen Blick über den von mir gerade gewachsten türkisen Linoleumboden schweifen, über die Steinwände, die bis zur Hälfte bordeauxrot und orange gestrichen sind, und über die vielen Glaswände, die dafür sorgen, dass die Schule von innen hell und modern wirkt -, und ständig geputzt werden müssen, weil man auf dem Glas jeden Daumenabdruck sieht.
»Jetzt mach schon, gleich kommt Mama, dann muss ich trainieren.«
Er zischt durch seine Zahnlücke und erklärt mir seinen Plan.
»Du nimmst ihren Schlüssel jetzt gleich vorm Training und gibst ihn mir. Ich verschwinde damit zum Bahnhof und lasse ihn bei Mister Minit nachmachen. Dann bringe ich ihn dir wieder zurück und niemand kriegt was mit.«
»Klingt so weit okay«, sage ich, obwohl mir etwas mulmig bei dem Gedanken ist, Mama den Schlüssel aus der Tasche zu stibitzen. Was, wennâs schiefgeht?
»Ix, wieso hängst du dich in diese Sache eigentlich so rein?«, frage ich. »Es könnte dir doch piepegal sein, was Isa und ich treiben.«
Er wird wieder rosa, aber vielleicht ist es auch nur ein Lichteffekt wegen der roten Wände. Dann breitet er seine Hände aus und wedelt in der Luft herum. »Na ja, ich hab dich zum Lügen angestiftet. Ich hab dir das alles mit eingebrockt, deshalb helfe ich dir auch, die Suppe auszulöffeln.« Seine Wangen sind jetzt dunkelrot und das kommt nicht von den Wänden.
Mama nähert sich uns.
»Also, machen wirâs?«, fragt er.
»Ich versuch es. Rede du mit ihr, bis ich den Schlüssel geholt habe. Und komm ja wieder rechtzeitig zurück!«
»Ist doch logo, ich brauche höchstens zwanzig Minuten.«
»Hallo, Ix!«, sagt Mama und reicht ihm ihre Hand, die immer noch in Gummihandschuhen steckt.
Ix schüttelt
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